Call-Center bemühen sich um Qualität

07.12.2005
In der Branche kursiert eine Vielzahl von Qualitätssiegeln die aber nicht ausreichend etabliert sind.
Einer nicht repräsentativen Umfrage unter 50 Anbietern zufolge beziehen zurzeit nur wenige Call-Center-Betreiber Leistungen aus dem Ausland.
Einer nicht repräsentativen Umfrage unter 50 Anbietern zufolge beziehen zurzeit nur wenige Call-Center-Betreiber Leistungen aus dem Ausland.
Das Gros der Betreiber hat seine Call-Center noch keinem offiziellen Qualitätstest unterzogen.
Das Gros der Betreiber hat seine Call-Center noch keinem offiziellen Qualitätstest unterzogen.

Die Call-Center-Branche hat einen schlechten Ruf in Deutschland. Das bereitet vor allem den externen Dienstleistern Sorge. Branchenvertreter versuchen regelmäßig abzuwiegeln, indem sie auf wenige schwarze Schafe verweisen, die dem Image eines boomenden Wirtschaftszweiges durch Kaltakquise schaden, also Kunden unaufgefordert anrufen. Schuld sei zudem die selektive Wahrnehmung der Kunden, die vor allem die wenigen schlechten statt die vielen guten Erfahrungen in ihr Urteil einfließen ließen.

Neues Siegel vom Verband

Um Transparenz besorgt, fördern Interessenverbände der Call-Center-Branche seit geraumer Zeit die Zertfizierung der Anrufzentralen. So hat etwa das Call Center Forum e.V. (CCF) zusammen mit dem Deutschen Direktmarketing-Verband das Zertifikat Total Quality Excellence (TQE) entwickelt, das allerdings laut einer nicht repräsentativen Studie der Christoph Busch Unternehmensberatung (CBU) unter 69 deutschen Call-Centern überhaupt nicht zur Anwendung kommt. Dennoch zeigt sich CCF-Präsident Manfred Stockmann zuversichtlich, das Gütesiegel etablieren zu können, denn TQE prüfe sowohl die Qualität des Anbieters als auch die der einzelnen Agenten. Und das, so der Manager, sei einzigartig: "TQE verzahnt die Unternehmens- und Personenzertifikate. Durch die Einbindung in den internationalen Dachverband ECCCO (European Confederation of Contact Centre Organizations) besteht auch eine gute Chance, diese hoch entwickelten Zertifikate mittelfristig europaweit zu etablieren."

Das ist ein frommer Wunsch, denn derzeit gibt es eine Vielzahl von Zertifkaten, die eher verwirren als aufklären. So versucht die Christoph Busch Unternehmensberatung unter Mithilfe von Partnern sowie der TÜV Rheinland Group den eigenen Qualitätsstandard "QualityMaster:Communication Center" (QMCC) zu etablieren. Weitere in der Branche angewandte Qualitätsmerkmale sind COPC (Customer Operations Performance Center), ABBC Qualitätssiegel (Arbeitsgemeinschaft Berliner und Brandenburger Call Center) sowie DIN EN ISO 9001:2000. Angesichts dieser Vielzahl drohen die einzelnen Gütesiegel an Wert zu verlieren, zumindest was die Außendarstellung betrifft.

Unter den Call-Center-Betreibern erfüllen Zertifikate die Aufgabe interner Qualitätskontrollen und -verbesserungen: "Ein externer, unabhängiger Auditor prüft, ob das implementierte Qualitäts-Management-System tatsächlich so funktioniert, wie es vom Betreiber beschrieben wurde", erläutert etwa Unternehmensberater Busch. "Innerhalb eines Zyklus von beispielsweise einem Jahr muss ein Wiederholungs-Audit nachweisen, dass das Qualitäts-Management immer noch funktioniert."

Auch in anderer Hinsicht bemühen sich die Betreiber, den Kundenanforderungen besser gerecht zu werden. So hat eine Erhebung der Marktforscher von Business Insights ergeben, dass die durchschnittliche Größe der Call-Center in den Jahren 2005 bis 2008 abnehmen wird. "Der Trend ist nachvollziehbar, da viele Kunden besonders aus dem Mittelstand sich mit ihren Anforderungen bei den großen Betreibern nicht wohl fühlen", erläutert Stockmann. Unterstützt wird dieser Trend durch neue technische Möglichkeiten. So können heute auch kleine und mittlere Call-Center auf softwarebasierende Lösungen und Mietangebote zurückgreifen und sich teure Hardware-Investitionen sparen.

Kaum Interesse am Nearshoring

Das Near- und Offshoring hat sich dagegen im deutschen Call-Center-Markt bislang noch nicht durchgesetzt (siehe Grafik "Verlagern Sie Call-Center-Aktivitäten ins Ausland"). Das belegt wiederum eine nicht repräsentative und von CBU betriebene Umfrage unter 50 Call-Center-Betreibern, die jedoch einen klaren Trend erkennen lässt: Off- und Nearshore ist derzeit nicht von Interesse. Verbands-Manager Stockmann erwartet jedoch eine Kehrtwende: "Das kann sich in den nächsten Jahren sprunghaft ändern. Die Gefahr besteht darin, dass Verlagerungsentscheidungen lediglich mit Blick auf mögliche Kosteneinsparungen getroffen, oder Standortfaktoren nicht auf ihr mittel- und langfristiges Potenzial geprüft werden", warnt er. Besser sei es, Kapazitäten in in- und ausländischen Standorten zu kombinieren. So könnten Betreiber gute Qualität zu günstigeren Preisen liefern.