CeBIT: Probleminkompatibel?

08.04.1983

Mikrocomputer fürs kleine und größere Busineß sowie lokale Netze (Local Area Networks = LAN) offeriert Hannover '83 als Messeschwerpunkte im CeBIT. Daß es bei einschlägigen Ausstellungen und Kongressen auf absehbare Zeit keine anderen Themen geben wird, daran muß man sich wohl gewöhnen. Unbestreitbar haben Personal Computing und Bürokommunikation eine starke Anziehungskraft aufs Fachpublikum.

Es steht jedoch zu befürchten, daß die zweifellos gutgemeinte Messe-Message ins Leere geht, ihre Wirkung beim interessierten DV-Spezialisten verfehlt. Womit nichts gegen CeBIT an sich gesagt sein soll. Der Monstrositäten-Charakter des "Welt-Centrums der Büro- und Informationstechnik" ist bekannt, der Nimbus weg, reinrassige State-of-the-art-Schau der Computerindustrie zu sein. Das ist zwar ärgerlich für hochkarätige Branchenprofis, aber es ist so. Die CeBIT-Besucherstruktur hat sich ja geändert in all den Jahren: Waren früher die Fachleute, die DV-Leiter und Org.-Chefs, unter sich, so stellen heute DV-unerfahrene Führungskräfte der Industrie, Mittelständler, Freiberufler und Berater das Gros der Besucher.

Wen darf es da wundern, daß CeBIT '83 die gewohnte Neuheitenfrische vermissen läßt, kaum echte Knüller angeboten werden, die das Herz des hauptamtlichen Marktbeobachters höher schlagen lassen. Wirksam kann eine Messe-Medizin für DV-Laien ja nur sein, wenn sie unangenehme Nebeneffekte, etwa die Arbeitsplatzangst oder das Brett-vor-dem-Kopf-Syndrom ("Meine Lektion lerne ich nicht"), weitgehend ausschaltet. Da wird's dann eben seicht, weil Plasebos nun mal keine echten Informationen enthalten. Verständlich, daß der harte Kern der CeBIT-Stammkundschaft aufmuckt, seinen Unmut über diese Entwicklung hin zur Konsumentenmesse offen ausdrückt.

Trotz oder wegen seines Volksfestcharakters bleibt das CeBIT-Spektakel auch für DV-Spezialisten eine Pflichtveranstaltung. Stets dann, wenn Hannover totgesagt wurde, zeigte sich diese Industriemesse von ihrer vitalsten Seite. Dies trifft ganz besonders auf den CeBIT-Bereich zu. Es wird doch wohl so sein, daß sich die Besucher, ob Laien oder Fachleute, dem Flair dieser Computer-Olympiade nicht entziehen können. Die Elektronik ist, Gott sei Dank, ein dynamischer Wirtschaftszweig. Hannover bleibt der Spiegel einer Branche, in der sich noch etwas tut.

Doch kommen wir zurück zu der Feststellung, daß CeBIT '83, was die Mikros und LAN betrifft, kaum Spuren hinterlassen dürfte. In Wahrheit haben es nämlich die Hersteller von Kleincomputern bisher noch nicht geschafft, vernünftige Kommunikationsprotokolle zu stricken. Anders herum ausgedrückt: Es gibt zwar viele leistungsstarke, mehrplatzfähige Mikrocomputer, nur reden die nicht miteinander. Für den DV/Org.-Leiter bedeutet dies einen Rückschritt in die DV-technische Kleinstaaterei - und das kann nicht im Sinne der Erfinder sein.

Sinngemäß trifft diese Behauptung auch auf LANs im "Office of the Future" zu. Stärker noch gegen übertriebene Fortschrittsduselei, ausgelebt im Messetrubel, greift das Argument von der Problem-Inkompatibilität: Die angebotenen Lösungen sind noch nicht so, daß sie das Problem des Benutzers, des Managers, des Fachbereichsmitarbeiters erschlagen. Dies ist die Situation. Die Frage ist, ob Hersteller und DV-Spezialisten beim Anwender die Lage erkennen und entsprechend reagieren.