Erweiterte Palette von Produkten und Anwendungen:

Btx-Geräteindustrie erwartet Investitionsschub

06.05.1983

Dem Trend zum multifunktionalen Arbeitsplatz, der sich wie ein roter Faden durch die diesjährige Hannover-Messe zog, können und wollen sich auch die Anbieter von Bildschirstextgeräten nicht entziehen. Neben den schon beinahe "traditionellen" Abruf- und Editierterminals wurden zunehmend Lösungen und Produkte präsentiert, in denen der neue Dienst als eine Kommunikationsmöglichkeit unter mehreren nutzbar ist.

Das Interesse des Publikums an Btx - so die übereinstimmende Meinung der Aussteller - war auf der Messe der Messen "groß", wobei zusätzliche Attribute wie "besonders", "außerordentlich" oder "ungebrochen" für Nuancierungen sorgten. Die Verzögerungen des bundesweiten Btx-Starts habe in den meisten Messegesprächen nur eine untergeordnete Rolle gespielt. Was den Kreis der potentiellen Btx-Informationsanbieter und deren Investitionsbereitschaft anbelangt, so war verschiedentlich sogar zu hören, daß hier die Messe, "einen positiven Schub in Sachen Entscheidungsfindung" gebracht habe. Je nach Umfang der Projekte sei die Installation nicht in einem Vierteljahr zu realisieren, sondern dann bis zu einem Jahr. Durch die Verschiebung hätten jetzt vor allem Großunternehmen mehr Zeit, sich auf den neuen Standard vorzubereiten und damit Erfahrungen zu sammeln.

Zurückhaltender beurteilte die Branche dagegen den Markt für Consumer- und für semiprofessionelle Geräte. Hier müssen offensichtlich die erwarteten Absatzehancen erheblich nach unten revidiert werden.

Geradezu belagert

Die Messestände, auf denen der CEPT-Standard zu begutachten war, wurden nach Angaben der betreffenden Hersteller und/ oder Anbieter rund um die Uhr geradezu belagert. Aber auch die Konkurrenz, die mit dem neuen Standard erst zur Berliner Funkausstellung im Herbst aufwarten will, brauchte sich über mangelndes Interesse nicht zu beklagen. Geschäftsabschlüsse blieben allerdings eher die Ausnahme, hier hofft man jedoch auf ein ergiebiges Nachmessegeschäft.

Der Trend zu integrierten Lösungen in Sachen Bildschirmtext zeigte sich auf der Messe in zweierlei Richtungen: zum einen in Form von neuen Endgeräten, zum anderen in einer Kombination von Btx mit anderen Anwendungen. In die Kategorie "Produktneuheiten" gehören zum Beispiel "der erste Mediencomputer der Welt", wie das Hannoveraner Unternehmen PCD sein portables Gerät groß herausstellte, das auf der österreichischen Mupid-Lösung basiert und neben Btx-Funktionen auch über Videokamera und -recorder sowie einen Drucker verfügt; oder das "Bitel", das Bildschirstelefon von Siemens.

Darüber hinaus zählen zu diesem Bereich Btx-fähige Personal Computer, deren Marktchancen für die kommenden Jahre allgemein als sehr gut beurteilt wurden. Philips beispielsweise präsentierte das auf der Basis des Office Mikro P 3000 beruhende Editierterminal P 2713. IBM demonstrierte, daß der PC sich auch als Btx-Endgerät einsetzen läßt, hüllte sich allerdings über mögliche weitere Schritte in Schweigen. Die meisten anderen Mikrocomputerhersteller kündigen ihren Einstieg in das Btx-Geschäft an, wollten sich jedoch noch nicht auf konkrete Aussagen festlegen. Generell herrschte die Meinung, daß man zur Funkausstellung, spätestens aber zur Münchner Systems mit Bildschirmtext aufwarten müsse.

Kombinierte Lösungen im kommerziellen Bereich

Die Btx-fähigen PCs deuten bereits Einsatzmöglichkeiten des neuen Dienstes an, die bisher nach Einschätzung der Experten in den unternehmerischen Kommunikationsplanspielen zu wenig Beachtung gefunden haben: Kombinierte Lösungen im kommerziellen Bereich und für den Büroarbeitsplatz.

Olympia zum Beispiel demonstrierte eine elektronische Schreibmaschine, die mit Mupid-Hilfe zum Btx-Terminal aufgerüstet werden kann. Kienzle führte anhand der Systemfamilie 9000 multifunktionale Arbeitsplätze im Verbund vor, die außer Bildschirstext über einen Teletex-Anschluß verfügen und Text- und Datenverarbeitung integrieren. Grafiktableau, Drucker und Speicherperipherie runden die Möglichkeiten ab. Last but not least wurden in Hannover Btx-Anwendungen in Verbindung mit der optischen Speicherplatte gezeigt. Hier tue sich - so die Branchenmeinung - ein Markt auf, dessen Grenzen noch gar nicht abzuschätzen sei. Erste Installationswünsche wurden dem Vernehmen nach am Rande der Messe geäußert.