Neuer Postdienst schafft mehr Transparenz, aber auch mehr Wettbewerb:

Btx für Banken noch ein zweischneidiges Schwert

27.04.1984

BERLIN (CW) - Nicht eindeutig positiv oder negativ ist Bildschirmtext für die Banken zu bewerten. Den Kunden einerseits ist die Möglichkeit zu mehr Vergleichen gegeben, den Banken andererseits ein Rationalisierungsinstrument in die Hand gelegt. An mehr Markttransparenz wird allerdings nicht allen Kreditinstituten gelegen sein. Der Wettbewerb jedenfalls wird durch Btx härter werden. Eine am Institut für Wirtschaftsinformatik der Uni Frankfurt erstellte Diplomarbeit von Bernhard Zöllner enthält diese Aussagen. Betreut wurde die Arbeit von Professor Dr. Joachim Niedereichholz.

Vordergründig scheinen die Banken, was das Massengeschäft anbelangt, von dem neuen Service der Bundespost profitieren zu können. Jedenfalls haben sie sich von Anfang an stark für "Home-Banking" und die daraus resultierenden Rationalisierungschancen engagiert. Das suggerieren allgemeine Pressemeldungen seit Bestehen des Probedienstes. Aus den Fachpublikationen des Kreditgewerbes hingegen sei eher eine reservierte Haltung, wenn nicht Argwohn zur Einführung von Btx herauszulesen. Als Gründe werden der Diplomarbeit zufolge von den Banken genannt: hohe Einstiegskosten, die - wenn überhaupt - nur langfristig durch Rationalisierungseffekte verzinst werden könnten; ferner sei das Medium nicht geeignet, die erklärungsbedürftigen Bankprodukte hinreichend darzustellen. Erstaunlicherweise finden sich unter den Einwänden der Kreditwirtschaft keine Auslassungen zum Thema Markttransparenz, hat der Diplomand herausgefunden. Als Beispiel, wie moderne Technologie jahrzehnte alte Prinzipien, wie etwa das Regionalprinzip der Sparkassen, in Frage stellen könnte, führt die Arbeit auf, daß ein regional angebotener, sehr günstiger, flexibler Haben-Zins demnächst vermutlich über Btx, und zwar überregional, angeboten würde. Außerdem könnte die Stiftung Warentest ebenfalls via Btx dann noch für die weitere Verbreitung dieser Information sorgen, also Markttransparenz schaffen.

Kurzfristig keine entscheidenden Änderungen

Home-Banking könne sich jedoch nur verbreiten, wenn es an den Bankkunden keine wesentlich höheren Anforderungen stellt als beim Kauf von Haushaltswaren. Zöllner beruft sich bei dieser Annahme auf Feststellungen amerikanischer Warenhauskonzerne. Die in Bankkreisen etwas verächtlich "Stocks-and-socks-Politik" genannte Art Bankdienste zu verkaufen, könnte demnächst aber auch bei uns in modifizierter Form Einzug halten. Indiz dafür sei, daß die frühzeitige Btx-aktive Hamburger Verbraucherbank durch das Versandhaus Quelle übernommen worden sei.

Als Fazit hält die Diplomarbeit fest: Btx liefert das Potential zu mehr Markttransparenz. Ob das Potential genutzt wird, hängt davon ab, ob der Benutzer davon ausgehen kann, daß das Informationsangebot nicht zu viele Lücken aufweist. Höhere Markttransparenz wird den Wettbewerb verschärfen, aber erst ab einem gewissen Verbreitungsgrad von Btx und dem Hinzutreten neuer Konkurrenten aus anderen Branchen. Kurzfristig ist daher nicht mit entscheidenden Änderungen der Gebührenpolitik der Banken zu rechnen.

Die langfristig zu erwartende Verschärfung des Wettbewerbs könnte zu einer für den Bankkunden günstigen Nivellierung der Zinssätze, zur Reduzierung der Wertstellungsgewinne aufgrund des Realtime-Charakters von Btx und zur Vereinfachung der Gebührenpolitik führen. Angesichts dieser negativen Folgen im Mengengeschäft sind durchaus Gegenreaktionen denkbar.

Große Sorgen bereiten einige wettbewerbsverschärfende Fakten, wie zum Beispiel das Eindringen der Post in die traditionellen Bankgeschäfte. Da die Postbankdienste das Postmonopol bereits wettbewerbsverzerrend - aber sehr zum Nutzen des Privatkunden - ausnutzen (Portoersparnis beim Postscheckbrief etc.), beunruhigt die Ausdehnung der Postdienste zu Postbankdiensten in Verbindung mit dem Btx-Monopol der Post das Kreditgewerbe verständlicherweise sehr.

Dies wird besonders akut, wenn der neue CEPT-Standard den Postbankauslandsdienst kostengünstig modernisiert und Großkunden die erweiterte Basis für eigenverantwortlich durchgeführtes, europaweites Cash-Management bietet, das den Kreditinstituten Liquidität im großen Stil entziehen wird.

Bekanntlich betreiben große Konzerne hauptsächlich in USA bereits Cash-Management-Optimierungen, die teilweise Bankdienste umgehen. Mit Interesse wird man unter diesem Aspekt auch die Verlängerung/Nichtverlängerung der SWIFT-Verträge über 1986 hinaus beziehungsweise den Versuch des Einspringens durch posteigene Netzwerkdienste verfolgen können.

Insgesamt kann festgehalten werden, daß Btx den Banken hohe Kosten aufbürdet und den Wettbewerbsdruck verschärft, zur Zeit jedoch nur wenig positive Perspektiven bietet. Den "Outsidern" wie Verbraucherbank, Kartenorganisation, Post werden hingegen beachtliche Möglichkeiten der Marktdurchdringung eröffnet.