Neuer Deutschland-Chef dementiert Spekulationen um einen Rueckzug

Cable & Wireless meldet sich im europaweiten Networking zurueck

19.02.1993

Anfang November vergangenen Jahres kam es bei Kunden und Branchen-Insidern zu Verunsicherung, als durch eine Reihe von der deutschen Cable & Wireless-Tochter bestaetigten Pressemeldungen publik wurde, dass sich C&W aus dem europaweiten Networking- Business verabschieden wolle und allein in Frankfurt 50 Arbeitsplaetze zur Disposition stuenden. Die Verwirrung war um so groesser, da die Briten erst im Fruehjahr 1992 mit grossem PR-Rummel speziell fuer den deutschen Markt eine Dienstleistungs-Offensive angekuendigt hatten.

Mit Facilities Management, dem weltweiten Fax-Service "Surefax", wollte die deutsche Tochter des Londoner Carriers auf Kundenfang gehen. Unter Facilities Management verstehen die Frankfurter die Abwicklung von TK-Dienstleistungen fuer Grossunternehmen durch interne und externe Knotenpunkte unter Bereitstellung der Hard- und Software sowie des Bedienungspersonals.

Die britische Mutter, in Deutschland bis dato eher unbekannt, ist 100prozentiger Anteilseigner der Mercury Communications Ltd., die als erster privater Anbieter neben der halbstaatlichen British Telecom in Grossbritannien zugelassen wurde. Die britischen Netzspezialisten sind in ueber 50 Laendern taetig und treten in 35 Staaten als Netzbetreiber auf. Schwerpunkt des Geschaefts sind neben Grossbritannien die Maerkte in den USA und Fernost.

Paradepferd der Londoner und Basis fuer die weltweiten Dienste ist der "Global Digital Highway", ein auf Glasfaser-Technologie basierendes Breitband-Kabelsystem, das Uebertragungsraten von 420 Mbit/s erlaubt.

Der C&W-Konzern, der in Deutschland sieben Zugangsknoten unterhaelt, hatte 1990 im Zuge der angekuendigten Liberalisierung der europaeischen TK-Maerkte und dem lockenden Geschaeft mit Facilities Management mit der Einrichtung eines Netzwerk- Management-Centers in Frankfurt geliebaeugelt. "Damit wollte der Konzern ein Zeichen setzen, dass wir die angekuendigte Liberalisierung

ernst nehmen", erklaerte Koch zu den damaligen Plaenen seiner Company.

Den Ende 1992 im Zuge einer ploetzlichen Kurskorrektur beschlossenen Verzicht auf das Frankfurter Zentrum begruendet der neue Deutschland-Chef mit einem in England bereits vorhandenen Management-Center. Durch eine Umleitung des europaeischen Datenverkehrs auf den Londoner Knoten habe man "sich mehr Effizienz" versprochen.

Geruechte, wonach das Begraben der urspruenglichen Deutschland- Plaene im Zusammenhang mit der Ernennung eines neuen Managements stuenden, wollte Koch indes nicht bestaetigen. Insider vermuten, dass die Chefetage in London das Frankfurter Management-Center, fuer das bereits das Budget bewilligt war, kippte, weil die Rechtslage in Deutschland zu unklar erschien und die deutsche Tochter zu wenige sichere Kunden aufwies. In diese Richtung gehende Spekulationen wies Koch entschieden zurueck, raeumte aber ein, dass man "an der Konzernspitze wohl die Liberalisierungsgeschwindigkeit falsch eingeschaetzt hat". Trotzdem koenne, so Koch, von einem Rueckzug aus Deutschland keine Rede sein: "Wir bleiben hier und behalten alle unsere Dienstleistungen bei."

Der einzige, der sich nach dem Verwirrspiel der letzten Monate zurueckzog, war Kochs Vorgaenger Wolfgang Rucker. Geruechten, dessen Abgang stehe im Zusammenhang mit den widerspruechlichen und mit dem Headquarter in London nicht abgestimmten Presseverlautbarungen, widerspricht Koch ebenfalls. Er vermutet eher, "dass Rucker mit dem gescheiterten Rechenzentrum das deutsche Boot zu klein wurde".

Unabhaengig davon werden deutsche Kunden nun kuenftig den Support ueber eine 0130-Nummer vom britischen Netzzentrum aus erhalten. Deshalb, so war unter der Hand zu erfahren, muessten auch die britischen Kollegen, die in Frankfurt eingesetzt wurden, wieder nach England zurueckgehen. Von Entlassungen sei also keine Rede.

Zur Bekraeftigung des weiteren Engagements fuehrte Koch darueber hinaus die geplante Einrichtung von sieben neuen europaeischen Knoten an. Weitere Neuerung im Europa-Geschaeft: Der "European Director" von C&W berichtet nun direkt an den "Managing Director" von Mercury, womit man, so Koch, "wieder ein Stueck naeher am Business ist". Fuer die Zukunft planen die Briten zudem eine Verbindung nach Moskau.

Bei all den neuen Aktivitaeten machte der deutsche C&W- Repraesentant jedoch eine Einschraenkung: "Wir wollen nicht mehr jedes Geschaeft haben", lautet die neue Devise. In der ersten Phase habe man auch im nationalen Bereich als Carrier auftreten wollen. Diese Absicht habe die Gruppe nun aufgegeben und lege "den Fokus nun auf das internationale Geschaeft". USA, England und der asiatische Raum, seien weiterhin die drei Hauptschwerpunkte des C&W-Geschaeftes.