Butler Bloor vergleicht 23 Werkzeuge Die ganze CASE-Branche leidet unter Big Blues Repository-Flop

18.03.1994

MUENCHEN (CW) - Die CASE-Anbieter stecken in einer Krise, die nach Ansicht der Analysten von Butler Bloor wesentlich durch das Scheitern von IBMs Repository-Konzept verursacht wurde. Auftrieb erhofft sich die Branche jetzt von Produkten, die sich fuer Client- Server-Computing und die Anwendungsentwicklung in verteilten DV- Umgebungen eignen.

Der Markt fuer CASE-Produkte ist kaum gewachsen, seit er 1990 von der Butler Bloor Ltd., Bletchley, auf etwa 650 Millionen bis 800 Millionen Dollar geschaetzt wurde. Selbst erfolgreiche Anbieter konnten seither kaum mehr als zehn Prozent Umsatzzuwachs verbuchen.

Grund fuer diese Schwierigkeiten ist unter anderem die lange Dauer der Einfuehrung sowie der hohe Aufwand an Mitarbeiterschulung. Nachteilig haben sich auch ueberzogene Marketing-Versprechen ausgewirkt. So wurde CASE als Moeglichkeit angepriesen, die Anwendungsentwicklung zu beschleunigen. Die Benutzer haben aber schnell festgestellt, dass hierfuer andere Werkzeuge weit besser geeignet sind.

Den haertesten Schlag versetzte allerdings die IBM der Branche. Big Blue hatte sich 1989 vorgenommen, eine als Repository bezeichnete Metadatenbank zu entwickeln, mit deren Hilfe die Grossanwender saemtliche Entwicklungstaetigkeiten unter einem CASE-Konzept zusammenfassen sollten.

Doch die IBM konnte die geweckten Hoffnungen nicht erfuellen. Der "Repository Manager for MVS" scheiterte, und alle CASE-Anbieter, die sich an diesem Produkt orientiert hatten, gerieten in Schwierigkeiten. Es folgte eine Phase der Neuorientierung, die laut Butler Bloor bis heute von folgenden Entwicklungstrends gekennzeichnet ist:

- Optimierung der Repository-Techniken,

- Suche nach besonders schnellen Entwicklungsverfahren (Rapid Application Developement = RAD),

- Portablilitaet und Interoperabilitaet sowie

- die Einbindung objektorientierter Techniken.

Bei der Untersuchung von 23 Produkten haben die Marktforscher herausgefunden, dass Portabilitaet und Interoperabilitaet im Kielwasser der Client-Server-Diskussion zu einem allgemeinen Trend geworden sind. Auch haben sich alle Hersteller um eine Steigerung der Produktivitaet ihrer Werkzeuge bemueht, auch wenn die Unterstuetzung von RAD noch die Ausnahme ist.

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal fuer Kunden ist der unterschiedliche Funktionsumfang der angebotenen Repositories.

Noch schwerer tun sich die Anbieter aber offenbar mit der Integration von Objekttechniken. Auch wenn es hier inzwischen einige Spezialisten gibt wie Ipsys Software, Newbury, Massachusetts, mit "Intelligent OOA" und die Protosoft Inc., Houston, Texas, mit "Paradigm Plus".

Hitliste der CASE-Werkzeuge

Insgesamt kommen die Analysten zu dem Ergebnis, dass die Mainframe- Werkzeuge alle eine recht vollstaendige Entwicklungsumgebung bieten. Ein Extralob hat sich das "Bachman"-Tool vom gleichnamigen Hersteller aufgrund seines Funktionsumfangs und seiner Flexibilitaet verdient. Am produktivsten ist allerdings "IEF" von Texas Instruments. Die besten Moeglichkeiten fuer die PC-Integration schreibt Butler Bloor "Systems Engineer" von der LBMS Inc., Houston, Texas, zu.

Den umkaempften Repository-Bereich dominiert "Maestro II" von Softlab. Bei diesem Produkt hebt die Studie zudem hervor, dass die Unterstuetzung von Teamarbeit nahezu die Qualitaet eines Workflow- Systems fuer die Software-Entwicklung erreiche.

In der Kategorie fuer Unix- und Midrange-Umgebungen haben aufgrund der RAD-Unterstuetzung "Corvision" von der Cortex Corp., Waltham, Massachusetts, und "Top-Windows/Top-CASE" von Topsystems aus dem hollaendischen Naarden besonders gut abgeschnitten. Was die Funktionalitaet betrifft, werden die beiden Produkte allerdings von "Oracle CASE" uebertroffen. Als Unix-Spezialprodukte mit objektorientierten Features lobt die Studie "Software through Pictures" von Interactive Development Environments (IDE), San Franzisko, und "Teamwork" von Cadre.

Die Methode

Die Informationen ueber Produktfunktionen stammen vom Hersteller, die Bewertungen beruhen auf Anwenderangaben. Butler Bloor hat festgelegt, dass folgende Bereiche bewertet werden sollen:

- CASE-Funktionalitaet,

- Abdeckung des Life-Cycles,

- Konfigurations- und Prozess-Management,

- Repository-Faehigkeiten,

- Reverse Engineering,

- Systemgenerierung,

- Client-Server-Faehigkeit und

- Entwicklungsgeschwindigkeit.