Microsoft, Apple und Mozilla ändern ihre Strategien

Browser-Anwendern drohen Komplikationen

11.07.2003
MÜNCHEN (ws) - Die Entscheidung von Microsoft, den "Internet Explorer" nur noch zusammen mit Windows herauszubringen, führt zu neuen Grenzziehungen im Browser-Markt. Dies dürfte sich nicht nur auf das Web auswirken, sondern auch auf Firmen-Intranets, wenn dort ein Browser zum Standard erkoren wurde.

Microsoft gab kürzlich bekannt, dass es den Internet Explorer (IE) zukünftig nur mehr als Bestandteil von Windows anbieten wird. Die aktuelle Version 6 sei die letzte Stand-alone-Ausführung. Sie markiert demnach für Benutzer von Windows 98/2000/XP das Ende der Fahnenstange, was die Browser-Technik aus dem Hause Microsoft betrifft.

Mit dieser Entscheidung stellt die Gates-Company die weitere Browser-Unterstützung für den Apple Macintosh und einige Unix-Systeme ein. Eine Ausführung für Linux gab es ohnehin nie. Die Firma mit dem Apfel-Logo verfolgt ihrerseits einen ähnlichen Kurs wie Microsoft und bietet mit "Safari" einen Betriebssystem-eigenen Browser an. Dieser beruht auf der KHTML-Bibliothek aus dem Open-Source-Projekt KDE.

Im Gegensatz dazu betreibt das freie Mozilla-Projekt weiterhin eine Multiplattformstrategie, die beinahe jedes Desktop-fähige Betriebssystem berücksichtigt, OS/2 oder Open VMS inklusive. In der kürzlich veröffentlichten Roadmap (http://www.mozilla.org/roadmap.html) schlägt das freie Projekt aber einen neuen Kurs ein. Es will sich vom Konzept eines integrierten Internet-Frontend, bestehend aus Web-Browser, Mail-Client, News-Reader und HTML-Editor, lösen und seine Software stärker modularisieren. Als Grundlage für die nächsten Versionen soll der ebenfalls aus dem Mozilla-Projekt stammende "Firebird" (ehemals "Phoenix") dienen. Dieser beschränkt sich auf Basisfunktionen eines Browsers und verfügt über einen Erweiterungsmechanismus, mit dessen Hilfe zusätzliche Programme integriert werden können. Die eben erschienene Version 1.4 von Mozilla soll damit die letzte auf Grundlage des integrierten Ansatzes bleiben. Eine Übersicht über ihre neuen Funktionen findet sich unter http://www.mozilla.org/releases/mozilla1.4.

Konsequenzen für Content-Anbieter

Die Neuausrichtung der drei genannten Browser-Hersteller wirkt sich primär auf die Anbieter von Inhalten aus, darunter auch auf jene in Intranets. Die bisher weit verbreitete Praxis, die Darstellung von Seiten für den marktführenden IE zu "optimieren", benachteiligt zukünftig alle mit Windows konkurrierenden Betriebssysteme. In gewisser Weise galt das auch schon bisher, weil die Mac- und Unix-Versionen des IE auf einer anderen Codebasis beruhten und sich nicht genau gleich verhielten wie das Windows-Pendant.

Einige Beobachter gehen davon aus, dass Betreiber von Websites sich deshalb verstärkt um standardkonform aufbereitete Inhalte bemühen werden. Dadurch könnten sie Benutzer auf unterschiedlichen Plattformen gleichwertig bedienen. Allerdings steht dem entgegen, dass Browser wesentliche Standards wie Cascading Stylesheets (CSS) nicht immer getreu oder vollständig umsetzen. Hinzu kommt, dass jeder Hersteller eine eigene Variante der populären Scriptsprache Javascript anbietet. Solange die Web-Frontends in der Darstellung von Seiten stark voneinander abweichen, dürfte daher der Zwang zu Browser-spezifischen Formatierungen und Scripts eher noch zunehmen.

Aufgrund der dominierenden Marktposition des IE haben die neuen Weichenstellungen von Microsoft die größten Auswirkungen. Die unzertrennliche Ehe zwischen IE und Windows koppelt beider Update-Zyklen zusammen. Das bedeutet zunächst, dass Windows-Anwender bis zum "Longhorn"-Release des Betriebssystems warten müssen, um in den Genuss eines neuen Browsers zu kommen. Angesichts des mittlerweile etwas angestaubt wirkenden IE 6 erscheint eine Frist bis ins Jahr 2005 als ziemlich lang. Nutzer bestehender Windows-Versionen kommen dann nur über ein System-Update an das neue HTML-Frontend.

Probleme bei gemischten Installationen befürchtet

Als lästig dürfte sich dies für Firmen erweisen, die ihre Intranets auf eine bestimmte Version des Microsoft-Browsers standardisiert haben. Stellen einige Abteilungen oder Niederlassungen auf das neue Windows um, entsteht zwangsläufig eine gemischte Browser-Installation. Je nachdem, wie kompatibel sich das neue Web-Frontend mit seinem Vorgänger erweist, entfaltet sich dadurch ein Druck zum Update auf Longhorn.

Alternativ könnten Anwender natürlich plattformübergreifend auf Mozilla oder auf "Opera" des gleichnamigen norwegischen Herstellers setzen. Auf den Systemen mit integriertem Browser führt dies allerdings zu zusätzlichem Installations- und Wartungsaufwand. Deshalb gehen Apple und Microsoft davon aus, dass nicht nur Privatanwender, sondern auch Unternehmen in der Mehrzahl die eingebaute Software nutzen werden.

Abb: Fahrplan für Mozilla

Der freie Browser soll nicht mehr als Anwendungspaket weitergeführt werden. Quelle: Mozilla