Business Angels lassen Federn

01.10.2002
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Business Angels sind für wachstumsorientierte junge Unternehmen zumindest in der Theorie die idealen Partner: Sie sind bereit, Kapital in die Startups zu investieren und stellen darüber hinaus auch ihr unternehmerisches Know-how zur Verfügung. Eine Umfrage unter 29 Entrepreneurs-Paten deutet jedoch an, dass auch sie ähnlich wie die Venture-Capitals aufgrund der gegenwärtigen Konjunkturflaute Federn lassen mussten.

Wie ein Forschungsteam der Fachhochschule Hannover herausfand, ist der typische deutsche Business Angel männlich, 48 Jahre alt und bereit, insgesamt rund 500.000 Euro in drei bis vier Startups zu investieren. Bevorzugter Anlagebereich ist dabei die IT-Branche. Die privaten Starthelfer sind dabei nicht vornehmlich an der Rendite interessiert. Als weitere wichtige Motive gaben rund drei Viertel der Befragten an, sie wollten ihr Scherflein zu einer erfolgreichen Gründung beitragen und die eigene Berufserfahrung weiter geben. Know-how haben die Business Angels offenbar mehr als genug: Laut Studie sind fast 75 Prozent in der Geschäftsleitung eines (oft eigenen) Unternehmens tätig, der Schwerpunkt der Erfahrung liegt überdies im betriebswirtschaftlichen Bereich.

Um ihren Schützlingen auf die Sprünge zu helfen, sind die Business Angels oft bereit, mehrere Tage pro Monat selbst Hand bei dem Beteiligungsunternehmen anzulegen, in manchen Fällen engagieren sie sich sogar mehr als einen Tag pro Woche. Obwohl die einzelnen privaten Investoren im Vergleich zu den VCs relativ wenig Kapital einbringen, ist das Engagement besonders für Startups in der ganz frühen Gründungsphase attraktiv. Wegen der hohen Ausfallrate werden diese von Risikokapitalgebern - wenn überhaupt - nur noch mit spitzen Fingern angefasst. Wenn dagegen mehrere Business Angels gemeinsam eine finanzielles Engagement wagen, kommt mitunter auch ein respektables Sümmchen zusammen. Gleichzeitig wächst die Chance des jungen Unternehmens, doch noch eine VC-Firma mit ins Investorenboot zu locken.

Allerdings sind auch Business Angels nicht vor Abstürzen gefeit: So deutet eine aktuelle Studie des Business-Angels-Panel an, dass neben den Venture-Capital-Gesellschaften auch die privaten Investoren wegen der Börsenkrise und der anhaltenden Konjunkturflaute Federn lassen mussten. Bei einer Umfrage der Initiative des Business Angels Netzwerk Deutschland (BAND), der VDI Nachrichten sowie zweier Management-Schulen aus Leipzig und Hannover, äußerten sich nur 17 Prozent der Befragten mit ihren bestehenden Beteiligungen als sehr zufrieden oder zufrieden. Über die Hälfte der Entrepreneurs-Paten schätzten die Entwicklung der Investments eher mittelmäßig ein, rund 30 Prozent waren sogar enttäuscht. Jeder fünfte bewertete die aktuelle Geschäftslage als sehr schlecht. Die

zukünftige Situation wurde im Vergleich zu einer vorangegangenen Umfrage nur noch von 48 Prozent (vorher 59) der Befragten als sehr gut bewertet.

Damit ihr Engagement künftig wieder attraktiver wird, fordern die Business Angels von der Bundesregierung Reformen, vor allem eine Senkung der steuerlichen Belastung bei Beteiligungserlösen. Aktuell sind bei der Veräußerung von mehr als einem Prozent an einem Unternehmen Abgaben an den Fiskus fällig.

Wie die Befragung weiter ergab, führte jeder Business Angel zwischen März und Juni im Schnitt nur drei Beteiligungsgespräche. Insgesamt gingen die 29 Entrepreneurs-Paten jedoch nur sechs Investments ein. Als Gründe für eine Ablehnung nannten die Befragten (nach Wichtigkeit geordnet) die mangelnde Qualifikation der Gründer, ein schlechtes Geschäftsmodell oder ein unrealistischer Businessplan.

Dass an fähigen Gründern kein Mangel herrscht, behauptet dagegen Curt Winnen, Vorstand der Munich Business Angels AG. So hätte die Qualität der Projekte zugenommen, insbesondere was das Management, die Mitarbeiter und die Geschäftsmodelle der Entrepreneure betrifft. Grund dafür sei, dass die Business Angels die Teams wesentlich kritischer als noch vor einem Jahr unter die Lupe nehmen. In Konsequenz bereiten sich die Gründer besser vor und bringen bei einem Screening mehr Material für die Präsentation mit. Das Resultat, so Winnen: Von den gut 250 Teams, die sich in diesem Jahr bereits gemeldet haben wurden bereits 25 Teams ausgewählt und zur Finanzierung vorgeschlagen. Auch von der angeblichen Investitionsmüdigkeit sei in seiner Organisation keine Spur, erklärte der 50-jährige Rechtsanwalt. So hätten die insgesamt 24 Privatinvestoren in den ersten acht Monaten bereits mehr Investments als im vergangenen Jahr vorgenommen. Der Dealflow liege

schon jetzt um 100 Prozent höher.

Freilich gesteht auch Winnen, dass sich bei den Munich Business Angels nach dem Platzen der Dotcom-Blase eine gewisse Zurückhaltung breit gemacht habe. Diese Phase sei allerdings nun überwunden und einer neuen Investitionsbereitschaft gewichen, stellte der Vorstand fest. Die Mitglieder wissen, dass aktuell die richtige Zeit für neue Investments sei, erläuterte Winnen: Die Preise sind attraktiv, es gibt mehr erfahrene Teams, darunter bereits einmal gescheiterte Gründer, die aus ihren schlechten Erfahrungen gelernt hätten.

Aber auch bei den privaten Investoren hätte ein Lernerfolg eingesetzt, proklamierte Winnen: So hätten die Business Angels erkannt, dass Anschlussfinanzierungen länger dauern oder überhaupt nicht funktionieren. Als Konsequenz würden die Entrepreneurs-Paten bei einem Erstinvestment meistens die gleiche Summe noch einmal für eine zweite Runde einplanen. Außerdem hätten die Business Angels gelernt, dass die Startups deutlich mehr Zeit als gedacht in Anspruch nehmen. Eine kritische Phase sei insbesondere zu Beginn, wenn das Gründerteam von zwei bis drei Mitgliedern auf fünf bis zehn Mitglieder anwächst, erläutert der Chef-Business-Angel. Hier käme es häufig zu Spannungen, was die künftige Rollenverteilung im Unternehmen betrifft, entsprechend hoch seien die Anforderungen an die Business Angels, die Situation wieder in den Griff zu bekommen.

Attraktive Investments in der IT-Branche stellen laut Winnen derzeit junge Unternehmen dar, die mehrere Bereiche miteinander verknüpfen, etwa Softwarefirmen mit Programmen für den Einsatz in der Biotechnologie oder der Medizin. Bei reinen Biotech-Startups, insbesondere solche, die Medikamente entwickeln, sei den Business Angels dagegen das Risiko oft zu hoch. Derzeit könne man nicht fest davon ausgehen, dass in 15 bis 18 Monaten eine VC-Firma Geld bereitstellt, erläuterte der Vorstand.

Die Rahmenbedingungen sind dagegen denkbar schlecht, stellt Winnen fest. So gäbe es derzeit keine Incentives, etwa was Steuererleichterungen oder eine Regulierung betrifft. Nichtsdestotrotz sei aber bei den Unternehmerengeln der Wille und die Bereitschaft da, neue Unternehmen bei Aufbau mit ihrem Kapital und Wissen zu unterstützen.