Personalchefs nicht einig in der Bewertung von Messen

CeBIT ist für den Anwender und nicht für den Jobhopper gedacht

20.03.1992

MÜNCHEN (hk) - Eignen sich Messen wie die CeBIT dafür, Personal zu rekrutieren? So naheliegend es erscheint, mit einem eindeutigen ja zu antworten, so kritisch sind doch einige Personalleiter mittlerweile geworden, wie eine CW-Umfrage ergab.

Wer Wochen vor der CeBIT einen Blick in den Stellenteil der COMPUTERWOCHE geworfen hat, konnte feststellen, daß viele Unternehmen in den Anzeigen auch ihre Standnummer auf der Computermesse angeben. Personalverantwortliche nutzen schon seit Jahren diesen größten DV-Jahrmarkt auch dafür, geeignetes Personal zu finden. Während die einen diese Form der Personalbeschaffung in höchsten Tönen loben, äußern sich andere zurückhaltender oder legen gar dieses Personal-Marketing-Instrument zu den Akten.

Sehr deutliche Worte zu dieser Form der Personalbeschaffung findet Hans-Michael Nenno. Der Leiter des Personal- und Sozialwesens bei der Integrata AG in Tübingen schickt in diesem Jahr keinen "Personaler" nach Hannover, obwohl auch sein Softwarehaus zu denjenigen gehört, deren Standnummer in der CW erschienen ist.

"Eine Beratung der Studienabgänger oder der Wechselwilligen wird es nicht geben", meint der Tübinger Personalprofi. Für jeden, der sich für sein Unternehmen als zukünftigen Arbeitgeber interessiere, gebe es eine Mappe, und einen Fragebogen könnten die Kandidaten auch ausfüllen.

Schließlich sollte sich der Aussteller um seine Kunden: sprich Anwender, kümmern, nicht um Bewerber. Es könne nicht angehen, so Nenno, daß zum Beispiel ein Vertriebsprofi sich mit einem Bewerber beschäftigt, während Interessenten für Softwareprodukte warten müßten. Selbst die großen Softwarehäuser wie Ploenzke und die Software AG verzichten darauf, an der Leine aktiv Personal zu rekrutieren.

Susan Glathe vom Luftfahrtunternehmen Deutsche Airbus GmbH dagegen hält die Messe für ein geeignetes Mittel, sowohl um sich bei Absolventen als attraktiver Arbeitgeber darzustellen, als auch um Spezialisten anzusprechen. Die Deutsche Airbus hätte mit dieser Strategie bisher erfolgreich auf Messen agiert. Weil es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht sei, die geeigneten Kandidaten zu finden, "müssen alle Mittel ausgeschöpft werden", meint die Hamburger Personalchefin.

Auch Manuela Schmidt schwört auf die Messe als ein Ort, wo neues Personal gefunden werden könne. Wo sonst, so die Informix-Personalchefin, könne sich ein potentieller Mitarbeiter über Produkte und Einsatzmöglichkeiten in ihrem Betrieb so gut informieren wie auf der CeBIT.

Von einer Entspannung des Arbeitsmarktes durch die Einstellung von ostdeutschen Informatikern oder durch Outsourcing, wie es unlängst in einem Wirtschaftsblatt nachzulesen war, kann anscheinend keine Rede sein.

So ist Frau Glathe der Meinung, daß den "Ossis" die Erfahrung fehle. In bezug auf Outsorcing vertritt sie den Standpunkt, daß es erstens noch lange nicht im großen Rahmen stattfinde und zweitens die freiwerdenden Mitarbeiter, beim Outsourcer durchaus eingesetzt werden könnten.

Auch Cognos-Personalchef Erich Leitner akzeptiert nicht die obengenannten Argumente. Allerdings ist er der Meinung, daß bei Absolventen und zum Teil bei Informatikern mit zwei bis drei Jahren Berufserfahrung die Auswahl größer sei als etwa vor zwei Jahren - eine Einschätzung die auch Nenno und

Glathe teilen.