"Bruessel darf sich nicht mehr viel Zeit lassen"

13.10.1995

CW: Sie haben kuerzlich in Bruessel die Konzeption von "Uniworld" vorgelegt. Das geplante Joint-venture zwischen Unisource und AT&T ist ebenso wie das Projekt "Atlas" von France Telecom und der Telekom AG von dem Segen der Europaeischen Kommission abhaengig. Wann rechnen Sie mit einer Freigabe?

Vucins: Ich hoffe, dass wir bereits Ende 1995 gruenes Licht aus Bruessel bekommen.

CW: Die Muehlen in Bruessel mahlen aber sehr langsam, wie man an Atlas sieht.

Vucins: Was heute ablaeuft, ist ein politischer, von Bruessel bewusst initiierter Prozess. Die Kommission beabsichtigt, alle EU-Staaten, insbesondere aber Frankreich und Deutschland, unter Druck zu setzen, ihre Maerkte noch vor 1998 zu oeffnen. Es geht hier nicht in erster Linie um Atlas, Uniworld oder Phoenix, sondern um die Liberalisierung in Europa, ausser Grossbritannien.

CW: Schaffen die Eurokraten in Bruessel mit ihrer harten Haltung nicht erneut ein Monopol? Das Joint-venture zwischen MCI und British Telecom (BT) hat ja bereits die Genehmigung.

Vucins: Es kann nicht im Interesse der Kommission sein, nur

"Concert", dem Joint-venture zwischen MCI und BT, zu erlauben, multinationalen Konzernen Dienste anzubieten. Damit wird in der Tat wieder ein Monopol erzeugt. Bruessel muss ein handfestes Interesse an der Zulassung von Phoenix, Atlas und natuerlich auch Uniworld haben. Nur Wettbewerb fuehrt zu sinkenden Preisen. Bruessel darf sich nicht mehr viel Zeit lassen.

CW: Unisource kooperiert ab sofort mit der Infonet Services Corp., einem weltweit operierenden Anbieter von Value Added Services und Netzdiensten. Warum ist die Partnerschaft mit Sita, dem Eigner des international groessten Netzwerkes, in die Brueche gegangen?

Vucins: Sita beschloss eine eigenstaendige, global agierende Company zu gruenden. An dieser Gesellschaft haetten wir nur eine Minoritaet erwerben koennen. Unisource konnte seine Zukunft nicht in die Haende eines Unternehmens legen, an dem es nicht die Mehrheit besitzt.

CW: Kann Infonet Services Sita ersetzen?

Vucins: Infonet schliesst diese Luecke, weil sich die Gesellschafterstruktur geaendert hat. Wir konnten vor zwei Jahren nicht in das Unternehmen einsteigen. Damals war noch MCI beteiligt, und ausserdem hatten die Telekom AG und France Telecom grosse Anteile. Beide werden ihre ohnehin schon reduzierten Anteile ganz abstossen. Das macht auch Sinn, wenn sie durch die Beteiligung an Sprint ueber das weltweite Sprintnet verfuegen koennen.

CW: Robert Allen, Chairman von AT&T, ihrem Uniworld-Partner, hat, wie er sagte, "kein Interesse an Infonet". Wie deuten Sie dieses Statement?

Vucins: Fuer Allen sind das Peanuts. AT&T ist eben traditionell eine Telefongesellschaft und kein Unternehmen der Datenkommunikation.

CW: Wie passt AT&T dann in das Uniworld-Gefuege?

Vucins: Das Unisource-Geschaeft wird heute von der Datenkommunikation beherrscht. Wenn Uniworld 1996 startet, werden zwei Drittel des Umsatzes auf Daten entfallen, ein Drittel auf Sprache. Bis zum Jahr 2000 wird sich dieses Verhaeltnis jedoch umkehren. So gesehen ist AT&T der richtige Partner.

CW: Zum deutschen Markt. Unisource hat mit CNI, also einem privaten Anbieter von Network Services, einen Letter of Intent ueber eine Beteiligung unterzeichnet. Es kursieren aber Geruechte, AT&T werden nach dem Ausstieg von RWE Telliance als Gesellschafter neben der Deutschen Bank und Mannesmann Eurocom CNI den Ruecken kehren.

Vucins: AT&T sieht sich in Deutschland definitiv nach keinem anderen Partner um als Unisource.

CW: Was macht CNI fuer Unisource so interessant?

Vucins: Wir brauchen in Deutschland Kunden, Services und Infrastruktur. CNI bietet uns Kunden und Services, wenn auch keine Netzkapazitaeten. Die koennen wir aber einkaufen, dazu ist kein eigenes Netz noetig.

CW: Wie bedient Unisource heute Kunden in Deutschland?

Vucins: Wir kaufen Leitungskapazitaet zu Monopolpreisen der Telekom ein und verkaufen sie unseren Kunden zu Marktpreisen. Das ist kein sehr gutes Geschaeft - leider arbeiten wir in einem Business, in dem jeder Geld verliert, mit Ausnahme der Monopolisten.

Mit Viesturs Vucins, President Unisource Business Networks und designierter Chef von Uniworld, dem geplanten Joint-venture zwischen Unisource und AT&T, sprach CW-Redakteur Peter Gruber.