Wirtschaftsspionage im großen Stil?

Bundesregierung bestätigt Existenz von Echelon

28.04.2000
MÜNCHEN (CW) - Die Bundesregierung hat erstmals die Existenz des von den USA und vier weiteren Staaten betriebenen globalen Abhörsystems "Echelon" bestätigt. Die Ergebnisse einer von der EU in Auftrag gegebenen Studie hält sie allerdings für übertrieben.

Als die Bundesregierung zu dem von den USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Neuseeland unterhaltenen Abhörsystem Echelon Stellung beziehen musste, gelang ihr ein erstaunlicher Spagat: Einerseits sehe die Regierung keine Gefährdung der Privatsphäre der Bürger sowie der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft durch Echelon, andererseits verfüge man über den gegenwärtigen Stand der Echelon-Aktivitäten "keine genauen Erkenntnisse".

Dies ist der Tenor einer Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine kleine Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Otto und seiner Fraktion. Otto fordert darin eine Stellungnahme der Bundesregierung insbesondere zu den Ergebnissen einer Studie, welche die Arbeitsgruppe Scientific and Technological Options Assessment (Stoa) dem Europäischen Parlament vorgelegt hat. Demnach filtert das vom US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) dominierte Abhörsystem automatisch den globalen Telefon-, Funk-, Internet- und E-Mail-Verkehr und wird auch zur Wirtschaftsspionage eingesetzt. Angeblich verlor beispielsweise das europäische Airbus-Konsortium bereits einen Großauftrag aus Saudiarabien an Boing, nachdem der US-Konzern mit entsprechenden Geheimdienstinformationen gefüttert worden war.

Die Bundesregierung beurteilt die Ergebnisse der Stoa-Studie eher skeptisch und hält vor allem die Darstellung der technischen Möglichkeiten und Kapazitäten für "weit überzogen". Immerhin sind "sachverständige Stellen" damit befasst, die im Bericht enthaltenen Aussagen zu prüfen und zu bewerten.