EDV-Schulung: Wie man sie plant, realisiert und kontrolliert

Bürokratismus, der unteren Strich Gewinn bringt

03.09.1976

NÜRNBERG - Vor den Preis haben die Götter den Plan gesetzt - gewiß gilt diese leicht modifizierte Spruchweisheit für das weite Feld der Aus- und Fortbildung von EDV-Fachkräften. Gerade Schulungsprogramme laufen ja vielfach verzahnt neben- und hintereinander ab, sie müssen langfristig vorbereitet werden und entgleiten ohne straffes und wohlinformiertes Projektmanagement leicht der Kontrolle.

Wie man diese komplexe Lenkungsaufgabe in der Praxis mit möglichst geringem Aufwand sicher im Griff behält, schildert Manfred Geisselmeyer, Leiter der EDV-Schulung der Nürnberger DATEV, ausführlich im, Februar-Heft der Zeitschrift DSWR Datenverarbeitung in Steuer, Wirtschaft und Recht. Sein bislang recht erfolgreich praktiziertes Planungs- und Kontrollsystem gliedert sich in sechs Projektstufen, die. von der Ermittlung der Nachfrage nach Lehrgängen bis hin zur systematisierten Projektkontrolle mit Hilfe detaillierter Statistiken reichen.

Welche Lehrgänge werden gebraucht?

So wie ein Eiskremproduzent per, Marktstudie die Wünsche der Konsumenten erkundet, ermittelt Geisselmeyer in der Projektstufe "Lehrgangsbedarfsermittlung", welche Kurse eigentlich gefragt sind. Am sichersten und wirksamsten kommt er dabei mit einer gezielten Befragung der einzelnen Fachabteilungen des Hauses zum Ziel, denen er dazu eine umfangreiche Liste des Gesamtangebots präsentiert. Außerdem bittet er um eigene Vorschläge der Befragten.

Der Bedarf wird analysiert

An Hand der rücklaufenden Erhebungsformulare und nach Abklärung der Dringlichkeit der einzelnen Lehrgänge in Abstimmung mit den Abteilungsleitern werden in der Projektstufe "Analyse des Lehrgangsbedarfs" die erwarteten Teilnehmer bereits in vorläufigen, nach Quartalen und Lehrgangstiteln gegliederten Formularen erfaßt. Nun kann als nächste Stufe die "Projektplanung" einsetzen, wobei zunächst die vorgesehenen Schulungsvorhaben in Einzelprojekte untergliedert werden und dann jeder einzelne EDV-Instruktor erfährt, welche Projekte auf ihn zukommen.

Sind die Aufgaben verteilt, stellen die Projektplaner zunächst den Zeit- und Personal-Einsatzplan in Form eines mehrfarbigen Jahres-Balkendiagramms auf. In ihm vermerken sie sowohl die Lehrgangstermine für die einzelnen Instruktoren als auch die vorgesehenen Vorbereitungszeiten und, soweit bekannt, auch schon die Urlaubstermine. Aus diesem - dann nochmals überprüften und notfalls korrigierten - Planwerk folgt fast automatisch der EDV-Jahresschulungsplan, der, mit Ausnahme der meist kurzfristig angesetzten Lehrgänge und Seminare für Mitarbeiter und Führungskräfte aller Bereiche, alle Schulungsvorhaben des kommenden Jahres aufzeigt. Er dient gleichzeitig auch zur termingerechten Bestellung von Video-Kursen.

Kurzfrist-Pläne "vor Ort"

Je näher die Schulungstermine rücken und je klarer damit auch die Terminierung kurzfristig angesetzter Seminare wird, desto minuziöser gliedern Geisselmeyer und seine Mannen das Lehrangebot in sukzessive erstellte Quartals-, Monats- und Wochenpläne sowie in einem nebenher laufenden, monatlichen Raumbelegungsplan auf. Vor allem diese Monats- und Wochenpläne haben sich zur sofortigen Soll/Ist-Kontrolle gut bewährt; nicht zuletzt ihnen verdankt die DATEV die große Flexibilität ihrer Schulungsmaßnahmen bei kurzfristigen Störungen oder Planungsänderungen.

Wie entsteht ein Lehrgang?

In der Projektstufe "Lehrgangsentwicklung" setzt die Tätigkeit der EDV-Instrukteure ein. Sie müssen an Hand der geforderten Lehrgangsinhalte und des vorhandenen Informationsmaterials eine Art Inhaltsverzeichnis ihres Lehrangebots erarbeiten, dazu einen Zeitplan entwickeln und auch schon in dieser Phase Fallstudien, Übungen und Filmvorführungen einplanen. Damit geben sie ihren potentiellen Schülern auch gleich eine Vorstellung davon, wie wichtig die jeweiligen Referate für sie persönlich sein werden, wann sie also unbedingt kommen müssen.

Liegen die Details des Lehrangebots nach weiteren Vorarbeiten schließlich fest, stellen die Instrukteure minuziöse Unterrichtspläne und Unterrichtsmittel-Pläne auf, die bei - meist leicht modifizierter - Wiederholung eines Kurses die Anpassung der vorgegebenen Soll-Zeiten an den zuletzt gemessenen Ist-Zeitbedarf pro Thema zulassen. Während die Lehrgänge entwickelt werden, ist zur Kontrolle des Projektfortschritts übrigens ein Wochenbericht obligatorisch. Dieses laut Geisselmeyer inzwischen unverzichtbar gewordene - Instrument erlaubt, bei den fast täglichen Gruppenbesprechungen der Instrukteure jeden noch so kleinen Projektfortschritt klar festzuhalten.

Der Kurs beginnt

Nach Aussendung der oben erwähnten Quartals-Schulungspläne gehen bei Geisselmeyer die endgültigen Kurs-Anmeldungen ein und nach Überprüfung der Homogenität der einzelnen Teilnehmergruppen - meldet sich ein gar zu "bunter Haufen", so wird mit den Abteilungsleitern nochmals über die Auswahl der Teilnehmer gesprochen - verschickt das Schulungszentrum ein bis zwei Wochen vor Lehrgangsbeginn die Einladungen. Während der weiterbildenden Kurse beschränkt sich dann der "Verwaltungs-Papierkrieg" auf die Anwesenheitsliste, die Teilnahme-Bescheinigung und einen Fragebogen, in dem die Schüler ihr Urteil über den Lehrgangsverlauf abgeben sollen, bei Kursen zur Ausbildung besonderer Gruppen gibt es außerdem noch eine Abschlußbeurteilung, also praktisch ein Zeugnis.

Während die Lehrgänge laufen, wird an Hand der zuvor erstellten Planungsunterlagen laufend kontrolliert, ob irgendwelche Umstände oder Verzögerungen Änderungen oder Verbesserungen im Schulungsablauf notwendig machen. Dieser Kontrolle dient in erster Linie die tägliche Gruppenbesprechung jeweils am Ende des Unterrichts.

... Kontrolle ist besser

Neben der unmittelbar den

Lehrgang begleitenden Kontrolle hat sich auch eine abschließende Rückschau Bewährt, die vor allem auf Monatsstatistiken über den Lehreinsatz der einzelnen Instrukteure basiert. Sie werden dann am Jahresende zu einer Jahresstatistik zusammengestellt, aus der, ein klares Bild der geleisteten Arbeit in vielfältiger Aufgliederung gewonnen werden kann. Mit ihrer Hilfe schreibt die Schulungsabteilung auch ihren Jahresbericht für die Unternehmensleitung, der die wichtigsten Informationen "Klartext" enthält: 1974 gipfelte er in der eindrucksvollen Feststellung, die interne Schulung habe gegenüber extern belegten Kursen eine Ersparnis von rund 55 Prozent gebracht.

* Egon Schmidt ist freier EDV-Fachjournalist,

München