Nach langer Zusammenarbeit nun Joint-venture gegründet

CAD/CAM-Paket von CDC und VW soll Kfz-Industrie erobern

23.11.1990

MÜNCHEN (bk) - Die Control Data Corp. (CDC), Minneapolis, läßt sich bei ihrem technisch-wissenschaftlichen Engagement nun von VW unterstützen. Das gemeinsam gegründete CAD/CAM Entwicklungsunternehmen Icem Systems soll im Automobil- und Maschinenbaumarkt für Furore sorgen,

Control Data und die Wolfsburger Volkswagen AG können bereits auf eine zehnjährige Zusammenarbeit im CAD/CAM-Bereich zurückblicken. Den Grundstock dafür legten beide Unternehmen 1980, als sich VW erstmalig für CAD/CAM-Lösungen von CDC entschied. Sechs Jahre später beschloß der Automobilkonzern, fortan ausschließlich die weiterentwickelte "lcem" -(Integrated Computer Aided Engineering and Manufacturing) Software in der Forschung und Entwicklung einzusetzen und wurde so zu einem der wichtigsten Kunden von CDC in diesem Bereich.

Diese langjährige Verbindung mündet nun in der Gründung einer gemeinsamen CAD/ CAM-Entwicklungsgesellschaft, der Icem Systems GmbH in Hannover (siehe auch CW Nr. 46 vom 16. November 1990, Seite 6). Das neue Unternehmen, an dem die Control Data GmbH, Frankfurt, und Volkswagen über die VW-Gedas Projektmanagement oHG, Berlin, je zur Hälfte beteiligt sind, nimmt seine Tätigkeit am 1. Dezember 1990 mit 65 Mitarbeitern auf. Geschäftsführer wird CDC-Manager Klaus Oelmann sein, Entwicklungschef Thomas Weißbarth, ebenfalls bislang in Diensten des Computerproduzenten. Noch nicht benannt sind die Verantwortlichen für Finanzen und Organisation sowie für das Produkt-Management, die der Volkswagen-Konzern stellt.

Die Hannoveraner Entwicklungstochter wird in den USA gleich über eine Niederlassung verfügen. Auch die Icem Systems Inc., Minneapolis, legt zum 1. Dezember 1990 los; sie beschäftigt zunächst 35 Mitarbeiter. Dieter Porzel, Geschäftsführer der Frankfurter Control Data GmbH, erklärte dazu: "Während wir in Europa der fünftgrößte CAD/CAM-Anbieter sind (nach IBM, Prime, HP sowie DEC) und in Deutschland gar an vierter Stelle stehen, besteht für uns in den USA noch ein großer Aufholbedarf." Außerdem spreche für die US-Niederlassung die Nähe zum Silicon Valley.

Die Ziele, die Porzel wie Hagen Hultzsch, der gesamtverantwortliche Bereichsleiter Führungsorganisation und Informationssysteme des VW-Konzerns, mit der neuen Gesellschaft verfolgen, sind anspruchsvoll. Reduktion der Produktentwicklungszeiten und Qualitätsverbesserung sind nur die eine Seite. "lcem soll die Nummer eins werden bei den CAD/CAM-Lösungen für die Automobilindustrie und den Maschinenbau - und dies nicht nur im Bereich Produktentwicklung, sondern im Rahmen der gesamten Prozeßkette bis hin zum Werkzeugbau", verkündet Hultzsch. Zwar werde das Paket auf VW-Bedürfnisse zugeschnitten sein - man bringe schließlich das gesamte Anwendungs-Know-how mit ein -, aber man gehe davon aus, daß der eine oder andere Lösungsaspekt auch bei anderen Automobilherstellern auf Interesse stoße.

Zumindest für Control Data spielen indes nicht nur Synergieeffekte eine maßgebliche Rolle bei diesem Entwicklungs-Joint-venture. Ausschlaggebend waren wohl auch finanzielle Gründe - denn Eigenentwicklung ist teuer, zumal der amerikanische Mainframe-Hersteller nach einer gewaltigen Abmagerungskur im vergangenen Jahr gerade erst auf dem Weg der Gesundung ist. So bestätigte Porzel denn auch: "Im Entwicklungsbereich sind finanziell starke Partner wichtig. Control Data ist nicht in der Lage, alles selbst zu machen." Mit VW habe man einen solchen Partner gefunden. Der Automobilhersteller bringe nicht nur umfangreiches Praxis-Know-how mit, sondern habe auch das "Standing", für langfristige Strategien.