Buchprüfer entdecken IT-Beratung neu

12.01.2006
Von 
Sabine Prehl ist freie Journalistin und lebt in München.

Neuer Ansatz in der Beratung

PAC-Consultant Jung hält diesen Ansatz für sinnvoll. Seiner Ansicht nach ist es einfacher, sich auf die Geschäftsabläufe der Kunden zu fokussieren und anschließend aufzuzeigen, inwiefern die IT diese unterstützt, als umgekehrt: "Reine IT-Dienstleister, die von der Technik ausgehend versuchen, die Geschäftsprozesse des Kunden zu verstehen, dürften es da schwerer haben", so Jung. Nicht nur Deloitte, sondern auch Ernst&Young, KPMG und PWC haben seiner Einschätzung nach gute Chancen, weil sie einen neuen Ansatz in die Beratung bringen: "Wer sich mit Sarbanes-Oxley beschäftigt, und das müssen zurzeit viele Firmen, ist auf gute Consultants angewiesen. Und die Wirtschaftsprüfer gehören bei Themen wie Risiko-Management zu den Besten".

Auch für Ovum-Analyst Hayward sind die Big Four im Bereich prüfungsnahe IT-Beratung gut aufgestellt. "Mit ihrem Know-how im Finanzwesen haben diese Firmen einen umfassenderen Blick für das Business ihrer Kunden als breiter aufgestellte Berater." Ein weiterer Vorzug sei die gesetzlich verordnete Unabhängigkeit. Vor allem bei Fragen, in denen es um die Verbindung von Business- und IT-Strategie geht - etwa der Steuerung von externen IT-Dienstleistern oder im Projekt-Management - könne ihre Rolle als Trusted Independent Advisors den Kunden handfeste Vorteile bringen: "Berater, die keine angehängten Systemintegrations- und Outsourcing-Geschäfte ernähren, sind objektiv und raten gegebenenfalls auch von IT-Investitionen ab", so Hayward.

Sourcing-Beratung im Trend

Der Analyst geht daher davon aus, dass die Wirtschaftsprüfer ihre Consulting-Aktivitäten weiter ausbauen werden - vor allem im Bereich Sourcing. Ein Zeichen dafür sei, dass KPMG vor einigen Monaten den ehemaligen Chef der Outsourcing-Beratung Orbys Consulting mit dem Aufbau eines globalen Sourcing Centre of Excellence beauftragt habe. Auch Ernst & Young habe in den letzten Monaten aggressiv Consultants von Outsourcern wie IBM, Accenture und Capgemini abgeworben.

Noch steckt das IT-Consulting-Geschäft der Wirtschaftsprüfer in den Kinderschuhen: "Sogar mit Deloitte kommen die Big Four auf einen Marktanteil von weniger als fünf Prozent", schätzt Christophe Chalons, Geschäftsführer von PAC. Die prüfungsnahe Beratung birgt jedoch noch einiges an Potenzial. "Bei Kunden, die keine Prüfungsmandanten sind, könnten die Buchprüfer den etablierten IT-Beratern ernsthaft Konkurrenz machen", glaubt Analyst Hayward.

Unabhängig per Gesetz

Die "Big Four" sind per Gesetz zur Unabhängigkeit verpflichtet. Bei Kunden, deren Bücher sie prüfen, dürfen sie an der Einführung von Rechnungslegungssystemen nicht mitwirken. Aber auch bei der strategischen und Prozessberatung unterliegen die Wirtschaftsprüfer strengen internen und externen Kontrollen, um sicherzustellen, dass die Unabhängkeitsvorschriften nicht verletzt werden.