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Besonders die großen Player konnten ihre Messepräsenz deutlich verbessern

CeBIT: Niemand trauert um Halle 1

07.03.2008
"Endlich Licht!" Die erste Reaktion eines Besuchers des neuen Novell-Standes in Halle 2 spricht Bände. Die meisten Aussteller, die aus der legendären und nun geschlossenen Messehalle 1 ausziehen mussten, konnten sich mit ihren Auftritten schneller in die Herzen der Kunden spielen als in den Vorjahren.

Viele Aussteller waren negativ überrascht gewesen, als sie von der Schließung der Halle 1 mit ihren zahlreichen festinstallierten Ständen erfuhren. DATEV-Vorstand Dieter Kempf: "Der Umzug aus der Halle war nicht ganz freiwillig." Seine Pressesprecherin Claudia Specht fügt hinzu: "Wir waren zunächst skeptisch, da wir unseren alten Stand erst im letzten Jahr runderneuert hatten." Doch bereits zur Halbzeit der CeBIT konnte Kempf verkünden, dass "für DATEV der Start in die Messe fulminant gewesen" sei. Mehr als zufrieden zeigte sich auch IBM-Messechef Hans-Heinrich Schmidt, der dem nach der Telekom größten CeBIT-Stand überhaupt vorsteht. Durch die strategisch günstige Lage am Nordeingang der Halle 2, den die meisten Messebesucher fast zwangsläufig passieren, herrschte auf dem riesigen IBM-Areal reges Treiben. "Wir haben unseren Stand stärker nach Themen strukturiert und viel lichter gestalten können", freut sich Pressesprecherin Christine Paulus. Schmidt fügt hinzu: "Ich hätte Halle 1 schon vor zwei Jahren geschlossen." Die neue Spezialisierung auf Schwerpunktthemen im B2B-Bereich samt vergrößertem Kongress-Angebot begrüßt er. Dennoch fordert er die Messe auf, diesen Weg konsequent weiterzugehen und den Business- und Consumer-Bereich noch zu stärker zu trennen.

Direkt gegenüber der IBM hat sich Novell platziert. Obwohl der Stand etwas verkleinert und die zweite Etage ganz abgeschafft worden sei, komme dem Unternehmen das lösungsorientierte neue Messekonzept entgegen, stellt Stefan Backes, Novells Marketingchef für Europa fest. "Halle 1 war viel zu breit aufgestellt – große Anbieter neben ganz kleinen, dazu beide aus unterschiedlichsten Branchen." Als Empfehlung spricht sich Backes dafür aus, das umgestaltete Konferenz-Konzept weiter zu schärfen.

"Unser Stand ist überfüllt", warnte Harald Gessner, PR-Manager von Sun Microsystems, am späten Dienstagabend. "Luft und Licht in Halle 2 sind um Längen besser als die vermiefte Halle 1, was auch den Besuchern entgegen kommt", so Gessner. Entsprechend glücklich sei man über die Schließung der Halle 1. Die CeBIT befinde sich auf dem richtigen Weg – nur der Standort Hannover müsse dringend attraktiver gestaltet werden, um mehr internationale Firmenbesucher auf das größte Messegelände Deutschlands zu lotsen. Besonders die beschränkten und überteuerten Übernachtungsmöglichkeiten in der Stadt schreckten viele Kunden von Sun vom Messebesuch ab. "Vielleicht sollte die Messe überlegen, an die Stelle der Halle 1 ein Hotel zu bauen", schlägt Gessner vor.

Wie alle anderen Halle 2-Kollegen ist auch Output-Management-Anbieter Brother vom neuen Stand und Messekonzept begeistert. "Unser Stand ist nicht mehr so aufwändig gestaltet wie in früheren Jahren - trotzdem konnten wir die Zahl unserer Besucher gleich am ersten Messetag im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppeln", stellt Jörg-Stefan Schmitt, Leiter Unternehmenskommunikation, fest.

Die Vertriebenen im Süden

Weitere große Unternehmen, die sich früher in Halle 1 präsentierten, sind in andere Hallen umgezogen. Panasonic steht nun in Halle 26 ein wenig im Schatten der Telekom, zeigte sich aber während der Messe mit dem neuen Platz zufrieden. "Wir sind zwar nach wie vor für einen Erhalt der herstellerneutralen Halle 1, das neue B2B-Konzept ist aber okay", so ein Standmitarbeiter. Auch Samsung hat seine Zelte neu in der Halle 26 aufgebaut. Da das Unternehmen in diesem Jahr stark das Business-Segment konzentrieren werde, komme das neue Konzept der CeBIT da sehr entgegen, so Marketing-Manager Michael Kurpiers. "Wir registrieren dieses Jahr in Halle 26 deutlich mehr Fachbesucher und sind mit der Messe vollauf zufrieden", sagte Kurpiers gegenüber der COMPUTERWOCHE.

Halle 7 ist wie in früheren CeBIT-Zeiten seit diesem Jahr auch wieder das Revier der Output-Anbieter. Karsten Banneke, Director Office Marketing bei Xerox, präsentiert die Geräte und Lösungen des Unternehmens nun weniger Laufkundschaft, dafür wesentlich mehr gezielt suchende Geschäftskunden. "Das neue Messekonzept ohne Halle 1 geht auf - es ist die optimale Lösung, hier haben wir Platz, weniger Publikumsverkehr und daher mehr Zeit für professionellere Gespräche", so Banneke. Einziger Wermutstropfen sei die ausbleibende Konkurrenz. "Wir brauchen wieder mehr Output-Anbieter, damit ein besserer Austausch auch zwischen den Unternehmen stattfinden kann." Durch das neue B2B-Konzept und themenspezifischeren Hallen hofft er hier in den kommenden Jahren auf Besserung. In das gleiche Horn wie Banneke stößt auch Monika Jacoby, Pressesprecherin von Kyocera: "Ein wenig Konkurrenz schadet nicht." Zur Schließung der Halle 1 ist sie ähnlicher Meinung: "Die Halle 1 war nicht mehr tragbar - hier in Halle 7 können wir mit einem abgespeckten Stand mehr Kunden direkt erreichen."

Einzig Jörg Hollerith aus der Sales-Abteilung des Elektronikherstellers Casio, der nun in Halle 7 vertreten ist, war im Gespräch mit der COMPUTERWOCHE enttäuscht von der Deutschen Messe AG: "Schade, dass es Halle 1 nicht mehr gibt. Wir haben da sehr gut hereingepasst."

Je weiter der CeBIT-Besucher in diesem Jahr also in Richtung Süden des Messegeländes kommt, desto differenzierter werden die Meinungen über die Schließung der Halle 1. Die meisten "Ehemaligen" aus Halle 1 konnten aber dennoch für sie attraktivere neue Standplätze ergattern. In einem Punkt sind sich alle Aussteller aber weitestgehend einig: Will die CeBIT als IT-Messe überleben, bleibt kein anderer Weg. Auch wenn dafür einige in einen saureren Apfel beißen müssen als andere. (sh)