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Angst vor Kundenprotesten

British Telecom macht einen Rückzieher bei Phorm

06.07.2009
Von pte pte
Das umstrittene digitale Werbe-Tracking-System Phorm muss in Großbritannien einen weiteren herben Rückschlag hinnehmen. Nun zieht sich auch der Carrier BT zurück.

Nachdem sich bereits vor einiger Zeit der Online-Händler Amazon und die Internet-Enzyklopädie Wikipedia für einen Ausstieg aus dem von Datenschützern im Vorfeld heftig kritisierten Projekt "Phorm" entschieden hatten, verlässt mit der British Telecom (BT) nun auch der bisher stärkste Verfechter der neuen Werbetechnologie das sinkende Schiff. Das britische Telekommunikationsunternehmen, das zuvor eine zentrale Rolle in der Entwicklung und praktischen Umsetzung des Phorm-Konzepts eingenommen hatte, wird die Webaktivitäten seiner rund 4,8 Millionen Breitbandkunden in Großbritannien nicht mithilfe des neuartigen Systems für die Verschickung von maßgeschneiderter Werbung auswerten. Wie ein BT-Sprecher gegenüber dem "Guardian" erklärt, soll neben wirtschaftlichen Motiven auch die Angst vor einem zunehmenden Protest der Kunden ausschlaggebend für den Phorm-Rückzug gewesen sein.

In Deutschland, wo das Verschicken zielgerichteter Werbung mittlerweile auch eine gängige Praxis geworden ist, finde ein Einsatz derartiger Werbe-Tracking-Systeme bisher nicht statt, bestätigt Marit Hansen, stellvertretende Landesbeauftragte für Datenschutz in Schleswig-Holstein, auf Anfrage von pressetext. "Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass eine solche Technologie hierzulande eingesetzt wird. In der vorliegenden Form wäre Phorm in Deutschland ohnehin nicht rechtskonform, da das Bundesdatenschutzgesetz die Herausgabe individueller Nutzerprofile an Dritte nicht zulässt", erläutert Hansen. Dass sich mittlerweile auch in Großbritannien die Internetanbieter zunehmend gegen das umstrittene Werbesystem entscheiden würden, sei sicherlich eine prinzipiell positive Entwicklung. "Es ist wichtig, dass die Nutzer ihre Bedenken gegenüber derartigen Technologien öffentlich kundtun. Auf diese Weise können sie den betroffenen Firmen klar machen, dass sie riskieren, sie als Kunden zu verlieren, falls sie an den Spionagemethoden festhalten", betont Hansen.

Phorm selbst reagiert auf den BT-Ausstieg eher gelassen. "Ehrlich gesagt ist das keine allzu große Überraschung für uns. Wir entwickeln das System mittlerweile bereits seit einer langen Zeit und haben nie einen definitiven Starttermin zugesichert bekommen", stellt ein Sprecher des Werbeunternehmens gegenüber dem "Guardian" fest. Das Weiterbestehen Phorms hänge aber nicht alleine vom Kooperationswillen der britischen Internetserviceanbieter ab. So sei man inzwischen bereits mit der Expansion über die Landesgrenzen hinweg beschäftigt und führe Gespräch mit Providergesellschaften in 15 verschiedenen Ländern. Als Beispiel verweist der Phorm-Sprecher in diesem Zusammenhang etwa auf Südkorea, wo man in diesem Jahr gemeinsam mit KT, dem größten Provider des Landes, einen ersten Testlauf der Phorm-Technologie durchführen werde. (pte)