Cash & Cary

20.07.1979

Dr. Bernd Klaiber, EDV-Chef beim Industriewerk Schäffler in Herzogenaurach, sieht sich in seiner Leasing-Entscheidung für eine 3031 indirekt bestätigt, weil er - so seine Begründung gegenüber der COMPUTERWOCHE - an die von IBM unterschwellig in Aussicht gestellte Preissenkung für diese Maschine von vornherein nicht glauben mochte. Und Otto Paul, DV-Leiter beim Deutschen Reisebüro, Frankfurt, kommentiert: "Die IBM drängt immer mehr darauf, daß alles gekauft wird."

Die jüngste IBM-Mietpreiserhöhung hat unter den Anwendern erneut Spekulationen über die Frage "Miete oder Kauf?" ausgelöst (siehe CW-Nr. 27 vom 6. Juli 1979: "IBM-Anwender reagieren auf Mieterhöhung gereizt"). Eines ist klar: Man weiß - in Abwandlung des Sokrates-Zitates -, daß man nichts weiß.

Dazu - als Hintergrund-Information - ein paar interessante Zahlen: Rund 60 Prozent ihres Gesamt-DV-Umsatzes, schätzt die International Data Corporation (IDC), hat die IBM Corp. 1978 aus Miete und Service realisiert, und nur 40 Prozent aus Computer-Verkäufen. Zum Vergleich: Beim Minicomputer-Marktleader DEC ergab sich im gleichen Zeitraum ein Verhältnis "Kauf-/Mietumsatz von 80 zu 20.

Schon diese Momentaufnahme verdeutlicht wo der (IBM-)Bartel den Most holt: bei den Mietkunden. "Das beste Geschäft mit der höchsten Profitrate", analysiert ein Branchenkenner IBM's mittel- und langfristige Ertragsplanung, "wird nach wie vor im Normalzeit-Mietvertrag abgewickelt". Hatte also die CW die Mietpreiserhöhung zu schnell als Versuch des Marktführers gewertet, seine Kunden zum Kauf zu animieren? Ja und Nein. Denn sicherlich ist zu differenzieren, ob es sich um 370- oder 303X-Kunden handelt, die jetzt Kaufüberlegungen anstellen.

Auf die 370 trifft zweifellos zu, was Walter Hinner von der Dortmunder Uhde GmbH in spontaner Reaktion auf das Pricing-Manöver gesagt hat: "IBM versucht, von den alten Kisten loszukommen."

Als Mietobjekte - und damit Einnahme-Vehikel - haben Modelle wie die 370/135 und 370/145, die seit Anfang der siebziger Jahre auf dem Markt sind, für den Vermieter IBM ihre Schuldigkeit getan, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Nun ließe sich einwenden, diese Anlagen seien unterdessen bereits zum größten Teil verkauft, also könne dies für die unterstellte IBM-Absicht nicht beweiskräftig sein, Kunden den Kauf - harmlos ausgedrückt - "nahezulegen" . Aber: Ist es von Frank T. Carys-International Business-Makers-Crew nicht um so cleverer, nunmehr auch die letzten wackligen Mietmaschinen samt Rücknahme-Risiko bei den Kunden festzumauern?

Immer vorausgesetzt, die User spielen mit, woran bei der glasklaren Logik der IBM-Argumentation nicht zu zweifeln ist. Denn: Wer zählt schon gern (noch dazu erhöhte) Mieten, bis er schwarz wird, wenn attraktive Kaufangebote locken? Anders ist die Situation bei der Serie 303X. Hier läßt sich nach der Mietpreiserhöhung auf den ersten Blick weder erkennen, wo der vermeintliche Vorteil für den Anwender liegt, noch wo im Umkehrschluß - IBM seine eigenen Interessen befriedigt. Daß IBM einen 303X-Käufermarkt will, worauf die Mieterhöhung hindeutet, ist aus naheliegendem Gründe nicht eingängig: Die Maschinen sind einfach noch nicht lange genug im Markt, als daß sie ihr Mietsoll bereits eingespielt hätten. Folge: Kann IBM eigentlich Interesse daran haben, daß die 303X-Kunden zum jetzigen Zeitpunkt ihre Normal-Mietverträge in Kaufverträge umwandeln, die zwar ,"Cash" bringen, dafür aber die Kunden aus der Verpflichtung entlassen, sofort nach der für 1980/81 erwarteten Ankündigung auf die H-Serie umzusteigen?

Bleibt zu fragen, welches Instrument hätte IBM, 303X-Anwender vom Kauf abzuhalten.

Einen Anhaltspunkt für handfeste Vermutungen liefert Klaiber, freilich ungewollt: Er hat sich vom Geschwätz um mögliche Preissenkungen bei der 303X nicht beirren lassen - und seinen Leasingvertrag festgemacht. Aber - handeln alle 303X-Anwender so?