Die Wetterfrösche sind in Österreich künftig arbeitslos:

CDC-Rechner bestimmen Sonne, Wind und Regen

30.10.1987

WIEN (CWÖ) - Auch wenn die Btx-Seite des Wetterdienstes ein Laubfrosch ziert - er muß nicht mehr die Leiter hinaufklettern, um nach dem Wetter zu schauen. Dank neuer Großcomputer von Control Data sollen die Prognosen der Wiener Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik schneller, genauer und realistischer werden.

Die Wettervorhersage ist eines der klassischen Arbeitsgebiete für Großcomputer. Je schneller und leistungsfähiger die Rechner sind, um so mehr steigt die Treffsicherheit der Vorhersage - allerdings auch wieder in Abhängigkeit von der Vielfalt der Daten, die in die Gleichungssysteme hineinfließen.

Noch schneller, besser und genauer sollen künftig die Wetterprognosen auf der Hohen Warte dank der neuen Großrecher Cyber 180 Modell 869 und Cyber 180 Modell 830 von Control Data (CDC) werden. Sie wurden Mitte Oktober im neuen Rechenzentrum der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien installiert und sind über eine Standleitung mit dem ebenfalls neuen CDC-Rechner Cyber 930 Modell 11 in der benachbarten Geologischen Bundesanstalt verbunden.

Ziel dieses Rechnerverbundes ist ein kontinuierlicher Produktionsbetrieb auch während der Wartungszeiten für den einen oder anderen Computer. Und sollte einmal einer von ihnen ausfallen, so muß ein Notbetrieb aufrecht erhalten bleiben können.

An beiden Anstalten sollen nun innerhalb des Systems zusätzlich alle übrigen EDV-Anlagen durch ein lokales Netz erstmals miteinander verbunden werden. Bei der ZAMG sind das zwölf Minicomputer, die sozusagen den Kern bilden für

- die Zentraleinheit des in Aufbau befindlichen meteorologischen teilautomatischen Wettererfassungssystems (TAWES). 70 der insgesamt 300 Wetterstationen werden nach und nach per Standleitung an das System angeschlossen, um künftig alle Meldungen direkt in die Rechner einzuspeisen;

- das Klimarechennetz mit einer Zentraleinheit und drei Rechnern (Bull 6/43) in den Regionalstellen Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt mit Wählleitungsanschlüssen;

- die Datenempfangsanlage des Wiener Umweltmeßnetzes;

- die Zentraleinheit des in Aufbau befindlichen digitalen seismischen Stationsnetzes;

- den Kommunikationsrechner CDC Cyber 18 für das Globale Telekommunikationssystem, das Satellitenempfangssystem, die Datenverarbeitungsanlage "Sodar", das synoptische Grafik-Analysesystem und den Gravimetrie-Zentralrechner.

- Personal Computer, Terminals, Plotter, Drucker.

Der neue Rechnerverbund wird prinzipiell im Betriebssystem NOS/ VE operieren. Auf der neuen Cyber-860-Anlage besteht darüber hinaus im Dual-State-Modus weiterhin die Möglichkeit, das NOS-Betriebssystem der bisher verwendeten Cyber 171 einzusetzen. Geplant ist, beide Betriebssysteme ein Jahr lang parallel zu fahren, um die Umstellung der vorhandenen umfangreichen Programme auf das neue Betriebssystem unter möglichst optimalen Bedingungen durchführen zu können. Auch soll durch dieses Vorgehen einer Unterbrechung des Wetterdienstes vorgebeugt und der alte Rechner nicht weiter in Betrieb gehalten werden müssen.

Wichtig ist auch die hohe Leistungsfähigkeit der CDC-Cyber bei der ZAMG für die Zusammenarbeit mit dem Europäischen Zentrum für mittelfristige Wettervorhersagen in Reading bei London, an dem Österreich mit weiteren 16 westeuropäischen Ländern beteiligt ist. Peter Steinhauser, Direktor der ZAMG: "Unser Computer muß mit dem Supercomputer in Reading - einem Cray XMP/48 - Schritt halten können, der für uns in einem routinemäßigen Produktionsbetrieb die Prognosegrundlagen erarbeitet."

Mit Stolz vermerkt der Meteorologe, daß dieses Zentrum ob seiner Leistungsfähigkeit von Amerikanern und Japanern beneidet wird. Vergleiche hätten ergeben, daß die Vorhersagen aus Reading für die nächsten sechs Tage zuverlässiger seien als die Fünf-Tage-Prognose des National Meteorological Centers in Washington.