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Bull-Chef de Panafieu wirft das Handtuch

20.11.2001
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Guy de Panafieu hat am gestrigen Montag seinen Rücktritt als Chef des französischen IT-Konzerns Bull angekündigt. Der Manager, der 1997 an Bord des Unternehmens kam, wird jedoch noch so lange im Amt bleiben, bis ein Nachfolger benannt ist. Das gab Bull nach einem Treffen des Verwaltungsrats bekannt.

Das Gremium hatte zudem die finanziellen Perspektiven des angeschlagenen Konzerns für das vierte Geschäftsquartal 2001 sowie das kommende Jahr unter die Lupe genommen. Der Verwaltungsrat teilte mit, einen weiteren Kredit der französischen Regierung, die zu 16,3 Prozent an Bull beteiligt ist, in Höhe von 100 Millionen Euro zu erhalten. Das könnte jedoch die Europäische Kommission auf den Plan rufen, der die staatliche Hilfe für strauchelnde Firmen ein Dorn im Auge ist. In den vergangenen 20 Jahren hat Bull insgesamt rund 5,7 Milliarden Euro an Finanzhilfe vom französischen Staat erhalten. Trotz allem ist es dem IT-Spezialisten nicht gelungen, seine Kosten so weit zu senken, um mit den Konkurrenten Hewlett-Packard und IBM mitzuhalten.

Unter der Leitung von de Panafieu wurden mehrere Geschäftseinheiten verkauft, um das Unternehmen zu verschlanken, darunter das Smart-Card-Business. Die Mitarbeiterzahl, die 1988 noch 46.000 betrug, belief sich zum Ende 2000 auf lediglich 18.000. Bis Ende Dezember 2001 soll nun auch die IT-Servicesparte an Speria verkauft werden. Dann beschäftigt Bull nur noch 6000 Angestellte und konzentriert sich wieder allein auf die Herstellung von Computern.

Im vergangenen Jahr hatte de Panafieu noch angekündigt, das Unternehmen in die Gewinnzone zurückzuführen. Stattdessen wies Bull im Geschäftsjahr 2000 einen Verlust von 243 Millionen Euro aus. In der ersten Hälfte 2001 lag das Minus bei 29,2 Millionen Euro. Marktbeobachter vermuten, dass der Rücktritt des Konzernchefs an das Regierungsdarlehen geknüpft sein könnte. Bull hat sich zu den Hintergründen bislang nicht geäußert.

Gleichzeitig veröffentlichte Bull seine vorläufigen Zahlen für das dritte Geschäftsquartal 2001. Der Umsatz des Unternehmens ging gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum um 2,4 Prozent auf 515,4 Millionen Euro zurück. Der Bereich Wartung konnte im Jahresvergleich um 3,4 Prozent auf 71 Millionen Euro zulegen. Die Einnahmen im Segment Infrastructure & Systems ging geringfügig um 0,1 Prozent auf 126,3 Millionen Euro zurück. Der Software- und Servicebereich Evidian machte mit 8,9 Millionen Euro um 7,5 Prozent mehr Umsatz als im Vorjahresquartal, während die IT-Servicedivision Integris mit 230,7 Millionen Euro sich leicht rückläufig entwickelte (minus 0,3 Prozent). Die übrigen Geschäftsfelder wiesen mit 78,4 Millionen Euro um 16,1 Prozent gesunkene Einnahmen aus. Im vierten Geschäftsquartal rechnet Bull mit einer anhaltend schwierigen Marktsituation und einem weiteren Umsatzrückgang.

Die Anleger reagierten erfreut auf den Rücktritt von de Panafieu und das Regierungsdarlehen: Die Bull-Aktie, die am gestrigen Montag zunächst vom Handel ausgesetzt war, stieg zum Börsenschluss um 46 Prozent auf 1,46 Euro. (ka)