BMW entwickelt Lernprogramm für Konstrukteure

"CBT ist nur mit original Hard- und Software sinnvoll"

25.01.1991

MÜNCHEN (hp) - Gute Lernsoftware ist rar. Deshalb entwickelte die Münchner BMW AG ihr eigenes CBT-Programm und ist mit den ersten Reaktionen der Mitarbeiter sehr zufrieden. Das Selbstlernprogramm soll aber keine Alternative zur konventionellen Schulung sein, sondern als Ergänzung dienen.

"Bei über 1000 Konstrukteuren ist der Umstellungsaufwand auf eine neue Version immens. Hier kam uns die Idee, CAD auch im Selbstlernverfahren zu schulen", erklärt Max Neumeier, Leiter des Techniktrainings bei BMW. Ziel war, das CBT-Programm in Verbindung mit der originalen Hard- und Software einzusetzen, also mit der CAD-Software "Catia" auf dem Großrechner und der IBM-Steuereinheit 5080.

Vor einigen Jahren hatte BMW mit CAD-Simulationsprogrammen auf dem PC experimentiert, die allerdings bei den Mitarbeitern auf wenig Gegenliebe stießen. "Die Konstrukteure haben sich schon mit verschiedenen Eingabegeräten zu beschäftigen. Da wollen sie nicht auch noch einen zusätzlichen Rechner auf dem Schreibtisch", meint Anton Bauer vom BMW Techniktraining.

Weniger Leerlaufzeiten

Idee bei dem CBT-Projekt war, daß jeder Mitarbeiter von seinem Arbeitsplatz aus auf das Lernprogramm zugreifen kann. BMW hofft, daß auf diese Weise gewisse Leerlaufzeiten beziehungsweise Zeiten mit niedriger Arbeitsauslastung zum Lernen genutzt werden.

Das Unternehmen zieht damit Konsequenzen aus den teilweise negativen Erfahrungen mit dem Selbstlernzentrum, das vor eineinhalb Jahren beim Control Data Institut in München speziell für BMW-Mitarbeiter eingerichtet worden war. Hier konnten die Angestellten sich in ihrer Freizeit mit Hilfe von Lernprogrammen in DV-Gebiete einarbeiten.

"CBT ist aber erst dann sinnvoll, wenn es in ein Lernkonzept eingebunden und gut betreut wird", argumentiert Neumeier. Lernprogramme sollten keine Alternative zum konventionellen Unterricht sein, sondern eine sinnvolle Ergänzung. Der Methodenwechsel wirke sich dabei positiv auf die Motivation der Mitarbeiter aus.

Fachbetreuer sollen entlastet werden

Da das CBT-Programm auch bei der Einführung von neuen Versionen eingesetzt werden soll, ergab sich hieraus die wichtigste Anforderung an die Lernsoftware: Inhalte des neuen Release sollten sich innerhalb von wenigen Wochen in das Programm einfügen lassen. BMW verspricht sich vom Einsatz der Lernhilfe auch eine Entlastung oder Fachbetreuer, die gerade bei der Einführung von Updates mit Fragen bombardiert werden.

Bei dem Projekt arbeitete der Automobilhersteller zusammen mit den Firmen IFAO in Karlsruhe und System Consult in München, die sich um die didaktische Aufbereitung, die Software-Entwicklung und jetzt auch um den Vertrieb des fertigen Produkts kümmern. In der Anfangsphase versuchte BMW, andere Unternehmen aus der Kfz-Branche zu einer Teilnahme an dem Projekt zu bewegen. Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar war, wie teuer die CBT-Initiative werde, fand sich niemand bereit. BMW war nach Projektabschluß selbst überrascht, wie niedrig die Kosten für die Software-Entwicklung waren.

Das CBT-Programm, das sich mit dem Catia-Modul "Solids" befaßt, dauert rund 20 Stunden. Die Lerninhalte sind in Lektionen unterteilt, die über ein Menü ausgewählt werden können. Sie enthalten eine Kombination von Lerntexten, Übungen und Fragen, die eine Lernkontrolle bieten sollen. Bei den Übungen verwendet der Anwender die Original-Funktionen von Catia.

Das Lernprogramm überprüft die Lösung und gibt eine entsprechende Fehlermeldung (Beispiel: Leitkreisradius falsch). Ein Abruf der richtigen Lösung ist ebenfalls möglich. Zu den Begriffserläuterungen innerhalb der Lektion kann der Anwender auch Definitionen über das Stichwortverzeichnis abrufen.

Seit einigen Wochen ist das CBT-Programm bei BMW im Einsatz. Die ersten Reaktionen der Mitarbeiter sind laut Neumeier und Bauer sehr positiv. Deshalb sollen noch andere Teile des CAD-Programms als Lernsoftware angeboten werden. In Frage kommt das Programmteil Bewegungssimulation.

Aber nicht alle Module können computerunterstützt vermittelt werden: "Nur abgeschlossene, nicht zu komplexe Themengebiete eignen sich für das computerunterstützte Training. So kommt zum Beispiel die Konstruktion von Freiformoberflächen nicht in Frage. Hier braucht man einen Trainer mit Erfahrung und Fingerspitzengefühl", meint Bauer.