Green IT Best Practice Award 2012

Bundesagentur für Arbeit

26.11.2012
Von Andrea Lohrey
Mit dem Projekt "RZ-Konsolidierung dezentral" hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: 200 Rechenzentren wurden auf elf reduziert und damit der Energiehunger der Behörde erheblich reduziert.

Die Bundesagentur für Arbeit hat beim Green IT Best Practice Award 2012 neben der Christmann Informationstechnik in der Kategorie 1 "Energieeffiziente Systeme" gewonnen.

Was war die Ausgangssituation bei der Bundesbehörde? Im Jahr 2008 verfügte die BA über eine dezentrale, inhomogene IT-Landschaft. Bundesweit wurden insgesamt 200 vollwertige Rechenzentren betrieben. Die IT der BA stellte für 1.600 Liegenschaften IT-Dienstleistungen wie etwa Fileservice, Sprachdienste und eine Softwareversorgung bereit. Hierzu wurden 6.300 Server und 1.600 Telefonanlagen bundesweit eingesetzt.

Was will die BA erreichen?

Der Bund hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2013 40 Prozent des IT-Energieverbrauchs aller Bundesbehörden einzusparen. Eine der Kernaufgaben des Projektes "RZ-Konsolidierung dezentral" ist deshalb auch die Energiereduktion der dezentralen IT der BA um 40 Gigawattstunden (GWh) jährlich. Dadurch realisiert das Projekt einen maßgeblichen Anteil der bis 2013 durch die BA einzusparenden 83 GWh pro Jahr.

Im Visier: Klimaanlagen und USV-Systeme

Das größte Energieeinsparpotenzial stellt die Abschaltung der bundesweit 930 Klimaanlagen und 200 USV-Systeme dar. Die Vorrausetzung hierfür ist eine Konsolidierung und Zentralisierung der IT-Landschaft. Um das zu erreichen, musste die BA folgende Maßnahmen umsetzen:

Elf Bestandsrechenzentren wurden bedarfsgerecht zu IT-Räumen-Plus modernisiert. Damit wurden 200 Bestandsrechenzentren abgelöst. In den IT-Räumen-Plus wurden die verbleibenden dezentralen Server konzentriert. Außerdem zog die BA dezentrale Basisdienste (Exchange, SMS) auf hochverfügbare Plattformen am Standort Nürnberg zusammen. Last, but not least ersetzte die Bundesbehörde den bisherigen Sprachdienst durch eine zentralisierte VoIP-Plattform als Managed Service.

Anpassung der Betriebsprozesse

Um das auferlegte Ziel der Energieeinsparung bis 2012 erreichen zu können, wurden diese Einzelmaßnahmen durch das Gesamtprojekt "RZ-Konsolidierung dezentral" gesteuert und gegenüber der Geschäftsführung kommuniziert.

Im Ergebnis musste die BA umfangreiche Anpassungen an Betriebsprozesse realisieren. Als Beispiel kann hier etwa die Einführung von VoIP als Managed Service genannt werden. Mit ihr konnte die Gesamtverantwortung für den Service an den Dienstleister übertragen werden.

Widerstände und Akzeptanzprobleme

Um die Gesamtkoordination der zu erledigenden Aufgaben sicherzustellen, wurde den Beteiligten eine einheitliche Kommunikation von Terminen, Kosten, Risiken und Projektstatus vorgegeben. Darüber hinaus wurden alle Beteiligten für das gemeinsame Projektziel sensibilisiert.

Regelmäßige Abstimmungen

Voraussetzung für eine erfolgreiche Gesamtkoordination waren standardisierte Abläufe mit regelmäßigen Abstimmungsgesprächen. Um die Akzeptanz bei den Beteiligten zu schärfen, wurden mit der Geschäftsführung Workshops durchgeführt.

Ein maßgeblicher Erfolgsfaktor für das Projekt war die regelmäßige Berichterstattung in verschiedenen Führungsgremien. Durch deren aktive Einbeziehung in den Entscheidungsprozess konnten Lösungen zielgerichtet umgesetzt werden.

Ohne Geschäftsführung geht nichts

Ohne die Unterstützung der Geschäftsführung des Koordinierungsprojekts kann man Widerständen und Akzeptanzproblemen kaum wirkungsvoll begegnen. Entscheidend war die regelmäßige Information der Geschäftsführung über den Status aller Aktivitäten.

Technische und administrative Probleme

Lief alles glatt bei dem "IT-Projekt RZ-Konsolidierung dezentral"? Nein. Die Projektverantwortlichen mussten erkennen, dass Officeanwendungen über das Wide Area Network (WAN) nicht mit der gewünschten Performance bereitgestellt werden konnten. Somit war die geplante Konsolidierung der Fileservices in die ITR-Plus-Infrastruktur technisch nicht realisierbar. Hatte das Auswirkungen auf die ökologische Zielsetzung des Gesamtprojekts? Ebenfalls nein. Da die BA Server verwendet, die für den Einsatz in Büroumgebungen (bis 35 Grad Celsius) geeignet sind, wurde das Ziel der Klimaabschaltung in den Liegenschaften dennoch erreicht.

Grundsätzliche Voraussetzung, um mehrere Phasen der Rechenzentrumskonsolidierung der dezentralen Infrastruktur zu realisieren, war die Bereitstellung der elf IT-Räume-Plus. Deren termingerechte Bereitstellung wurde mit dem für das Facilitymanagement (außerhalb der IT) beauftragten Zentralbereich umgesetzt.

Übertragbarkeit

Wichtig für das Gesamtprojekt und das wesentliche Ziel der Einsparung von Energie war eindeutig, ganzheitlich vorzugehen. Dies geschah, indem die Behörde ein übergeordnetes Koordinierungsprojekt entwarf. Nur so ließen sich Synergien einzelner Maßnahmen ermöglichen. Wo anfänglich die Ziele Zentralisierung von IT-Services sowie Hardware-Lifecycle standen, erarbeiteten die IT-Verantwortlichen der BA mit Hilfe des Gesamtprojekts "RZ-Konsolidierung dezentral" ein umfassendes Programm, um Handlungsanweisungen zu erarbeiten. Mit diesen ließen sich geeignete Maßnahmen für das oberste Projektziel der Energieeinsparungen identifizieren.

Ein Koordinierungsprojekt bildet vor allem in großen Organisationen mit unterschiedlichen Fachbereichen die Schnittstelle zwischen Teilprojekten. Es ermöglicht den Beteiligten erst, sich auf vorgegebene Ziele auszurichten. Außerdem sichert es eine transparente Kommunikation zu allen Beteiligten sowie der Geschäftsführung.Sowohl die Gesamtkoordination für das Projekt "RZ-Konsolidierung dezentral" als auch die Verantwortung für die Green-IT-Strategie war an derselben Stelle der IT-Organisation verankert. So ließ sich sicherstellen, dass das Projektziel der Energieeinsparung konsequent verfolgt wurde.

Einsparungen gehen in die Millionen

Insgesamt wurden bundesweit für Daten - und Sprachdienste 6.300 Server und 1.600 TK-Anlagen konsolidiert. Dadurch konnten 930 Klimaanlagen und 200 USV-Systeme zurückgebaut werden. Die Gesamteinsparung des Energieverbrauchs wird sich bis Ende 2012 auf 40 GWh pro Jahr belaufen.

Im aktuellen Ergebnis werden haushaltswirksame Einsparungen in Höhe von 109 Millionen Euro an Investitionskosten und 20 Millionen Euro an Betriebskosten pro Jahr erzielt. Die ermittelte Betriebskosteneinsparung beinhaltet eine Reduzierung der Energiekosten in Höhe von 6,9 Millionen Euro pro Jahr.

Die Konsolidierung und Zentralisierung reduziert manuelle Tätigkeiten vor Ort und erhöht die Qualität und Verfügbarkeit der bereitgestellten IT-Services. Dies führte zu einer nachhaltigen Verbesserung der Anwenderzufriedenheit.

Ökologische Nachhaltigkeit

Die wesentlichen Effekte zur ökologischen Nachhaltigkeit ergeben sich aus zwei Umständen: Zum einen wird die Kohlendioxid-Belastung durch den verminderten Energiebedarf der IT-Landschaft reduziert. Zum anderen verringert sich der Bedarf an Servern und Klimatechnik.

Durch die Reduzierung des Energieverbrauches werden jährlich rund 23.000 Tonnen CO2 bei der Produktion von Strom eingespart. Hier wurde in der Ausschreibung unter anderem der Energieverbrauch der neuen Geräte über den gesamten Lebenszyklus als wesentliches Bewertungskriterium einbezogen. Auch der Einsatz von Virtualisierung hat einen bedeutenden Beitrag zur Verbrauchsreduzierung geleistet.

Im Vergleich von alter und neuer IT-Infrastruktur lässt sich feststellen: Es mussten 1.700 Datenserver, 3.100 Sprachserver und 1.600 TK-Anlagen weniger beschafft werden. Ebenso konnte ein Austausch der 930 Klimaanlagen und 200 USV-Anlagen vermieden werden.

Fazit

Foto: GreenIT BB

Das Projekt zeitigte erhebliche Lerneffekte: So wurde klar, dass der Umbau einer dezentralen IT-Landschaft hin zu einer zentralen mit dem Ziel der Energieeinsparung nur mit einer übergreifenden Koordination möglich und effektiv zu handhaben ist. Sie stellt nicht nur eine planmäßige Umsetzung sicher. Vielmehr ermöglicht sie es auch, Synergieeffekte von einzelnen Maßnahmen zu erkennen.

Als Teil der Green-IT-Strategie der BA ist das Projekt "RZ-Konsolidierung dezentral" das wichtigste Handlungsfeld, um das vom Bund vorgegebene Ziel der 40-prozentigen Energieverbrauchsreduzierung der IT zu erreichen. Dieses ambitionierte Ziel wird nur erreicht, wenn Projekte die IT-Landschaft ganzheitlich betrachten, um so die Synergieeffekte von Einzelmaßnahmen zu nutzen. (jm)