Verkauft Big Blue sein Global Network?

Cable & Wireless plant Netzauslagerung an IBM

11.09.1998

Die Ankündigung des Mega-Outsourcing-Geschäfts platzt mitten in die Spekulationen um Big Blues Verkauf seines eigenen Global Network. Vor einigen Wochen machten bereits Gerüchte um einen möglichen Deal zwischen C&W und IBM die Runde (siehe CW 34/98, Seite 25), der Abschluß kam daher nicht überraschend. Der Pflege eines eigenen Netzes scheint Big Blue das Betreuen fremder IT-Installationen vorzuziehen.

Gemäß dem Vertrag wechseln 1000 Mitarbeiter des britischen TK-Unternehmens zur Global-Services-Division von Big Blue, die zudem um bis zu 400 weitere Fachkräfte aufgestockt werden soll. Dieses Team wird unter anderem für die Bereiche Kundendienst und Rechnungsstel-lung von C&W verantwortlich zeichnen. Speziell für diese Aufgaben plant IBM in England ein internationales Kundendienstzentrum.

Um die Bereiche IT-Strategie und Sicherheit sowie das unternehmensinterne Netz will sich der britische TK-Konzern auch in Zukunft selbst kümmern. Wesentlicher Vorteil des Outsourcing-Vertrages ist C&W-Chef Graham Wallace zufolge die in diesem Zusammenhang oft genannte Möglichkeit, sich besser auf das Kerngeschäft konzentrieren zu können. Außerdem erlaube es die Kooperation, schneller auf die Bedürfnisse des Marktes zu reagieren.

Aus IBM-Sicht bedeutet der Deal eine Forcierung seines ohnehin schon umfangreichen Servicegeschäftes. Der weltweit größte IT-Dienstleister steht derzeit dem Vernehmen nach zudem in Verhandlungen über ähnlich langfristig laufende Verträge mit dem amerikanischen TK-Anbieter AT&T sowie dem US-Bundesstaat Connecticut. Möglicherweise wird sich die Company in Zukunft noch stärker als bisher um die IT-Infrastruktur anderer Unternehmen kümmern. Der geplante Verkauf von IBMs "Global Network" gibt in diese Richtung zielenden Spekulationen einige Nahrung.

Big Blue läßt derzeit Geschäftskunden in rund 100 Ländern via Wählzugang oder Mietleitung die eigene Infrastruktur nutzen, um verschiedene Standorte miteinander zu verbinden. Außerdem bietet das Unternehmen Endkunden in 53 Ländern über das Global Network Einwahlmöglichkeiten ins Internet an. Unternehmensnahe Quellen berichteten nun, die Company wolle sich von dem Netz trennen, um 200 Millionen Dollar einzusparen, die dessen Unterhalt jährlich koste.

Gegenüber der COMPUTERWOCHE hielten sich führende IBM-Mitarbeiter in dieser Hinsicht bedeckt. Es hieß, man wolle "Gerüchte und Spekulationen" um den Verkauf des Global Network nicht kommentieren. Allerdings stritt Frank Kern, General Manager Professional Services bei IBM, nicht grundsätzlich ab, daß seine Company das Netz abstoßen will.

Wie das "Wall Street Journal" berichtete, hat der Armonker IT-Riese Merrill Lynch & Co. mit der Versteigerung des Netzes beauftragt. Als potentielle Käufer werden in Branchenkreisen unter anderem die TK-Carrier AT&T und British Telecom (BT) gehandelt. Der Wert des Global Network wird auf etwa drei bis vier Milliarden Dollar geschätzt.