Stuttgarter Messe ist immer noch eine regionale Veranstaltung

CAT '91: Die Zeit der großen Messe-Sensationen ist vorüber

31.05.1991

STUTTGART (hp) - Messebesucher müssen sich offensichtlich daran gewöhnen, daß aus den einstigen DV-Revolutionen Evolutionen geworden sind. So war auch die Stuttgarter CAT '91 für Sensationshungrige eher eine Enttäuschung. Im Mittelpunkt standen Verbesserungen im Detail, die rasant fallenden Hardwarepreise und das wachsende Interesse aus dem Osten.

Die Veranstaltung auf dem Stuttgarter Killesberg ist inzwischen zu einem Messeverbund geworden. Nachdem 1990 die "Quality" dazukam, hatte dieses Jahr "Ident/Vision" mit 150 Ausstellern ihre Premiere in der schwäbischen Hauptstadt. Trotz guter konjunkturelle Lage hat sich die Zahl der Aussteller bei CAT und Quality auf insgesamt 555 nur unwesentlich erhöht.

Die Stuttgarter Messe stand von Anfang an im Ruf, eine regionale Veranstaltung zu sein. Daran hat sich trotz der Anstrengungen der Messegesellschaft, immer mehr Veranstaltungen unter einen Hut zu bringen, bis heute wenig geändert. Die Zurückhaltung hängt sicher auch damit zusammen, daß die wichtigsten Innovationen der zum Großteil amerikanischen Unternehmen nach wie vor auf der DAC (Design Automation Conference) vorgeführt werden, die dieses Jahr in San Franzisko stattfindet.

Die meisten Aussteller zeigen sich im Gegensatz zum letzten Jahr mit dem Messegeschäft recht zufrieden. "Schlimmer als letztes Jahr, als die CAT in die Pfingstferien verlegt wurde, hätte es sowieso nicht kommen können", kommentiert Niels Göttsch, Marketingleiter bei Schlumberger Technologies.

Auf der Messe waren vielfach ostdeutsche Dialekte zu hören. Auch die Aussteller berichteten von einem wachsenden Interesse aus den neuen Bundesländern. Zu Abschlüssen kam es aber nur in Ausnahmefällen. "Die meisten ostdeutschen Betriebe müssen sich erst konsolidieren. Zudem werden zwei Drittel der Investitionsentscheidungen im Westen getroffen", erklärt Peter Dieckhöner, Leiter Marketing-Communication bei McDonnell Douglas.

Der Grafikspezialist Silicon Graphics zeigte seinen neuen RISC-Rechner, der laut Hersteller eine Performance von 286 MIPS aufweist und es auf 70 Millionen Gleitkomma-Operationen pro Sekunde bringt. Der Durchsatz der "4D/480" liegt bei 159 Spec-Marks. Damit ist der mit 40 Megahertz getaktete Rechner der leistungsfähigste der 4D/400-Familie, die auf dem Mips-Prozessor R3000A basiert. Die Serie, die mit einem symmetrischen Multiprozessoren-System arbeitet, ist wahlweise mit zwei, vier oder acht CPUs ausgestattet. Dazu bietet Silicon Graphics zwei Grafiksubsysteme an: Die"GTX"-Grafikoption mit 400 000 Vektoren/s und die "VGX"-Version mit einer Leistung von 1,2 Millionen Vektoren/s. Der Preis für das Einstiegsmodell liegt bei rund 160 000 Mark.

Auch sonst beherrschte das Thema RISC die Messediskussion. Vermißte man letztes Jahr noch Software für die RS/6000, konnte die IBM jetzt einige Lösungen zeigen. So wurde inzwischen das umfangreiche CAD-Programm Catia auf den RISC-Rechner portiert. Auch das Programm zur Prozeßüberwachung Valisys, das bisher nur unter VM und MVS lief, gibt es für die RS/6000. Ferner wurden Tdimage Version 2, NC-OPT-S, Caeds und Cat-ZV portiert.

Der rührige Grafikkarten-Hersteller Spea präsentierte den neuen Displaylist-Treiber "Big Focus" für Autocad, der auf dem Subsystem "FGA 860GX" basiert. Kernstück ist der 64-Bit-RISC-Prozessor i860 von Intel mit integrierter Floating-Point-Einheit. Ein lokaler Speicher mit bis zu 32 MB erlaubt es, komplette Zeichnungen vollständig auf dem Board zu speichern. Laut Anbieter laufen Autocad-Displaylisten mit Big Focus fünfmal schneller als mit anderen hochauflösenden Grafikkarten.

Auch bei dem wohl bekanntesten CAD-Programm auf PC-Basis, "Autocad", gab es Neuigkeiten. Die Version 11 wurde erstmals auf einer Sparcstation von Sun gezeigt. Innnerhalb der nächsten Wochen soll die englische Version auf den Markt kommen, ein deutsches Release ist in Planung. Die Windows-Freunde unter den Autocad-Anwendern müssen sich allerdings noch in Geduld üben. Die Windows-Version soll in der zweiten Hälfte 1992 fertig werden.

Gerade bei den Workstations übertreffen sich die Anbieter mit ihren Neuvorstellungen. Dem Anwender tun sie damit nicht immer einen Gefallen. Zwar werden die Rechner immer leistungsfähiger und billiger, andererseits bringt diese Politik der hektischen Entwicklung die Anwender oft in eine schwierige Lage. "Die Hardware ist nach zwei Jahren veraltet, die Software nach drei bis vier Jahren. Bis sich ein CAD-System amortisiert hat, dauert es aber sieben Jahre. Dies ist nicht gerade ermutigend" , meint Eberhard Kurz, Geschäftsführer des CIM-Technologiezentrums. Dazu komme, daß man bei einer komplexeren Anlage mit einer Einführungszeit von einem halben Jahr rechnen müsse und erst nach zwei Jahren voll arbeiten könne.

Der Preiskrieg unter den Hardwareherstellern hält unvermindert an. Besonders von der neuen, an ihrer Leisungsfähigkeit gemessen, preiswerten HP/700 fühlen sich die Anbieter unter Druck gesetzt. Aber nicht nur der Konkurrenzkampf unter den Hardware-Herstellern, sondern auch die Tatsache, daß sich im CAD-Bereich die Rechner über die Software verkaufen, läßt die Anbieter umdenken. So stellten sie auf der CAT die Programme ihrer Partnerfirmen in den Vordergrund. "Die Hardwarehersteller haben kaum eine andere Möglichkeit, als sich zu Systemanbietern zu entwickeln", meint Martin Eigner, Geschäftsführer der Eigner + Partner GmbH. +