Rüttgers will Förderer und Unternehmsgründer zusammenbringen

Business Angels beraten und unterstützen junge Gründer

28.08.1998

Beim Anbieter von Spielesoftware NxN in München ist Christian Schneider als Business Angel engagiert. Seit gut einem halben Jahr steht er dem Unternehmen mit Rat und Tat zur Seite. Damals hatte der 27jährige Firmengründer Gregor vom Scheidt Probleme, Geldgeber für seinen Betrieb zu finden. Sechs Monate nach dem Einstieg von Schneider gelang es ihm, Fremdkapital in Millionenhöhe zu aquirieren, vor allem für den Einstieg in den internationalen Markt. Vom Scheidt: "Das Engagement von Schneider als Business Angel hat mir geholfen." Fehler, gerade am Anfang, würden teuer zu stehen kommen.

Daß Firmengründern beim Start so wenig Mißgeschicke wie möglich unterlaufen, dafür fühlt sich Schneider zuständig. "Etwa einen halben bis einen ganzen Wochentag muß ich für die Betreuung von NxN rechnen, wobei der Zeitbedarf sehr unterschiedlich ist. Bei Problemen stehe ich telefonisch stets sofort zur Verfügung, auch wenn es sonntags um 23 Uhr sein sollte." Der Münchner Unternehmensberater und Mitbegründer des Softwarehauses PC-Plus hält Anteile an NxN. Bei seiner Beratungstätigkeit stünden finanzielle Interessen nicht im Vordergrund, beteuert er. "Ich habe einfach Spaß an der Arbeit mit jungen Leuten, die ein Unternehmen aufbauen." Außerdem freue es ihn, der jungen Generation mit seiner Erfahrung helfen zu können, schließlich sei das auch eine Investition in die Zukunft.

Meistens hört Schneider per Mundpropaganda von den Startups, die er kontaktiert. Für die zukünftige Zusammenarbeit ist die "Chemie" wichtig: "Sympathie ist ausschlaggebend für eine gute Zusammenarbeit." Nur dann könne er sich für ein Unternehmen engagieren.

Für junge Unternehmer stellen sich mit der Verschiebung der Schwerpunkte von der Industrie- zur Informationsgesellschaft andere Finanzierungsanforderungen, als man sie früher kannte. So ist die klassische Bankfinanzierung des Anlagevermögens für Softwarefirmen uninteressant, da das eigentliche Kapital in der Entwicklungsarbeit und nicht in der Rechneranlage steckt.

Um gute Aussichten auf eine Risikofinanzierung zu haben, müssen Jungunternehmer Investoren umfassend über den Stand der Technik, der bereits geleisteten und der noch erforderlichen Entwicklungsarbeit informieren. Dazu kommt ein Geschäftsplan mit Erläuterungen zu Jahresumsatz, Kosten, Finanzierung und Liquidität.

Business Angels werden von Venture-Capital-Gesellschaften nicht als Konkurrenz gesehen. Gerwin Theiler von der Technologieholding VC, München: "Je mehr Business Angels, desto besser - auch für uns." Die Risikofinanzierer fangen erst ab 300000 bis 500000 Mark an zu investieren - von Ausnahmen abgesehen. Außerdem steigen die "Engel" meistens zu einem früheren Zeitpunkt in Startups ein als Risikokapitalgeber. Sie helfen den Entrepreneuren ihre Produktentwicklung soweit voranzutreiben, daß Venture-Kapitalisten mit Aussicht auf eine erfolgreiche Produkteinführung umsteigen können.

Zwischen Business Angels und Risikokapitalgesellschaften scheint sich so eine natürliche Arbeitsteilung herauszubilden. Die privaten Paten investieren in der Frühphase der Unternehmensgründung und gehen ein erhöhtes Risiko ein. Derartige Deals sind für die Risikokapitalgesellschaften uninteressant, da die Betreuungs- und Verwaltungskosten für sie zu hoch sind. Für die Jungunternehmer dagegen kann diese Finanzspritze das Überleben bis zum großen Geld ermöglichen. Im günstigsten Fall hilft sie dem jungen Gründer, sein "Zeitfenster" zu nutzen. Durch seine Idee und seine Entwicklungen ist er der Konkurrenz voraus. Sehen aber größere Firmen ebenfalls Chancen in diesem Bereich, bevor das Jungunternehmen den Markt besetzt hat, wird es eng.

Für NxN schätzt Schneider das Zeitfenster auf sechs bis 18 Monate ein. Bis jetzt gibt es nämlich noch kein Konkurrenzprodukt, das ein Komplettpaket für die Software-Entwicklung in der Computerspielproduktion bieten würde, womit sich NxN im Moment beschäftigt.

Ein einziger strategischer Fehler kann dazu führen, daß das Startup-Unternehmen den Zeitvorsprung vor den Mitbewerbern verliert. Hier ist kompetente Beratung gefragt, die bei NxN durch den Beirat erfolgt. Neben dem Business Angel Schneider gehören ihm Achim Lederle, Investment-Manager der Technologieholding VC, und Vijay Sondhi, Finanzchef der Ixos Software GmbH, an.

Die beratende Funktion des Business Angels ist für junge Unternehmer unter Umständen wichtiger als das Geld. Sie stehen vor vielen Fragen, die mit ihrer fachlichen Qualifikation nichts zu tun haben und auf die sie in einem Hochschulstudium nicht vorbereitet wurden.

Volkswirtschaftlich gesehen sind die Business Angels keineswegs uninteressant. In den USA sind schätzungsweise 100000 aktiv, die etwa 20 Milliarden Mark in die Seed- und Startup-Finanzierung (siehe Kasten "Der Weg zum Geld") stecken. Damit sind im Frühphasenmarkt die privaten Investoren der Normalfall - über Banken läuft lediglich ein Siebtel dieser Finanzierung.

In Deutschland schlummert vermutlich ebenfalls ein enormes Potential an derartigen Investoren. Gelingt es, diese Personen zu aktivieren, bedeutet das sicher auch einen Sprung in der Gründungsförderung innovativer Unternehmer mit den entsprechenden positiven Folgen für den Arbeitsmarkt.

Der Weg zum Geld

Drei-Phasen-Modell der Venture-Capital-Finanzierung

Seed: Erste Finanzierungsrunde, die Mittel fließen vor allem in Forschung und Entwicklung, das Produkt wird auf dem Markt bekannt gemacht.

Startup: Investitionen in das Marketing und Expansion in neue Stützpunkte stehen im Vordergrund.

Exit: Die Venture-Capital-Gesellschaften verkaufen ihre Firmenanteile, meist im Zusammenhang mit dem Börsengang des Unternehmens.

Regina Woste ist freie Journalistin in Bruckmühl.