Was die IT-Messe für CIOs hergibt

CeBIT 2017 - was IT-Manager erwartet

23.02.2017
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Schwirrende Drohnen, sprechende Roboter, virtuelle Welten und das Neueste aus der Welt der künstlichen Intelligenz – wenn die CeBIT 2017 hält, was die Messe­macher versprechen, dann wird Hannover im März ein Science-Fiction-Spektakel. Vor allem soll aber ganz seriös über digitale Projekte und Strategien diskutiert werden.
Motto der CeBIT 2017: No Limits
Motto der CeBIT 2017: No Limits
Foto: CeBIT

"Die CeBIT 2017 wird die Digitalisierung für unsere Besucher so konkret erlebbar machen wie noch nie", versprach Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, im Vorfeld der diesjährigen IT-Messe. Gut 3000 Unternehmen aus 70 Ländern sollen Hunderte konkrete digitale Anwendungsbeispiele zeigen, Startups ihre disruptiven Geschäftsmodelle präsentieren und Visionäre im Konferenzbereich über die digitale Zukunft von Wirtschaft und Gesellschaft diskutieren. Das futuristische Motto der weltgrößten IT-Messe lautet: "d!conomy – no limits".

Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, verspricht, die Digitalisierung auf der CeBIT 2017 konkret erlebbar zu machen.
Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, verspricht, die Digitalisierung auf der CeBIT 2017 konkret erlebbar zu machen.
Foto: CeBIT

Einen Schwerpunkt der diesjährigen Show bildet das Thema künstliche Intelligenz (KI). Ein Hersteller, der seinen Messeauftritt ganz unter dieses Zeichen stellt, ist IBM. Bei dem Konzern dreht sich alles um Cognitive Computing und Watson. KI zum Anfassen soll der Concierge-Roboter "Connie" bieten. Anschauungsmaterial gibt auch BMWs Elektroauto "i8", das mit besonders intelligenten Assistenzfunktionen ausgestattet sein wird. In Robotor und Auto steckt jeweils die Watson-Technik. Außerdem will IBM Kundenbeispiele aus der Finanz- und Versicherungsbranche, der Fertigungsindustrie, dem öffentlichen Sektor und dem Gesundheitswesen zeigen, deren Geschäftsmodelle und -zwecke mit digitaler Intelligenz aufgepeppt wurden.

Auch im Programm der CeBIT Global Conferences (CGC) wird KI eine Hauptrolle spielen. Dort hat sich kein Geringerer als Ray Kurzweil angekündigt. Der Visionär, der heute als Cheftechniker in Diensten von Google steht, glaubt ernsthaft, dass 2030 winzige Nanoroboter im menschlichen Blutkreislauf zirkulieren und dass unsere Gehirne mit dem Internet verbunden sein werden.

Zwilling aus Silikon und Silizium

Der japanische Wissenschaftler Hiroshi Ishiguro wird in Hannover gleich doppelt vor Ort sein – als Mensch aus Fleisch und Blut und als "Geminoid" aus Silikon und Silizium (CGC Halle 8, 21. März, 9.45 Uhr). Der Direktor des Intelligent Robotics Laboratory am Department of Adaptive Machine Systems der Universität Osaka schickt seinen digitalen Zwilling auch schon mal alleine auf Reisen, begleitet nur von einem Assistenten. Ziel seiner Forschungen ist es, soziale Roboter zu schaffen, die selbständig mit Menschen interagieren können.

Zum verwechseln ähnlich: Hiroshi Ishiguro und sein Geminoid.
Zum verwechseln ähnlich: Hiroshi Ishiguro und sein Geminoid.
Foto: Hiroshi Ishiguro Laboratories Advanced Telecommunications Research

Das Thema KI zieht sich 2017 wie ein roter Faden durch viele CeBIT-Bereiche. So sollen sich in der Digital Marketing Arena viele Diskussionen um die Prozesse in Marketing, Vertrieb und Service drehen. Assistenzsysteme mit natürlichsprachlichen Interaktionsschnittstellen, interaktive Kampagnenplanung mit Datenauswertung in Echtzeit, virtuelle Vertriebs- und Serviceagenten, die Unternehmen in der Interaktion mit Kunden unterstützen – all das dürfte die Kundenprozesse in den nächsten Jahren umkrempeln. Auch bei Salesforce spielen diese Aspekte eine wichtige Rolle.

Der Spezialist für CRM aus der Cloud macht auch in diesem Jahr mit seiner Salesforce World Tour in Hannover Halt (Halle 9). Erst im vergangenen Jahr hatte das Unternehmen "Einstein" vorgestellt, ein Set von KI-Funktionen, das die gesamte Salesforce-Plattform durchdringt.

Smart Shuttles fahren autonom

KI könnte auch die Mobilität der Zukunft revolutionieren. Thematisiert wird dies unter anderem auf dem Automotive IT Kongress am 23. März. Namhafte Vertreter der Automobilbranche von Audi über Bosch bis Volkswagen erörtern, wie neue Technik die digitale Transformation der Automobilindustrie forciert. Vieles davon können die Besucher direkt auf dem Messe­gelände erleben. Die Schweizerische Post etwa wird im Rahmen des Projekts "SmartShuttle" mit zwei autonom fahrenden Vehikeln Gäste vom Eingang West 1 durch die Halle 13 zur Halle 12 transportieren. Die Shuttles sind mit Kameras und Sensoren ausgerüstet, die Hindernisse sowie Personen und Gegenstände auf der Fahrbahn erkennen. Seit Juni 2016 testet die Post der Eid­genossen zwei autonom fahrende SmartShuttles in der Altstadt von Sitten im Kanton Wallis.

Am Beispiel des Elektroautos e.Go Life zeigt das European 4.0 Transformation Center des RWTH Aachen eine komplett durchdigitalisierte Wertschöpfungskette.
Am Beispiel des Elektroautos e.Go Life zeigt das European 4.0 Transformation Center des RWTH Aachen eine komplett durchdigitalisierte Wertschöpfungskette.
Foto: Krentz/ e.GO Mobile AG

Am Beispiel Mobilität wird auch deutlich, wie stark Techniken rund um das Internet of Things (IoT) und Industrie 4.0 die Fertigung verändern. In Halle 5 steigt eine Sondershow zur Digitalisierung. Am Beispiel des Elektroautos "e.GO Life" zeigt das European 4.0 Transformation Center des RWTH Aachen Campus eine komplett durchdigitalisierte Wertschöpfungskette. Das Elektroauto-Startup e.GO hat seine Prozesse von Anfang bis Ende digitalisiert – das reicht vom Einsatz von Augmented Reality in der Planung über Roboter in der Produktion bis hin zur virtuellen Fabrikplanung und Fahrzeugdatenübertragung für den digitalen Schatten.

Die fliegende Vogelscheuche

Doch die Digitalisierung erobert auch die Lüfte. Auf einer 2400 Quadratmeter großen Sonderfläche werden auch in diesem Jahr wieder die Entwickler von Drohnen ihre jüngsten Errungenschaften päsentieren. Die Unmanned Aerial Vehicles (UAVs) haben sich längst etabliert, beispielsweise in der Landwirtschaft. Drohnen fliegen Felder ab, erstellen topografische Karten der Bodenbeschaffenheit oder spüren Rehkitze auf, bevor der Mähdrescher naht. Sogar fliegende Vogelscheuchen gibt es: In einem österreichischen Weinanbaugebiet vertreibt eine Drohne Stare. Sie besitzt die Gestalt eines Falken, ahmt dessen Flugbewegungen nach – und stößt sogar die Schreie des Raubvogels aus.

Die TU Darmstadt zeigt auf der CeBIT ihren "Wingcopter 178". Die Hybriddrohne ist eine Kombination aus Multicopter (UAV) und Flächenflugzeug (Fixed Wing). Dadurch kann die Drohne wie gewohnt vertikal starten und landen, gleichzeitig ermöglicht das Flügelkonzept längere Flugzeiten und größere Reichweiten. Die ETH Zürich zeigt in Halle 6 ihren Quadrocopter "Fotokite". Das Fluggerät wird an einer Leine gehalten und gesteuert.

Komm, kleine Drohne! - der Quadracopter "Fotokite" lässt sich an einer Leine führen.
Komm, kleine Drohne! - der Quadracopter "Fotokite" lässt sich an einer Leine führen.
Foto: CeBIT

Ein großes Experimentierlabor soll der Themenkomplex Virtual Reality (VR), Augmented Reality (AR) und Mixed Reality auf der CeBIT werden. In Halle 17 findet dazu am 22. und 23. März ein Creative Lab statt. Die Teilnehmer sollen einen Einblick in die internationale Szene bekommen. Neben Unternehmen und Universitäten gehört die Bühne Designern, Softwareentwicklern, Storytellern und anderen Kreativen. Im Creative Lab will man gemeinsam Themen erarbeiten und Teams bilden. Die besten Ideen sollen bis Sommer umgesetzt werden.

Aus Fehlern lernen

Wie in den Vorjahren will die CeBIT auch Startups eine Bühne bieten. Im Bereich SCALE11 präsentieren über 400 junge Unternehmen ihre Ideen, Konzepte und Lösungen vor potenziellen Kunden und Investoren. Wie die Kultur des Scheiterns funktioniert, erzählen Gründer im Rahmen der Fuckup Nights am 20. und 21. März. Junge Gründer können aus den Fehlern der anderen lernen.

Wie auf der CeBIT 2016 wird auch in diesem Jahr wieder Whistleblower Edward Snowden per Video zu Wort kommen.
Wie auf der CeBIT 2016 wird auch in diesem Jahr wieder Whistleblower Edward Snowden per Video zu Wort kommen.
Foto: spring Messe Management GmbH / Jack Tillmanns.

Auch die gesellschaftliche Diskussion soll nicht zu kurz kommen. Am 21. März um 17.30 Uhr meldet sich Whistleblower Edward Snowden via Videoschalte aus seinem russischen Exil zu Wort, um über die Folgen der US-Wahl für die Privatsphäre im Internet zu sprechen. Wie Big-Data-Techniken Wahlen entscheiden können, darüber referiert am 23. März im Konferenzbereich der Sozialforscher Michal Kosinski. Der an der Graduate School of Business der Stanford University lehrende Wissenschaftler ist ein anerkannter Experte für Psychometrik. Er will ein mathematisches Verfahren entwickelt haben, mit dem sich anhand von Facebook-Likes und öffentlich zugänglichen Daten der Charakter eines Menschen bestimmen und sein Verhalten voraussagen lässt. "Solche Big-Data-Analysen erfordern keine aktive Beteiligung der Menschen. Sie sind auf große Populationen anwendbar, kostengünstig und könnten viele Bereiche revolutionieren", wirbt Kosinski – und warnt: "In den falschen Händen stellen diese Methoden jedoch erhebliche Risiken für die Privatsphäre dar."

CeBIT Executive Club

Vertreter des nationalen und internationalen Top-Managements aus Unternehmen aller Anwenderindustrien finden im CeBIT Executive Club einen wichtigen Anlaufpunkt für den Austausch mit Experten und Kollegen. Im Informations-Centrum (IC) im Zentrum des Messegeländes gibt es die Möglichkeit, das Gespräch zu anderen Entscheidern und Meinungsführern zu suchen. Den Auftakt bildet der CeBIT Executive Dialog am 19. März in Halle 8. Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik diskutieren auf der Sakura Stage am Stand A01 über Optionen und Perspektiven auf dem Weg in die digitale Zukunft. Ferner bietet die CeBIT Executive Lounge an allen Messetagen im IC von 9:00 bis 18:00 Uhr einen Rahmen für vertrauliche Gespräche mit Geschäftspartnern.