CeBIT-Aussteller bejahen Messekonzept nur noch halbherzig

02.05.1980

"Der Backenzahn "Hannover Messe" tut den Anbietern zwar manchmal heftig weh", spöttelt Honeywell Bull-Pressechef Heinz-Günther Klaus "aber er hat eine solide Goldfüllung." Diskussionen über das Messekonzept sind für die CeBlT-Aussteller seit langem ein alter Hut - trotzdem finden sie sich alle Jahre wieder an der Leine ein. In zwei Jahren läuft nunmehr ein Großteil der Verträge mit der Messegesellschaft aus und die Marketingleute der DV-Hersteller müssen entscheiden: Hannover - Ja oder Nein? Inmitten des Messe-Trubels befragten wir zehn Aussteller. rs/ha

Peter Dietz

Geschäftsführer,Dietz

Computer Systeme KG,

Mülheim/Ruhr

Ich bin mit der derzeitigen Struktur der Hannover-Messe ganz zufrieden, abgesehen davon, daß die Infrastruktur der Stadt dieser Veranstaltung nicht gewachsen ist.

Wenn man heute, was bereits geplant und diskutiert wurde, die Halle 1 von der Universal-Hannover-Messe abkoppelt, geht ein wesentliches Element vom CeBIT verloren. Ich meine, daß ein Großteil der Fachbesucher, die uns aus anderen Branchen besuchen, zu potentiellen Kunden werden können. Auf keinen Fall sollte CeBIT von der Hannover-Messe losgelöst werden, um eine Spezialfachmesse in Hannover zu veranstalten.

Eine Trennung der Hannover-Messe zwischen Fach- und Allgemein-Besucher sehe ich aus unserer heutigen Sicht nicht für unbedingt erforderlich an, zumal wir unter dem Sehpublikum kaum leiden. Eine derartige Regelung wäre sicher nicht schädlich, aber sie würde auch nicht viel nützen.

Dr. Karl Fr. Erbach

Geschäftsführer, Software

Partner GmbH, Darmstadt

Die derzeitige Struktur der Hannover-Messe ist von der Messedauer her nicht falsch gewählt. Ich halte allerdings die Zusammensetzung im CeBIT, mit Firmen, die nur am Rande des Büro- oder Datenverarbeitungsbereiches liegen, nicht unbedingt für glücklich. Andererseits läßt sich im Vergleich zu anderen Messen besser ein Gesamttrend darstellen und auch von den Fachgruppen her auffinden. Unglücklich ist die räumliche Lage und die absolute Überfüllung in Halle 1. Es ist nur unter schwierigen Umständen möglich, ein gutes Fachgespräch zu führen.

Der Gedanke, die Hannover-Messe im Wechsel mit der SYSTEMS durchzuführen, erscheint mir im Moment nicht erfolgversprechend. Ich glaube, daß die Industrie-Messe Hannover als internationale "Handwerkermesse" einen grundsätzlich anderen Charakter aufweist als die SYSTEMS. Sie ähnelt eher der NCC als anderen Veranstaltungen. Eine Trennung zwischen Fachbesuchern und allgemeinen Besuchern, wie beispielsweise bei der Deutschen Buchmesse, erschiene mir hingegen optimaler. Auf diese Weise könnte auch bei der Plan- und Standbesetzung eine bessere Gesamtgestaltung erreicht werden.

Tassos Kitsakis

Chef des Affär, Herzke

Computer GmbH & Co. KG,

Andernach

Ich finde es prinzipiell gut, bestimmte Tage während der Hannover-Messe für das reine Fachpublikum zu reservieren. Schwierig ist hier jedoch Kriterien für eine Abgrenzung zu finden.

Als anwenderorientiertes Unternehmen sind wir für eine jährliche Hannover-Messe. Wir müssen hier unser Augenmerk auf die Probleme des Benutzers richten und sollten mindestens einmal im Jahr die Kontakte nutzen.

Im CeBIT sehen wir Besucher, die mit einem Wegweiser in der Hand durch die Halle laufen und bei einem Computer-Hersteller Kopierer und bei einem Kopierer-Anbieter Computer suchen. Hier sollte Abhilfe geschaffen werden, indem zwar die Branchen weiterhin nebeneinander existieren sollten, jedoch geographisch in unterschiedlichen Bereichen.

Vom Aspekt der Zeitdauer muß man die Hannover-Messe weniger als Computermesse sehen, sondern vielmehr global als größte Industrieschau der Bundesrepublik. Von unserer Branche wäre eine Verkürzung zu befürworten.

Manfred Lettenmayer

Basis Microcomputer Vertrieb

GmbH & Co. KG, Münster

Ein Für und Wider der derzeitigen Messe-Struktur ist sicherlich abhängig von den Produkten, die der einzelne Hersteller anbietet. Allein unser Unternehmen spricht derart unterschiedliche Zielgruppen an, die eine Teilung der Besuchergruppen strikt verneinen. Zum Beispiel hat uns das Wochenende ein völlig anderes Publikum gebracht als an den übrigen Messetagen Vielfach waren es Leute, die nicht von irgendeinem Betrieb nach Hannover geschickt wurden, sondern die aus eigenem Interesse kommen, weil sie in diesem Gebiet etwas machen, sei es nun Hobby oder sie arbeiten in kleineren Firmen, die nicht die Möglichkeit haben, während der normalen Arbeitszeit ihre Mitarbeiter zu einer Messe zu schicken.

Wir stehen also mit unserem Produkt auf dem Standpunkt, auf die Hannover-Messe mit ihrer derzeitigen Struktur nicht verzichten zu können. Wir werden in Hannover bleiben.

Rainer Michel

Vertriebsleiter,Geneal

Büromöbelfabrik GmbH, Essen

Die derzeitige Struktur im CeBIT ist für uns fast lebens wichtig, insofern, als daß wir den direkten Kontakt mit unseren Spezialprogrammen für Datensichtgeräte zu, den EDV-Herstellern suchen. Gerade in Hannover interessiert uns besonders diese gemischte Darstellung der Produkte Hardware, Software und auch der anverwandten EDV-Zubehörmittel. Ich warne davor, eine Teilung zu propagieren, die letztendlich dazu führen wird, daß sich sowohl ein Großteil der Büromöbelindustrie als auch Unternehmen unserer Art im Wesentlichen von der Hannover-Messe abwenden werden, um künftig die Orgatechnik beziehungsweise die Internationale Büromöbelmesse in Köln zu bevorzugen.

Wir sind mit der momentanen Regelung der Hannover-Messe sehr zufrieden und meinen, daß man dabei bleiben sollte.

Eine Teilung zwischen Fachbesucher und allgemeinem Publikum sollte man nicht überbewerten. Der Charakter dieser Hannover-Messe besteht auch darin, Leute aus anderen Bereichen, die sich grundsätzlich informieren wollen, nicht vor den Kopf zu stoßen.

Wolfgang Pawlik

Vertriebsleiter, Digital

Equipment GmbH, Frankfurt

Ich finde einen zweijährigen Wechsel der Hannover-Messe mit der SYSTEMS wesentlich besser, weil dadurch die Qualität der Besucher steigen würde. Man braucht dabei nicht linear die Interessen zwischen München und Hannover zu splitten, sondern könnte vielmehr in einem Bereich konzentriert die Interessenten zusammenbekommen. Das wäre sicherlich auch für den Besucher sinnvoller, denn in der Vergangenheit zeigte sich, daß die Hannover-Messe mehr eine Demonstrationsmesse ist.

Ein Konzept ähnlich der SICOB in Paris - also Trennung von Fach- und allgemeinem Publikum - sehe ich nicht als besonders günstig an. Dies läßt sich oft allein vom Timing der Fachbesucher nicht einrichten. Ich halte einen gesunden Besuchermixed für durchaus angebracht. Wir haben auch ein Mixed von Standbesatzung in Hannover, der die breite Masse befriedigen kann. Das ist ein Vorteil von der Ausstellerseite her, denn es gibt schließlich auch Interessenten, die sich nicht nur für spezielle DV-Bereiche, sondern die sich ganz allgemein informieren wollen.

Klaus O. Schmidt

Geschäftsführer, Perkin-Elmer Data Systems GmbH, München

Ich halte die Hannover-Messe mit ihrer derzeitigen Struktur für einen hanebüchenen Blödsinn. Der Fachbesucher, der durchs CeBIT läuft und nach einem speziellen Hersteller sucht, wird ihn ohne Wegweiser kaum finden, weil dazwischen immer wieder Radiergummi-Hersteller oder ähnliche Firmen auftreten. Ich hoffe, daß der Tag kommt, an dem IBM-Manager die Entscheidung treffen, nicht mehr in Hannover auszustellen. Dann können auch die anderen Anbieter ohne Gesichtsverlust dem Messe-Spektakulum fernbleiben.

Ein zweijähriger Wechsel mit der SYSTEMS in München wäre durchaus zu befürworten, denn die Hannover-Messe deckt vor allem den norddeutschen Raum ab. Vielleicht sollte man auch die SYSTEMS alljährlich veranstalten. Dort hat man die echten Fachleute und kann sinnvolle Gespräche führen. Hannover hingegen ist der reinste Kindergarten - für den wir innerhalb einer Woche 100 000 Mark zahlen.

Dr. Frank Seiffert

Stellvertretender

Generaldirektor, Robotron

Export-import, Berlin (DDR)

Die Hannover-Messe ist für uns eine Messe mit internationaler Bedeutung, auf die wir uns, insbesondere bezüglich unseres Absatzes in den westeuropäischen Ländern, konzentrieren. Die SYSTEMS hingegen ist wohl eine sehr profilierte Fachmesse, hat für uns aber nur regionale Bedeutung innerhalb der Bundesrepublik.

Wir sehen im Vordergrund unserer Ausstellung in Hannover die Stabilisierung und den Ausbau unserer Vertriebsorganisation und wenden uns damit insbesondere an Vertriebspartner, weniger an einzelne Anwender. Die SICOB in Paris hat einige positive Aspekte, die auch das Geschehen in Hannover günstig beeinflussen könnten. Eine Konzentration oder Reservierung bestimmter Tage für das Fachpublikum, beziehungsweise für die Vertriebspartner, würden wir auch für die Hannover-Messe begrüßen.

Dr. Jürg Tschirren

Alleinvorstand der Honeywell

Bull AG, Köln

Das derzeitige Konzept CeBIT ist sicher nicht schlecht, aber die Messegesellschaft selbst weiß, daß es überarbeitet werden muß. Man denkt vor allem an eine stärkere Branchenkozentration, also eine thematische Aufgliederung der Messe im verstärkten Maße. Die Forderung, daß die Hannover-Messe nur alle zwei Jahre abgehalten werden sollte, wurde bereits vor Jahren in der Branche diskutiert, und dann wieder verworfen, weil keine Einigkeit herbeigeführt werden konnte. Die Gründe sind folgende :es gibt Austeller,die prinzipiell jedes Jahr in Hannover vertreten sind. Ich denke hier an Firmen wie beispielsweise Siemens, die auch mit anderen Produkten verteten sein müssen.

Viele Anbieter prophezeien, daß sie die Hannover-Messe Verlassen würden , wenn die großen Hersteller den ersten Schritt machen würden. Ich bezweifle das sehr . Als Insider weiß ich daß, allein das Raumangebot im CeBIT nicht ausreichend ist und die Bewerber, die zur Hannover-Messe zugelassen werden wollen, Schlange stehe. Die Messegeselschaft selbst hat erhebliche Probleme, das Platzangebot für die Zukunft sicherzustellen.

Die Hannover-Messe lebt von der Atmosphäre der internationalen Messe. Dies muß dann auch ohne Beschränkung im Besucherbereich, ähnlich der SICOB in Paris, ausnutzen. Besucher, die aus aller Welt nach Hannover kommen, sollte man nicht irgendwie katalogisieren.

Peter Willig

Leiter der Öffentlichkeitsarbeit

Datev eG

Bei einem Überdenken der Gesamtkonzeption der Hannover-Messe sollte überlegt werden, ob sehr in die Breite gehende Angebotsbereich, den CeBIT abdeckt und der sicher die meisten Besucher anlockt, nicht in Zukunft als spezielle Ausstellung von der gesamten Hannover-Messe abgesetzt werden sollte. Ich bin der Aufassung, daß die Informationsmöglichkeiten auf einer reinen Fachmesse sehr viel besser sind als auf dem großen hannoverschem Gesamt-Spektrum. Der ernsthafte Interessent ist eher in der Lange, sich in einer fachspezifischen Atmosphäre zu informieren.

Als Alternative zu einem eventuellen Splitting zwischen Fachbesucher und Laufpublikum sollte vielleicht auch die Gesamte CeBIT-Organisation so angeordnet werden, daß bestimmte Ausstellergrupen ihre eigenen Bereiche bekommen. Das heißt, eine klare Trennung zwischen Hardware-/Softwareanbietern, Büromöbel- oder Zubehörfirmen.