Datronic AG soll Software-Eigenentwicklung der Behörde vermarkten:

Bundesverwaltung beliefert Softwarehaus

06.02.1987

BERN (CWN) - Das Softwarehaus Datronic AG wird künftig das genannte Allgemeine Bundesinformationssystem (ABIM), eine Eigenentwicklung der Bundesverwaltung, als "Swissbase" vertreiben. Ein entsprechender Vertrag wurde jetzt zwischen dem Bundesrat und dem Unternehmen in Meyrin/Genf geschlossen.

Ein Lizenzvertrag mit dem britischen Rüstungskonzern Plessey für den weltweiten Vertrieb von Swissbase steht vor dem Abschluß. Es sind nur noch rechtliche Probleme im Zusammenhang mit dem Schutz des Produktnamens und den allgemeinen Normen in der Europäischen Gemeinschaft (EG) abzuklären.

Der Entwickler von Swissbase, Rolf Streb, ist stellvertretender Chef des Informatik-Dienstes der Bundeskanzlei. ABIM entstand aus dem Militärischen Dokumentations- und Nachweis-System (Midonas) sowie dem rechts- und sozialwissenschaftlichen Literatur-Nachweissystem (Resoli). Es wird seit 1986 von der Bundeskanzlei benutzt.

Das in der Programmiersprache "Mumps" geschriebene Datenbank-Managementsystem Swissbase ist seit einigen Jahren im Einsatz und wurde laufend weiterentwickelt. Mit der Entwicklung von Swissbase hat Streb vor rund 15 Jahren begonnen, "weil es für diese Bedürfnisse auf dem Markt nichts gab". Streb über sein Produkt: "Es ist in erster Linie ein Software-Werkzeug. Man kann es jetzt als Tool beziehen und die nötigen Strukturen schaffen, oder man kann die fertigen Applikationen für Bibliotheksverwaltungen, Registraturanwendungen und ähnliches dazu kaufen."

Schon vor Jahren begannen sich private Großfirmen - darunter Bührle, Hoffmann-LaRoche - und Hochschulen für das System zu interessieren. Dann stieg die Bundesverwaltung in das sich anbahnende Geschäft ein. Doch die Geschäftsprüfungskommissionen der Eidgenössischen Räte erinnerten an das Geschäftsreglement des Bundes - der Verkauf wurde eingestellt. Jährlich bezifferten sich die Einnahmen in dieser Zeit auf etwa 20 000 bis 25 000 Franken. Doch der Swissbase-Support für Privatkunden begann die personell schwach ausgestatteten Bundes-Informatiker zu überfordern.

Jetzt soll der Datronic-Lizenzvertrag dieses Problem lösen. Durch die Lizenzvergabe erhofft sich der Bund eine breite Abstützung auf dem Markt und professionelle Unterstützung durch den Lizenznehmer. Das soll zu einer wesentlichen Erhöhung der Betriebssicherheit des Systems führen. Weiter ermöglicht die Lizenzabgabe den Einsatz in anderen Stellen der Bundesverwaltung, da die bisherigen Betreiber - fünf Informatiker - nicht in der Lage waren, die Nachfrage innerhalb der Verwaltung zu befriedigen.

Der Lizenznehmer muß eine monatliche Gebühr entrichten und dem Bund bei jedem Verkauf eines Basismoduls 30 Prozent abliefern. Der Bund verzichtet auf seinen Anteil bei einem Verkauf an Kantone oder Gemeinden. Die Jahresgebühr, die der Bund einstreicht, beträgt dem Vernehmen nach rund 20 000 Franken.

Das Genfer Datronic-Management ist identisch mit jenem der früheren Schweizer Plessey-Filiale. Die Trennung vom Mutterhaus erfolgte, um mit der rechtlich selbständigen Datronic das Eindringen der Plessey-Produkte auf dem schweizerischen Markt zu erleichtern.