Nicht viel Neues im Bereich der digitalen Aufzeichnung:

CD-ROM-Entwicklung enttäuscht noch

14.03.1986

SIEGEN (pi) - Wann kommt das digitale Archiv? Eine provokative Antwort könnte lauten: "Es ist schon da", die technische Antwort würde ergänzen: "Vom Standpunkt der Entwicklung aus ab sofort." Der Einsatz ist aber von der realistischen Antwort des Anwenders abhängig. In den Forschungsstätten der niederländischen Philips-Mutter laufen zwar die Pilotprojekte für CD-ROM, jedoch hängt ein serienmäßiger Einsatz von den Anforderungen der User ab.

Die Interessenten stellen aber auch die Frage: "Wann ist die Platte vom Anwender beschreibbar? - und hier ist man bei der CD-ROM noch im Bereich der Entwicklung.

User-Beschreibbarkeit noch in Kinderschuhen

Optische Speichermedien, die Informationen in irgendeiner Form (Briefe, Bücher, Manuskripte, Listen etc.) in extrem komprimierter Form enthalten, die originalgetreu wiedergegeben werden können, sind als elektronische Archivierungssysteme seit ein paar Jahren bekannt.

Bei diesen Verfahren werden die Originaldokumente unterschiedlichster Art nach einem elektrooptischen Verfahren gespeichert, wieder aufgefunden und dargestellt. Optische Speicherplatten werden dabei zur Archivierung der Unterlagen verwendet. Derartige Systeme bestehen aus einem Scanner zum Digitalisieren der Dokumente, einem angeschlossenen Rechner für die Indexierung und zum Wiederauffinden der gespeicherten Informationen einem Massenspeichersystem für die optischen Speicherplatten (DOR = Digital Optical Recorder), hochauflösenden Bildschirmen zur Wiedergabe der Dokumente und Faksimiledrukkern zum Erstellen von Kopien. Die DOR speichert bei einem Durchmesser von 12 Zoll bis zu 60 000 Original-DIN-A4-Seiten oder zwei Milliarden alphanumerische Zeichen digitalisiert, was etwa 2000 gut gefüllten Aktenordnern entspricht.

Die optische Speichertechnik mit wahlfreiem Zugriff, schneller Anzeige und hoher Wiedergabequalität stellt eine Lösung für öffentliche Verwaltungen, Großunternehmen, Versicherungen oder Dienstleistungsorganisationen mit hohem Archivierungsaufkommen oder strengen Anforderungen an die Registratur dar.

Probleme der mehrfachen Ablage von Briefkorrespondenz beispielsweise kennen nahezu alle Unternehmen; hier wird die Zentralregistratur häufig durch Tageskopie-Ordner und Handakten ergänzt. Damit sind erhebliche Suchzeiten verbunden, um Unterlagen wiederzufinden, aber auch ein großer Aufwand, um die Rückgabe zu überwachen. Dort, wo große Ablagemengen häufig bewegt werden müssen, findet sich das Einsatzgebiet von elektronischen Archivierungssystemen wie beispielsweise Megadoc von Philips. Ein klassisches Anwendungsfeld zeigt sich zum Beispiel auch in Verlagen oder Presseagenturen, die ein großes Aufkommen in Text- und Bilddokumenten haben. Denkbar ist ebenso der Einsatz bei Dienstleistungsunternehmen "Werbeagenturen oder Buchführungsunternehmen), die ihre Aufgabe darin sehen, speziell für mittelständische Unternehmen die Archivierungsaufgabe zu übernehmen.

Laseroptische Verfahren als die Basistechnologie für die Informationsspeicherung sind somit nicht nur im Audio-Video-Bereich von Bedeutung, sondern mittlerweile eben auch für die Datenverarbeitung. Das bedeutet, die digitale optische S cherplatte wird sowohl in zentral Rechenzentren als auch bei dezentralen Arbeitsplätzen in Verbind mit einem Personalcomputer Ein halten. Im Vergleich zu bisherigen Speicherverfahren führt die Nutzung dieser Technologie zu einer wesentlich höheren Speicherdich Dies vermindert die für eine stimmte Datenmenge erforderlich Speicherkapazität und führt zu ein Kostenreduzierung für jedes gesp cherte Bit.

Breite Einsatzmöglichkeiten er ben sich im Bereich der Wirtschaft für die Compact Disc - also die lesbare optische Speicherplatte - eine breite Distribution von Masse daten. Die CD wird bereits bei ihr Herstellung mit der gesamten Information beschrieben, die vom Benutzer nachträglich nicht verände werden kann. Sie kann in groß Stückzahlen kostengünstig hergestellt werden. Die von Philips u Sony gemeinsam entwickelte Compact Disc als Datenspeicherplatte CD-ROM (Read Only Memory) s im Bereich der Bild-, Sprachen-, Text und Datenspeicherung neue Perspektiven eröffnen.

Die CD besitzt eine Speicherkapazität von 600 MB digital gespeicherter Informationen. Dies entspricht einem Speichervolumen von etwa 1000 Büchern oder umgerechnet un gefähr 400 000 DIN-A4-Seiten. Und eine weitere Vorstellung von de Speicherkapazität einer solchen Platte zu geben: Sie kann beispielsweise ein Fünftel aller US-Telefonbücher die ganze Encyclopaedia Britannic oder einen kompletten Sternatlas de nördlichen oder südlichen Himmel enthalten.

Enzyklopädie auf einer einzigen Platte

Die CD-ROM ist besonders für Unternehmen oder Verwaltungen interessant, die täglich eine Fülle von Daten und Informationen be- und verarbeiten. So ergibt sich beispielsweise für Archive, Auskunfteien, statistische Ämter, Bibliotheken und Großunternehmen die Möglichkeit, mit Hilfe dieses Speichermediums eine vor Manipulationen und physikalischen Einwirkungen sichere, umfassende und wirtschaftliche Datenbank anzulegen.

Insbesondere für die Verteilung von Massendaten, beispielsweise die jenigen eines Großunternehmens, die für viele räumlich entfernte Filialen oder Zweigstellen eine identische Arbeitsbasis zur Verfügung stellen müssen (Artikelkataloge oder Preislisten), ist. die CD-ROM eine wirtschaftliche Alternative: Datenbestände, die mittel- oder langfristig relativ konstant bleiben, können zu akzeptablen Kosten vervielfältigt und verteilt werden. Denkbar sind Wirtschaftsdatenbanken beim Kunden vor Ort, auf die mit einem Mikro zugegriffen werden kann, womit die kostenbelastende Online-Verbindung entfällt. Einsatzbeispiele finden sich für Bibliothekskataloge und Anwendungen, in denen bisher auf Mikrofilm zurückgegriffen wurde. Weitere mögliche Anwendungsbeispiele für CD-ROM bieten

- Verwaltungen (Tabellen für Steuern oder Durchführungsrichtlinien);

- Universitäten (Literaturarchive an den Lehrstühlen);

- Banken (Unterschriften, Rechtsdatenbanken, hausinterne Richtlinien, Software-Dokumentationen für die DV, volks- und betriebswirtschaftliche statistische Daten);

- Verlage; hier besteht die Möglichkeit, die CD-ROM mit der entsprechenden Peripherie im Bereich des Verlagswesens als intelligentes Textübersetzungssystem einzusetzen oder als umfassendes Wörterbuch (beispielsweise Englisch/Deutsch, Deutsch/Englisch) auszustatten. Dies könnte in der Form eines fertigen Wörterbuches oder Bildwörterbuches (Wörter kombiniert mit Bildern) geschehen .

- Großunternehmen (beispielsweise Pharma- oder Kfz-Industrie).

Das Abspielen der CD erfolgt auf einem CD-ROM-Laufwerk, das sich wie ein Disketten- oder Winchesterlaufwerk an einen Mikrocomputer anschließen läßt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werden CD-ROM-Lösungen bereits in einigen Projekten getestet:

Im Projektzentrum Geldrop des Philips-Forschungslaboratoriums in Eindhoven (siehe auch Bericht CW 51/52-85, Seite 32) werden mittlerweile auch die ersten Schritte unternommen, die CD-ROM in Verbindung mit besonderen Systemkomponenten als elektronischen "Kopiloten" in Automobilen einzusetzen. Das System hat den Namen "Carin" (Car-lnformation und Navigation). Der ROM-Speicher bietet hier beispielsweise die Möglichkeit, das gesamte Straßennetz einer Region zu speichern, in Verbindung mit einem Funkdatensystem bei Staus, Straßenbauarbeiten, Glatteis und vielem mehr eigenständig alternative Fahrrouten zu planen und diese dem Fahrer mittels eines Sprachmoduls oder Bildschirms mitzuteilen.