Broderbund ueberraschend ueberboten Learning Co. straeubt sich gegen die Uebernahmeplaene von Softkey

01.12.1995

MUENCHEN (CW/IDG) - Alles schien klar: Noch in diesem Jahr sollte die Learning Co. in den Besitz der Broderbund Software Inc. uebergehen. Zwischenzeitlich hat sich aber die Softkey International Inc. eingemischt, die den Hersteller von Ausbildungssoftware gegen den Willen des Learning-Vorstands uebernehmen will.

Eigentlich sollte es eine ganz normale Uebernahme werden, als Broderbund Ende Juli den Learning-Co.-Aktionaeren das Tauschangebot machte, das damals einen Wert von 440 Millionen Dollar hatte (vgl. CW Nr. 32 vom 11. August 1995, Seite 46: "Broderbund Software kauft Learning"). Das Management des Softwareherstellers aus Fremont, Kalifornien, war einverstanden. Es fehlte nur noch die Genehmigung der Aktionaere.

Doch es kam anders: Die Softkey International, nach eigenen Angaben weltweit zweitgroesster Software-Anbieter im Consumer- Bereich, hatte sich offenbar zum Ziel gesetzt, ihren Marktanteil mit Hilfe von Uebernahmen auszubauen. Neben der Minnesota Educational Computing Corp. (MECC), die das Unternehmen aus Cambridge, Massachusetts, fuer rund 370 Millionen Dollar in ihren Besitz bringen will, hat man dabei auch ein Auge auf die Learning Co. geworfen. Am 30. Oktober machte man dem Unternehmen das Angebot, 4,6 Millionen Learning-Aktien fuer 65 Dollar pro Stueck zu uebernehmen. Damit waeren 61 Prozent der ausstehenden Aktien an Softkey uebergegangen. Spaeter wollte man die noch verbliebenen Learning-Titel in Softkey-Notizen umtauschen.

Vorstand fuer niedrigere Broderbund-Offerte

Obwohl das Softkey-Angebot im Wert von etwa 606 Millionen Dollar deutlich ueber der Broderbund-Offerte liegt, die mittlerweile auf umgerechnet 560 Millionen Dollar aufgestockt wurde, will sich Learning lieber unter die Fittiche von Broderbund begeben. Die Business-Strategie des Unternehmens wuerde besser mit der von Learning harmonieren, so deren Begruendung. "Dieses Abkommen ist fuer die Aktionaere langfristig von hoeherem Wert", erklaert Learnings President und CEO Bill Dinsmore. Der Vorstand hat die Aktionaere aufgefordert, keine Anteile an Softkey abzutreten. Zudem soll die Fuehrungsriege versucht haben, zur Abwehr der unfreundlichen Uebernahme neue Aktien auszugeben, ein Vorgang, der in Branchenkreisen als "poison pill" bezeichnet wird.

Softkey will sich das wiederum nicht bieten lassen und faehrt groessere Geschuetze auf. "Das Management der Learning Co. ignoriert die Veraenderungen im Markt fuer Consumer- und Ausbildungssoftware. Sie stuetzen sich auf oekonomische Modelle von gestern. Es ist unerhoert, dass das Unternehmen ein hoeheres Angebot ausschlaegt und zudem die Aktionaere in ihrer Entscheidungsfreiheit einschraenkt", ereifert sich Michael Perik, Chairman und CEO von Softkey.

Das Unternehmen hat zehn Prozent der Learning-Aktionaere hinter sich gebracht, genug, um auf deren Wunsch eine ausserordentliche Aktionaersversammlung einzuberufen. Diese war fuer 13. Dezember 1995 geplant. Learning soll jedoch kurzfristig die Statuten geaendert haben. Die erforderliche Frist zwischen Antrag und Versammlungstermin wurde damit verlaengert. Demnach koennte ein ausserordentliches Treffen erst im Januar naechsten Jahres stattfinden.

Softkey versucht nun, per Gericht diese Aenderung rueckgaengig zu machen und einen Austausch des Learning-Managements herbeizufuehren.