Mit Salesforce auf Digitalisierungstrip

CeBIT 2016 gewinnt mit IT-Knowhow des Gastlandes Schweiz

01.12.2015
Von 
Jan-Bernd Meyer betreute als leitender Redakteur Sonderpublikationen und -projekte der COMPUTERWOCHE. Auch für die im Auftrag der Deutschen Messe AG publizierten "CeBIT News" war Meyer zuständig. Inhaltlich betreute er darüber hinaus Hardware- und Green-IT- bzw. Nachhaltigkeitsthemen sowie alles was mit politischen Hintergründen in der ITK-Szene zu tun hat.

FinTech, Drohnen, Health Care, Predictive Management, interne Kommunikation - so viel digitale Kompetenz

Was allein in Zürich, wo schon Albert Einstein am Polytechnikum studierte, an Startup-Mentalität, digitalem Transformationsgeist und Erfindungsreichtum zu finden ist, kann einem Sunnie Groeneveld erzählen. Groeneveld sieht aus wie ein Model. Aber eines, das an der US-amerikanischen Eliteuniversität Yale Wirtschaft studiert hat, in Kalifornien für das Y-Combinator-Gründerzentrum tätig war, ein Buch schrieb ("Inspired at Work - 66 Ideen für mehr Engagement und Innovation im Unternehmen") - und jetzt als Geschäftsführerin der industrieübergreifenden Standortinitiative DigitalZurich2025 tätig ist. Zudem hat sie das Beratungsunternehmen Inspire925 gegründet, das sich auf das Thema Mitarbeiter-Engagement spezialisiert hat.

Fintech - Krypto-Technik - Bitcoins

Groeneveld kann einem von Monetas berichten, einem Softwareunternehmen aus Zug. Monetas hat eine Crypto-Finanz-Technik entwickelt, die es erlaubt, via ein digitales Notariat Finanz- und Vertragstransaktionen weltweit zu erledigen. Hierbei nutzt Monetas so genannte Off-blockchain-Techniken (im Unterschied etwa zu den Blockchain-Techniken, wie sie bei Bitcoin eingesetzt wird).

Oder von Learn Technologies, einem Schweizer Softwareunternehmen, das sich auf die Entwicklung dreidimensionaler Trainingssimulationen und lernorientierter Spiele spezialisiert hat. Dessen CEO und Gründer Michael Bodekaer hat übrigens schon fünf andere Startups gegründet. Eins davon ist Labster. Labster hat sich auf die Vermittlung von Life-Science-orientierten Lerninhalten und die Durchführung von Laborexperimenten im dreidimensioneln virtuellen Raum spezialisiert.

Groeneveld kann aber auch von der Aerotainment Labs GmbH erzählen, einem jungen Spinoff der ETH Zürich. Die haben ein Flugsystem entwickelt, das interaktive Unterhaltung für kleine und große Events bietet.

Ebenfalls ein Spinoff der ETH Zürich ist Beekeeper. Dessen Enterprise Mobile Messaging Lösung bietet die komplette Vernetzung vom Unternehmen mit seinen Mitarbeitern. Ein Dashboard ermöglicht die Kommunikation mit Workflows zu automatisieren.

Sci-Fi-Filme Minority Report und Iron Man standen Pate

Anleihen aus Sci-Fi-Filmen wie "Iron Man" oder "Minority Report" machen die Softwareentwickler von Dizmo. Sie sind ebenfalls in Zürich ansässig. Die Leute um Mitgründer Luigi Mantellassi verstehen sich darin, jede digitale Oberfläche in eine universelle und intuitive Benutzerschnittstelle zu verwandeln. Die verbindet nahtlos digitale und physikalische Objekte zuhause wie am Arbeitsplatz miteinander. So wird der direkte und interaktive Zugang zu jeder Art von Daten ermöglicht. Wie im Sci-Fi-Film eben. Nicht umsonst spricht Mantellassi auch vom Interface der Dinge, wenn er über die Dizmo-Entwicklung referiert.

Groeneveld könnte einem noch zig weitere Erfolgsgeschichten von Startups aus dem Energieumfeld der Zürcher und anderer Schweizer Universitäten erzählen. Auch so aber bekommt man beim Besuch in der Schweiz einen Eindruck von der Innovationskraft in Sachen Digitalisierung, digitaler Transformation, der intelligenten Entwicklung im Umfeld von IoT etc., die kennzeichnend zu sein scheinen für das Innovationsklima in der Schweiz.

E-Health: Ein Fall für die Post

Ein schönes Beispiel, wie vergleichsweise unkonventionell die Schweizer digitale Lösungen angehen, ist "Vivates", die E-Health-Drehscheibe, die medizinische Daten sicher dezentral ablegt und zielgenau den richtigen Adressaten zugänglich macht, wie Renato Gunc, Leiter E-Health bei der Schweizer Post, sagt. Unkonventionell und für Deutschland vielleicht nicht ohne weiteres vorstellbar ist die Tatsache, dass Vivates eben bei der Schweizer Post entwickelt wurde. Man stelle sich vor, die Deutsche Bundespost würde mit so etwas wie einem digitalen Gesundheitskartensystem auf den Plan treten. Gunc ist da ganz entspannt. Wer krank sei, würde gerne schnell und kompetent behandelt werden. Da sei ein effizienter und sicherer Datenfluss zwischen Patient und behandelndem Arzt oder Krankenhaus wichtig. Und da sich die Post schon immer auf die sichere Übertragung von Informationen verstanden hätte, sei eine Entwicklung wie Vivates eigentlich logisch.

Veranstaltungen der Schweiz auf der CeBIT

Das Gastland wird auf der CeBIT einige hochkarätig besetzte Veranstaltungen abhalten.

Am Montag, den 14. März 2016, findet der "CeBIT Switzerland Summit" statt. Neben Bundesrat Johann Schneider-Ammann wird unter anderem auch die Deutsche Bundesforschungsministerin Johanna Wanka präsent sein.

Ebenfalls am Montag findet die "Welcome Night" der Messe AG in den Hallen 8 und 9 statt. Diese ersetzt quasi die traditionelle Messeeröffnung, die 2016 am Sonntag, den 13. März, stattgefunden hätte. Da aber genau an diesem Tag in den drei Bundesländern Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz Landtagswahlen stattfinden, schien es den Messeveranstaltern unwahrscheinlich, dass sich genau zur Bekanntgabe der Hochrechnungen und der vorläufigen Wahlergebnisse Politprominenz auf dem Messegelände in Hannover einfinden würde. Offiziell ist diese Erklärung natürlich nicht. Vielmehr verlautbart Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, "mit diesem neuen Themen-Setup" sei man "dem expliziten Wunsch der ausstellenden Industrie" nachgekommen.Eröffnet wird die Welcome Night durch den Schweizerischen Bundespräsidenten. Dieser steht noch nicht fest. Vielmehr wird er erst nach der am 9. Dezember 2015 stattfindenden Gesamterneuerungswahl der Landesregierung von der Vereinigten Bundesversammlung bestimmt. Turnusgemäß wird dies wohl der Bundesrat und aktuelle Vizepräsident Johann Schneider-Ammann werden. Zugesagt hat von deutscher Seite bereits Sigmar Gabriel, der stellvertretende Bundeskanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Die Keynote wird der CEO der Swatch Group, Nick Hayek, halten.

Am Dienstag, den 15. März, kommt es zum obligatorischen Eröffnungsrundgang. An diesem wird Bundeskanzlerin Angela Merkel den Schweizerischen Bundespräsidenten durch die Hallen führen.

Ebenfalls am Dienstag sowie am Donnerstag, den 17. März, veranstaltet das Gastland Schweiz ein "Networking Lunch".

Am Mittwoch, den 16. März, gibt die Schweiz zudem eine exklusive "Swiss Pavilion Executive Reception".

Gesundheitskarte von der Deutschen Post? Undenkbar!

Vivates ist eine modular aufgebaute Plattform, die aus den fünf Modulen Medikation, Behandlungsplan, Patientendossier, Berichtstransfer und Zuweisung besteht. Alle Module sind miteinander kombinierbar. Sie stellen den beteiligten Personen in sicherer, weil verschlüsselter Weise sämtliche Patientendaten zur Verfügung. Der emeritierte Direktor des Instituts für Klinische Pharmakologie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), Jürgen Frölich, hat einmal festgestellt, dass in Deutschland jährlich Zehntausende Menschen an einer falschen Medikation sterben. Hier wird ersichtlich, wie wichtig insbesondere in ärztlichen Notfällen eine schnelle und korrekte medizinische Dateninformation über den zu behandelnden Patienten wäre. Unter anderem hierzu dient das Patientendossier von Vivates.

Knaller: CeBIT kooperiert mit Salesforce

Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG, wartete Ende November noch mit einem Knaller auf: Die CeBIT hat mit dem US-amerikanischen Cloud- und CRM-Anbieter Salesforce eine Kooperation vereinbart. Danach wird die Salesforce-Hausmesse "Salesforce World Tour" am Mittwoch, den 16.3.2016, in Halle 19 stattfinden. Zudem belegt das US-Unternehmen während der gesamten CeBIT-Messe die Halle 23, um dort die "Cloud Expo" abzuhalten. Highlight am Mittwochabend soll zudem der Auftritt einer bekannten deutschen Musikband sein, wie Salesforce-Europachef Joachim Schreiner gegenüber der "Wirtschaftswoche" äußerte.

SAP is not amused

Man kann davon ausgehen, dass dieser Deal die SAP nicht erheitern wird. Wenn die Deutsche Messe AG ausgerechnet mit einem der führenden Anbieter von CRM-Plattformen und Cloud-Lösungen paktiert, dürfte sich bei dem deutschen Softwarehersteller einiger Unmut äußern. Nach unbestätigten Gerüchten soll Salesforce mit ihrem hallenfüllenden Konzept der World Tours und Cloud Expo vor Jahren schon einmal bei den Hannoveraner Messebetreibern vorstellig geworden sein. Seinerzeit habe angeblich SAP derlei Pläne zu verhindern gewusst.

Statement der Deutsche Messe AG: "Damit arbeitet die CeBIT im Jahr ihres 30. Jubiläums so eng mit einem Partner zusammen wie nie zuvor. Diese Kooperation unterstreicht die fortlaufenden Investitionen von Salesforce in Deutschland." Eben Letzteres dürfte der SAP auf ihrem ureigenen Hometurf nicht gefallen.

Neben den beiden Hallenkonzepten bespielt Salesforce nach den vorliegenden Plänen auch zusätzliche Bereiche auf der Freifläche. Hier wird Salesforce den CeBIT-Besuchern darstellen, wie Unternehmen mit den Lösungen der Salesforce Customer Success Platform ihre digitale Transformation kundenzentriert bewerkstelligen können. Das Salesforce-Management wird Keynotes abhalten. Live-Demos aktueller Technologien und Fallbeispiele von Kunden aus der Praxis gehören ebenfalls zum Programm.