BMW richtet ein Selbstlernzentrum ein

CBT soll den Mitarbeitern in erster Linie Grundwissen vermitteln

05.07.1991

MÜNCHEN (hp) - Bis jetzt findet CBT (Computer Based Training) nur zögerlich den Weg in die Schulungsräume. Vorreiter sind vor allem große Unternehmen mit viel Weiterbildungsbedarf. Nach einer einjährigen Pilotphase hat sich die BMW AG jetzt entschlossen, ein eigenes Selbstlernzentrum einzurichten. Ziel dabei ist es, kurzfristig möglichst vielen Mitarbeitern DV-Grundwissen zu vermitteln.

Vor eineinhalb Jahren begann der Pilotversuch, den BMW in Zusammenarbeit mit dem Control Data Institut und auch in deren Räumen (CDI) durchführte. Die Resonanz der Mitarbeiter, die alle in ihrer Freizeit das Zentrum besuchten, war recht positiv. Deshalb entschloß sich der Automobilhersteller jetzt, ein eigenes Zentrum in seinem Forschungs- und Ingenieurzentrum (FIZ) einzurichten. Vor allem wegen des immer höheren Bildungsbedarfs gerade im Bereich Bürokommunikation setzt BMW auf die neue Lerntechnik.

Bis jetzt hatten die Mitarbeiter nur nach Dienstschluß die Möglichkeit, mit computerunterstütztem Training die ersten Hürden der DV zu nehmen. jetzt soll CBT fester Bestandteil des Ausbildungsprogramms vor allem bei der Vermittlung von Grundwissen werden. Das selbständige Training am PC stellt dabei nur eine von vielen Lernformen wie Beratung, Workshop, Training, Schulung und Vortrag dar. "Die besten Ergebnisse ergeben sich beim Methodenmix. So vermitteln wir beispielsweise Grundkenntnisse durch Lernprogramme, vertiefen sie mit Workshops und danach erfolgt noch einmal individuelles CBT", erklärt Petra Kublik-Wächter, zuständig für die interne Weiterbildung bei BMW.

Auch vom organisatorischen Standpunkt gesehen lohne sich das Lernen am Rechner. Während konventionelle Seminare länger vorher geplant werden müßten, könnte beim computerunterstützten Training die Bildung "just-in-time" erfolgen. Ein Ziel der Weiterbildungsabteilung von BMW ist zudem die Steigerung des eigenverantwortlichen Handelns durch das selbständige Lernen.

In dem Selbstlernzentrum steht ein Fachbetreuer den Lernwilligen zur Verfügung. "Es ist nicht seine Aufgabe, fachlich weiterzuhelfen. Aber er kann den Mitarbeitern zur Seite stehen, wenn sie sich bei den Programmen in einer Sackgasse befinden. Und da fast alle Software ihre Schwachstellen hat, kommt das schon mal vor", meint Waltraud Davidsohn, zuständig für das interne Training von Standardsoftware bei BMW. Zudem stehen den Interessierten Selbstlernhandbücher und Fachliteratur zur Verfügung.

Inzwischen hat der Automobilkonzern acht Arbeitsplätze mit Lernprogrammen eingerichtet. Die Mitarbeiter haben nach telefonischer Anmeldung die Möglichkeit, zwischen 8 Uhr 30 und 19.30 das Selbstlernzentrum kostenlos zu nutzen. Ein Indikator für die Resonanz ist die Auslastung. Sie beträgt laut BMW auch im Freizeitbereich rund 80 Prozent. Das Unternehmen warnt jedoch vor allzu viel Lerneifer. "Wir empfehlen den Mitarbeitern, nicht länger als drei Stunden vor dem Bildschirm zu sitzen. Da der Lernstoff sehr konzentriert ist, kann nach dieser Zeit nur noch wenig aufgenommen werden", erklärt Kublik-Wächter.

Angeboten werden momentan Lernprogramme über DV-Grundlagen, Betriebsysteme, Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Datenbank. Auch ein CBT mit Anbindung zum Großrechner steht zur Verfügung. Die Programme hat BMW gekauft, "da es genügend Anbieter gibt und selbstgestrickte Software zu aufwendig ist. Ein Programm zu einem Catia-Modul haben wir selbst entwickelt, weil es zu diesem Thema nichts auf dem Markt gab", fügt Davidsohn hinzu.

Der hektischen Versionsfolge der Softwarehersteller möchte sich der Automobilkonzern nicht unterwerfen und läßt beim Einsatz im Büro wie im Selbstlernzentrum auch mal ein Release auf. Die Administration hat die Bildungrsabteilung an CDI abgegeben. Nach den überwiegend positiven Erfahrungen in der Pilotphase gibt es bereits Überlegungen, das Programmangebot des Selbstlernzentrums zu erweitern In Frage kommen Unix, DB2, Office-Vision und Windows.

(Siehe auch Seite 44).