Mainframes und Mikros können sich gegenseitig ergänzen:

Business Graphic ist keine Insellösung mehr

13.12.1985

KÖRDORF - Die Computergrafik als ergonomisches Informationsmedium ist in den Unternehmen mittlerweile breit gestreut. Mit dazu beigetragen haben in erster Linie einfach zu handhabende Benutzeroberflächen und die sich verstärkt abzeichnende Möglichkeit, im Bereich der Geschäftsgrafik einen Mikro-Mainframe-Link zu realisieren.

Wer die Entwicklung der Computergrafik in den letzten fünf Jahren verfolgt hat, dem sind die Forderungen der Anwender bekannt: Eine Grafik-Norm müsse verabschiedet werden, die Verträglichkeit von Rechnern, Software und grafischer Peripherie sei herzustellen, einfach zu handhabende Benutzeroberflächen sowie durchgängig vom Mikro bis zum Mainframe einsetzbare Software mit Durchgriff auf Host-Daten seien zu schaffen, Peripheriegeräte müßten funktionaler und vor allem preisgünstiger werden und schließlich, die Schaubilder sollten eine "druckreife" Qualität aufweisen. Heute gehören diese Eigenschaften zum Stand der Technik, wenn man alle Komponenten grafikfähiger Systeme als Einheit betrachtet.

Das grafische Kernsystem (GKS Level 2) ist anerkannter Standard und eine wichtige Arbeitshilfe für den Entwickler von (in Grenzen) portierungsfähigen Grafik-Anwendungen.

Denn mehrdimensionale Probleme beim Zusammenspiel verschiedenster Rechner mit den inzwischen vorhandenen Hunderten von Peripheriegeräten unterschiedlicher Funktionalität kann es naturgemäß nicht lösen. Hier springen die Software-Pakete der führenden Grafik-Anbieter ein, die in Versionen für alle gängigen Betriebssysteme für 32-Bit-Rechner, Minicomputer ebenso wie Großrechner, angeboten werden. Sie enthalten auch die Treiber für die immer zahlreicher werdenden Drucker, Plotter, Sichtgeräte und Belichtungseinheiten. Eine der Aufgaben aus der täglichen Praxis, die zu erheblichem Mehraufwand führen kann, ist, was die Amerikaner als "Nutzung der Geräte-lntelligenz" bezeichnen.

Unabhängigkeit durch fortschrittliche Software

Jeder Pefipherie-Lieferant versucht, sein Gerät mit einer besonders nützlichen hardwaremäßigen Funktionalität für die effiziente Ein- und Ausgabe grafischer Informationen auszustatten. So sehr das zu begrüßen ist, es wirft immer dann Probleme auf, wenn eine Grafik zunächst für die Ausgabe auf Papier entworfen wurde und dann doch auf ein Dia ausgegeben werden und aufgrund des Mediums anders aussehen muß. Bei fortschrittlichen Software-Systemen ist auch diese Spielart von Geräteunabhängigkeit realisiert.

Neue Benutzeroberflächen schaffen Akzeptanz

War es zunächst der Programmierer, der die grafischen Wünsche der eigentlichen Benutzer umsetzte, so sind es heute immer mehr die Grafik-Abnehmer selbst, die Schaubilder gestalten, verändern und aktualisieren. Im Bereich der frei gestaltbaren Grafiken unterstützen Menüsteuerung und Befehle in natürlicher Sprache den Programmier-Unkundigen dabei, seine Wunschgrafik zu erstellen. Er muß natürlich gelernt haben, wie er das Terminal zu bedienen hat und sollte sich in grafischen Gestaltungsfragen auskennen.

Für den Benutzer, der regelmäßig - etwa im Zusammenhang mit dem betrieblichen Berichtswesen - Schaubilder zu aktualisieren hat und sich nicht mit Gestaltungsfragen beschäftigen will, haben sich als Benutzeroberfläche die sogenannten grafischen Musterbücher durchgesetzt. Der Benutzer kann inzwischen aus Hunderten von vorkonfektionierten Grafiken diejenige auswählen, die der Betriebspraxis oder seinem Geschmack am ehesten entspricht, und seine Daten von Hand eingeben oder aus Datenbeständen einspielen.

Besondere Mühe hat sich ein Software-Anbieter gegeben, den Führungskräften die Schaubilder nicht nur schmackhaft, sondern auch verfügbar zu machen. Sein Paket bietet die Möglichkeit, Charts gemäß den Informationswünschen des Managements aufzubauen, sie intelligent in der Art eines Btx-Suchbaums miteinander zu verknüpfen und anhand der Verarbeitungsergebnisse der klassischen DV-Anwendungen periodisch, also meist abends nach Ende der Online-Anwendungen, auf den neuesten Stand zu bringen. Der Suchbaum ist das Rückgrat eines Grafik-Bibliotheksverwaltungs-Systems und hierarchisch strukturiert. Ganz oben steht "der Blick aufs Ganze" mit der simplen Möglichkeit des Weiterblätterns zu jeder gewünschten detaillierten Informationsstufe. Dieses Informationsangebot bedeutet für die Führungskraft ein absolutes Bedienungsminimum am Terminal. Erste Anwendererfahrungen zeigen, daß mit dieser Technik die vielzitierte Hemmschwelle erheblich herabgesetzt wird.

Mikros werden miteingebunden

Die nicht immer friedliche Koexistenz von Mikros und Großrechnern sowie die häufig überzogenen Versprechen zum Mikro-Mainframe-Link haben auch in Sachen Grafik zu heißen Debatten geführt. Hieß es zunächst, die Geschäftsgrafiken könnten genausogut auf dem Mikro erstellt werden, wurde bald klar, daß ein durchgängiger grafischer Informationsfluß mit dem PC alleine nicht zu realisieren ist. Inzwischen gibt es Beispiele, wie Mikros in verteilten Datenverarbeitungs-Installationen als Ersatz für passive Terminals auch in der Grafik recht wirkungsvoll eingesetzt werden können. Mit entsprechendem Software-Interface werden sie zu intelligenten grafischen Geräten und können auf die professionelle Grafik-Software im Host zugreifen oder Tabellenkalkulation auf dem Host mit grafischer Umsetzung durchführen. Daneben bleiben ihre lokalen Werkzeuge erhalten, so daß die Ergebnisse lokaler und zentraler Kalkulationen ausgetauscht werden können.

Grafik ist kein Selbstzweck

Eigentlich gibt es keine Computer-Anwendung, der nicht die bildhafte Umsetzung ihrer Verarbeitungsergebnisse gut zu Gesicht stünde. Übersichtliche Schaubilder statt trauriger Zahlenfriedhöfe schaffen einfach die besseren Informationsbeziehungen und häufig erst eine gemeinsame Verständnisbasis zur Kommunikation über Sachprobleme.

Die ersten Grafik-Anwendungen waren Insellösungen überwiegend in technischen Unternehmensbereichen. Grafisch aufbereitete Testreihen und Simulationsergebnisse erläuterten auch technisch weniger vorgebildeten Vorgesetzten und Kollegen, warum Produkte verändert, verbessert oder gar eingestellt werden sollten. Die Fortschritte der

Hardware- und Software-Technologien haben bewirkt, daß die Hauptanwendungsbereiche der Computer-Grafik - sieht man von CAD/CAM/CAE-Applikationen ab - schon heute in den kaufmännischen Unternehmensbereichen zu finden sind.

Die Projektplanung ist ein neuer Einsatzbereich

Für die Unternehmensleitung und die Abteilungsleiter, etwa Marketing, Vertrieb, Finanzen und Fertigung, werden betriebswirtschaftlich abgesicherte Kennzahlensysteme genutzt, um die relevanten Werte aus den Datenbeständen zu extrahieren, Perioden- und Soll/Ist-Vergleiche durchzuführen und die Ergebnisse auf Schaubildern zu visualisieren. In einigen Fällen sind unternehmensumfassende Führungsinformations-Systeme entstanden, die auch die Effizienz des gesamten Berichtswesens regelrecht revolutioniert haben.

Ein relativ neuer Einsatzbereich der Computer-Grafik ist die komplexe Welt der Projektplanung und -überwachung. Arteten in der Vergangenheit Seminare zu diesem Thema häufig zum Expertenstreit aus, so wurden in jüngster Zeit bei großen Unternehmen grafisch orientierte Pakete mit einfacher Handhabung eingeführt. Wie von den Anwendern zu hören ist, werden Zeiten, Kosten und Ressourcen zuverlässig und übersichtlich verwaltet, ohne daß Projektverantwortliche und ihre Mitarbeiter deshalb zu PERT- oder C/PM -Fachleuten werden müssen. Da nun nicht nur die Führungsspitze und Projektleiter, sondern ebenso Fachkräfte und Sachbearbeiter gegen ein zunehmendes Datenvolumen ankämpfen, ist der Grafikeinsatz die logische Fortsetzung innerhalb der Informations-Pyramide. Es gilt also, auch den Mitarbeitern die Informationen, die sie zur Erledigung ihrer täglichen Arbeit benötigen, in effizienter, grafischer Form zugänglich zu machen. Hier die nötigen Schnittstellen zwischen bereits vorhandenen Applikations-Programmen und Grafik-Software zu schaffen, ist von den Software-Häusern nicht nur erkannt worden, sondern dem Vernehmen nach in Arbeit.

Bei neuen Applikations-Programmen sollte eine solche Grafik-Schnittstelle von vornherein vorgesehen werden. Ob sehr spezielle Anwendungen, etwa die Bewertung eher qualitativer Marketing-Daten, zwangsläufig auf den Host gehören, ist bei konsequenter arbeitsteiliger Datenverarbeitung die Frage. Die erfreuliche Preisentwicklung bei der neuen Generation kompakter Minicomputer wird in derartigen Bedarfsfällen den Einsatz eines dedizierten Systems in der Abteilung begünstigen. Daß die Marketing-Leute auch den Durchgriff auf den Host brauchen, um quantitativ orientierte Vergangenheitswerte als Entscheidungsbasis mit heranzuziehen, ist dabei kein Widerspruch, denn die Anbindung der Kompakt-Minis an den Host dürfte relativ leicht zu bewerkstelligen sein.

Waren es früher die Anwender, die in Sachen Grafik Forderungen stellten, so sind sie jetzt - vor allem durch die Fortschritte der Grafik-Software - in doppelten Zugzwang geraten. Dem Endbenutzer ist nicht entgangen, daß Grafik heute keine Wissenschaft für Eingeweihte mehr ist. Er fordert seine Schaubilder, übersieht dabei aber, daß die Strukturierung der Information "von oben nach unten" gemäß dem Prinzip der Unternehmensorganisation eine neue Qualität der internen Dienstleistung erfordert: Das Informations-Management mit der konkreten Aufgabe, Unternehmensstrategie und Informationspolitik auf einen Nenner zu bringen, um unter anderem auch die Grafik in das informatisierte Betriebsumfeld einzubeziehen.

Bildhafte Darstellung als Werkzeug erkannt

Diejenigen, die sich in den Unternehmen ernsthaft für den Rohstoff Information verantwortlich fühlen, haben den Wert der Grafik als Werkzeug erkannt. Sie nutzen die Schaubilder konsequent, um die Computer-Grafik intern als "ergonomisches Informationsmedium" durchzusetzen, und weiter, um verbesserte Informationsströme als Ergebnisse ihrer eigenen Arbeit bildhaft zu verdeutlichen.

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