PC-Software erhält eine Sonderrolle

CA: Neue Firmenstruktur soll den Support verbessern

05.06.1992

DARMSTADT (gfh) - Die Computer Associates International Inc. (CA), Islandia, New York, hat Verkauf und Service voneinander getrennt. Mit dieser Umstrukturierung reagiert der Softwarekonzern vor allem auf die Unzufriedenheit der Kunden. Das Unternehmen sucht aber auch neue Märkte. Angesichts des stagnierenden Großrechner-Geschäfts wurde der Mikrocomputer Division eine Sonderrolle eingeräumt.

"Bei mehr als 300 Produkten war es kein Wunder, daß die Kunden bei unseren Sales-Managern kein ausreichendes Fachverständnis mehr fanden", spielt Charles Wang, CA-Gründer und CEO, den Grund für die weltweite Umstrukturierung herunter, die seit, dem 1. April 1992 gilt. Deutlicher spiegelt eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Meta Group die Verärgerung der CA-Kunden wider. Von mehr als 100 Firmen aus der Gruppe der "Fortune 500" äußerte eine "überwältigende Mehrheit" der Befragten einen "hohen Grad an Unzufriedenheit" mit CA (vgl. CW Nr. 11 vom 13. März 1992, Seite 4: "Kritik der CA-Anwender wächst immer mehr suchen Alternativen").

Eine Verbesserung des Supports soll nun die düpierten Kunden besänftigen. Zu diesem Zweck wurde neben dem Salesein aus zwei Abteilungen bestehender Servicebereich gegründet. Hier sollen die Anwender sowohl für die Software-Installation als auch bei Problemen anderer Art Ansprechpartner finden. Bei tiefergehenden Schwierigkeiten wird dann der zuständige Fachmann aus der Sales-Truppe vermittelt, dessen Dienstleistungen nun aber vom Servicebereich aus koordiniert und auch kontrolliert werden (siehe Abbildung).

Um den Bauchladen von etwa 300 Softwarepaketen in den Griff zu bekommen, wurde der Sales-Bereich in Produktgruppen gegliedert, in denen sich unter der Leitung von "Product-Owners" technisches Know-how konzentrieren soll. Die Möglichkeit einer Reduzierung der Softwarepalette weist CA-Chef Wang entrüstet zurück.- "Wir lassen keinen Kunden im Regen stehen."

Diese Aussage ist, so Wang, kein leeres Versprechen, sondern pure Notwendigkeit für ein Unternehmen wie CA, das vor allem durch Akquisition wächst. "Für die Kunden, die sich auf ein bestimmtes Produkt festgelegt haben, ist das eine Glaubensfrage, eine Religion", erläutert Wang. "Unsere Aufgabe ist es nicht, die unterschiedlichen Religionen zu mögen. Wir bieten ihnen statt dessen eine gemeinsame Kirche."

Für den Support bedeute dies, daß Produkte, die sich beim Kunden bewährt haben, weiterzuentwickeln sind. Darüber hinaus werde ein zusätzliches Feature nicht nur für ein Produkt angeboten, sondern für eine möglichst breite Palette. Auf diese Weise ließen sich die verschiedenen Softwarepakete gleichzeitig modernisieren und schrittweise integrieren. Der Anwender bemerke davon lediglich, daß seine ihm vertraute Anwendung zusätzliche Eigenschaften aufweise.

Um diese Aufgabe technisch zu lösen, hat der Softwarekonzern unter dem Schlagwort CA 90s ein Architekturkonzept entwickelt, mit dem sich die für einen Rechnertyp hergestellten Lösungen auf andere Systeme übertragen lassen.

Die Sonderrolle der PC-Software

Die neue Unternehmensstruktur gilt weltweit und wird auf die regionalen CA-Töchter übertragen - mit einer Ausnahme: Die Micro Products Division für ganz Europa untersteht seit dem 1. April dem französischen CA-Manager Guy Porré. Unterstrichen wird diese Sonderstellung zusätzlich dadurch, daß der Manager mit einem Marketing-Budget von 15 Millionen Dollar ausgestattet ist. In den USA wurde nach Aussagen von CAs Senior Vice-President Sanjay Kumar die Mannschaft für Mikrocomputer-Produkte verdreifacht.

Grund für diese Marketing-Offensive ist der bisher nur spärliche Erfolg in diesem Bereich. Die Produkte des Unternehmens sind am Markt kaum bekannt, so daß US-Analysten den PC-Anteil am CA-Geschäft auf etwa fünf Prozent schätzen. CA-Chef Wang nennt mit zehn Prozent allerdings einen doppelt so hohen Anteil. Nach der eben bekanntgewordenen Umsatzzahl von 469,8 Millionen Dollar für das im März abgeschlossene Geschäftsjahr 1992 ergäbe das immerhin einen Wert von knapp 47 Millionen Dollar.

Trotz kontinuierlicher Akquisitionstätigkeit im PC-Bereich hat CA mit dem Clipper-Hersteller Nantucket erstmals ein Unternehmen erstanden, das sich großer Bekanntheit erfreut. Die Hoffnungen von CA stützen sich aber nicht nur auf den Werbeeffekt. Die Programmiersprache Dbase, auf der die Entwicklungsumgebung Clipper beruht, gilt als Standard für die kommerzielle Software-Erstellung im Desktop-Bereich und verspricht daher ein großes Inter esse bei den Kunden. Außer. dem arbeitet Nantucket unter dem Decknamen Aspen seit einiger Zeit an einer vielversprechenden objektorientierten Variante des Produkts.

Unklar bleibt allerdings, ob Dbase die Position als Standard-Programmiersprache auf Dauer halten kann. Mit der wachsenden Marktbedeutung von Unix auf PCs, aber auch mit der langsam zunehmenden Verbreitung von OS/2 gewinnt die Datenbanksprache SQL an Bedeutung. Auf diesen beiden Betriebssystemen und in steigendem Maße auch unter das ist diese relationale Sprache obligatorisch.

Auf dem Weg in Richtung Unix

So offensichtlich sich Computer Associates um den PC-Bereich bemüht, so wenig merken die Kunden bisher von einem Engagement am boomenden Unix-Markt. Erste Schritte sind jedoch inzwischen getan. Im Rahmen einer Kooperation mit Hewlett-Packard bietet das Unternehmen jetzt unter der Bezeichnung "Unicenter" eine integrierte Software zur Verwaltung von Unix-Betriebssystem-Umgebungen.

Mit dieser ausschließlich unter dem HP-UX-Derivat laufenden Produkt zielt CA vor allem auf Mainframe-Anwender. Diese Kundengruppe schreckte bisher die mangelhaften Möglichkeiten des System-Managements vom Einstieg in die Unix-Welt ab.

Das jetzt auf den Markt gekommene CA-Produkt kommt ihren Sicherheitsbedürfnissen entgegen. Weitere Schritte in Richtung offene Systeme sind nach Auskunft von Charles Wang derzeit nicht geplant.