Update verbessert die Benutzerführung

Browser-Markt: Opera gibt nicht auf

07.12.2001
MÜNCHEN (ws) - Das norwegische Softwarehaus Opera möchte mit der Version 6 seines Web-Browsers endlich den Sprung unter die führenden Anbieter schaffen. Eine neue Oberfläche soll die unbestrittenen technischen Qualitäten wirksamer präsentieren. Zusätzlich erleichtern Importwerkzeuge den Umstieg von Konkurrenz-Browsern.

Opera konnte trotz der schwierigen Bedingungen im Browser-Markt bis dato eine beachtliche Anwenderschar gewinnen. Dennoch dürfte sich der Marktanteil der Norweger nur im oberen einstelligen Prozentbereich bewegen. Eine genaue Erfassung fällt schwer, weil sich Opera gegenüber Web-Servern standardmäßig als Internet Explorer ausgibt. Opera-Fans schätzten von Anfang an die geringe Größe der Software und den schnellen Aufbau von HTML-Seiten. Außerdem überzeugt sie durch Konformität mit den wichtigsten Web-Standards sowie die Unterstützung für mehrere Betriebssysteme. Viele Interessenten stießen sich bisher aber an der etwas eigenwilligen Benutzerführung und dem Preis. Der lag zwar nicht höher als für Shareware-Programme üblich, angesichts der Gratiskonkurrenz schien dies potenziellen Nutzern häufig trotzdem zu viel. Seit rund einem Jahr bietet Opera seinen Browser deshalb in zwei Varianten an: eine kostenlose, die sich über Werbeeinblendungen finanziert, und eine werbefreie, für die 39 Dollar zu berappen sind.

Näher am Consumer-MarktNach der Lösung des Preisproblems konzentriert sich das norwegische Unternehmen nun darauf, die Version 6 ansprechender zu gestalten und die Bedienung stärker an die bestehenden Benutzergewohnheiten anzupassen. Gerade für den Consumer-Markt spielt die Möglichkeit, das Aussehen des Browsers nach dem eigenen Geschmack verändern zu können, eine wichtige Rolle. Opera 6 kommt wie die aktuellen Ausführungen von Netscape/Mozilla diesem Bedürfnis durch austauschbare "Skins" entgegen.

Weit größere Bedeutung in puncto Bedienerführung hat das neue Single Document Interface (SDI). Am bisherigen Verhalten des Browsers, neue Fenster nach dem Vorbild alter Windows-Programme nur innerhalb des Hauptfensters zu öffnen, entzündete sich die Kritik. Während eingeschworene Opera-Fans auch dafür Vorteile nennen konnten, fiel die skandinavische Software bei vielen Anwendern allein schon deswegen in Ungnade. Als störend wird am Multiple Document Interface (MDI) empfunden, dass unter Windows nicht mittels der Taskleiste zwischen den Browser-Fenstern gewechselt werden kann, sondern nur über den Menüpunkt "Fenster" in der Anwendung selbst. Die Version 6 unterstützt beide Benutzerobflächen, die sich jeweils beim Programmstart aktivieren lassen.

Einen interessanten Kompromiss zwischen beiden Varianten bietet die Möglichkeit, beim SDI innerhalb eines Fensters mehrere Seiten zu öffnen. Dabei kann der Nutzer über Karteikasten-Reiter zwischen den HTML-Pages umschalten. Diese Technik kopiert die "Tabs" von Mozilla. Eine Angleichung an die großen Konkurrenten erfährt Opera übrigens auch durch die neue "Personal Bar", auf der sich die wichtigsten Bookmarks als Icons platzieren lassen.

Die Norweger beschränken sich jedoch nicht darauf, Ideen der Konkurrenten zu übernehmen, sondern haben sich eine Reihe von Detailverbesserungen einfallen lassen, die den Nutzen ihres Browser erhöhen. Dazu zählt etwa das Popup-Menü, das sich über markierten Text öffnen lässt. So lassen sich Begriffe in einem Wörterbuch nachschlagen, an einen Übersetzungsdienst senden oder an eine Suchmaschine übergeben. Diese Funktion dient zwar Opera als Vehikel für Kooperationen mit Internet-Dienstleistern, erweist sich in der Praxis aber doch als sinnvolle Erweiterung.

Die Konzentration auf das neue Erscheinungsbild macht sich auch in der recht kurzen Liste der technischen Neuerungen bemerkbar. In Bezug auf die gängigen Web-Technologien hatte Opera allerdings nur wenig Nachholbedarf. Neu hinzu kamen die TSL-Verschlüsselung für SMTP und POP 3 sowie die Unterstützung für Netscapes "Live Connect". Diese erlaubt Scripts, im Browser ablaufende Java-Applets sowie Plugins zu steuern. Defizite weist Opera im Vergleich zu den großen Konkurrenten noch bei XML-bezogenen Standards auf. Verbesserungen in dieser Hinsicht bringt die nun eingeführte Unterstützung für Unicode, das ja als Standardzeichensatz für XML fungiert.

Der Browser kann zwar CSS-formatierte XML-Dateien darstellen, vermag diese aber weiterhin nicht mittels XSLT zu transformieren. Schwerer dürfte indes wiegen, dass auch die aktuelle Version im Gegensatz zur großen Konkurrenz nicht mit dem W3C-Standard Document Object Model (DOM) kompatibel ist. Er dient als Programmier-Schnittstelle für den Zugriff auf beliebige Dokumentabschnitte, beispielsweise um Passagen einzufügen, zu löschen oder zu verschieben.

Wechsel leicht gemachtIn der Praxis kommt Opera aber mit den Inhalten der allermeisten Websites gut zurecht und bildet zu diesem Zweck sogar die meisten Eigenheiten und Fehler der Marktführer nach. Der norwegische Hersteller bietet nun auch Importfunktionen, mit denen Bookmarks vom Internet Explorer und Netscape Navigator übernommen werden können. Der integrierte Mail-Client beherrscht zudem das Einlesen von Adressen und Nachrichten aus "Outlook Express".

Opera 6 ist für Windows sowie als Technical Preview für Linux verfügbar. Ausführungen für andere Betriebssysteme weisen zum Teil einen erheblichen Entwicklungsrückstand auf. Alle Versionen lassen sich von http://www.opera.com herunterladen.