Carrier will Wettbewerbsvorteil weiter ausbauen

British Telecom liebäugelt mit IBM als Netzwerk-Partner

11.01.1991

LONDON/ESCHBORN (pg) - Die Gerüchte um eine Liaison zwischen British Telecom und IBM scheinen sich zu bewahrheiten. Nachdem die Briten eine entsprechende Meldung der "Financial Times" noch heftig dementierten, gab der Carrier jetzt doch zu, mit Big Blue über ein internationales Netzwerk zu verhandeln.

Die "Financial Times" war es, die Mitte Dezember 1990 den Stein ins Rollen brachte. Die britische Zeitung hatte damals gemeldet, IBM und British Telecom würden ein Joint-venture planen, das internationalen Konzernen umfassende Netzdienste anbieten werde. Ferner berichtete das Blatt, British Telecom werde in einem ersten Schritt das Management des IBM-Netzes übernehmen und mit dem eigenen Netzwerk Tymnet verbinden. Später dann, so die "Financial Times" weiter, würden beide Unternehmen zusammen auf einem Netz neben der Daten- auch noch die Sprachkommunikation in die Palette ihres Diensteangebots aufnehmen.

Während die IBM den Inhalt des Artikels als reine Spekulation bezeichnete und keine weiteren Kommentare abgab, bestritt British Telecom in einer ersten Reaktion auf den Artikel zwar die gemeinsame Vermarktung von Diensten an Dritte, räumte jedoch ein, mit IBM Verhandlungen darüber zu führen, Services von British Telecom auf das Netz von Big Blue aufzusetzen. Die halbstaatliche PTT wies dann aber in einer weiteren Pressemitteilung den gesamten Inhalt des Times-Berichtes als falsch zurück.

Nach diesem Dementi hüllen sich die Verantwortlichen der britischen PTT jetzt ebenso wie IBM in Schweigen. Aus London verlautete nur noch, Spekulationen in der Presse über die geschäftlichen und wirtschaftlichen Aktivitäten würden nicht kommentiert. Außerdem sei die Absicht, weltweit Netzdienste anzubieten, allen bekannt, wobei IBM nur einer von mehreren potentiellen Partnern sei, mit denen Gespräche geführt würden.

Obwohl offiziell aus der Londoner Zentrale kein Statement über einen Abschluß zwischen Big Blue und British Telecom vorliegt, zweifeln Insider nicht am Zustandekommen des Deals. Auch Klaus Vormberge, General Manager der British Telecom Deutschland GmbH, rechnet mit dieser Kooperation. "Es werden offensichtlich auf Vorstandsebene zwischen beiden Unternehmen Gespräche geführt", sagte Vormberge und meinte weiter: "Es sind Informationen zu einem Zeitpunkt durch gezielte Indiskretion publik geworden, die offiziell vermutlich in einigen Wochen angekündigt werden."

Sollte das Geschäft mit den Armonkern zustandekommen, hätten die Briten nach dem Kauf von Tymnet vermutlich einen weiteren großen Coup gelandet. Selbst wenn IBM zunächst nur Kunde von British Telecom wäre und Dienste des Carriers auf dem eigenen Netz nutzen würde, ist nicht auszuschließen, daß beide Unternehmen in einem weiteren Schritt ihre Netze zusammenschließen und gemeinsam als Anbieter von Daten- und Sprachkommunikation auftreten.

Tatsächlich bemüht sich British Telecom schon seit gut zwei Jahren intensiv darum, eine weltweite Infrastruktur aufzubauen. Mit der Übernahme des Tymnet-Netzes von McDonnell-Douglas (Kosten: 355 Millionen Dollar) hat sich der Carrier bereits große Anteile am nordamerikanischen und europäischen Markt erschlossen. Die Kombination dieses Netzes mit dem internationalen Netz der IBM würde die Wettbewerbsposition gegenüber anderen PTTs und Anbietern weiter verbessern. Vormberge zu dieser Strategie: "Es gibt Wachstum nur noch außerhalb der Insel."

Bei dem Versuch, sich mit IBM und anderen Netzbetreibern zusammenzutun, geht es, so der General Manager, "im Kern darum, unterhalb der Global Network Services des Unternehmens ein weltweites Overlay-Netz aufzubauen". Aufgabe von British Telecom wäre, zu den Verbindungen von IBM alternativ Leitungen zu schalten, um schon auf der physikalischen Ebene für Ausfallsicherheit zu sorgen. Das würde nach Schätzung des GmbH-Chefs eine Investition von mehreren hundert Millionen Pfund bedeuten. Vormberge lapidar zu dem finanziellen Aufwand: "Es wäre kein Nachteil, wenn IBM da mit von der Partie ist."