Telekom bei Mercury im Gespraech

Britische Telecom-Giganten BT und Cable & Wireless vor Fusion

05.04.1996

Die Finanzwelt in der City of London diskutierte Ende vergangener Woche nur ein Thema: In den einschlaegigen Boersenkreisen wird nach Berichten der "Financial Times" und des "Wall Street Journal" eine Uebernahme von Cable & Wireless durch BT als mehr als nur eine Spekulation gehandelt. So soll sich, nicht zuletzt auf Druck einflussreicher Bank- und Investorenkreise, das Management der beiden Telecom-Companies bereits zu ersten Sondierungsgespraechen getroffen haben. Gedacht wird offenbar an einen bei Fusionen dieser Art ueblichen Aktientausch, wobei Cable & Wireless als das kleinere Unternehmen (knapp vier Milliarden Pfund Umsatz) zusaetzlich neue Aktien auflegen soll. Die Anteilseigner des Unternehmens wuerden also, wenn man so will, eine Dividende von BT (Jahresumsatz mehr als 14 Milliarden Pfund) erhalten. Den Kaufpreis fuer Cable & Wireless beziffern Boersianer auf rund 12,4 Milliarden Pfund.

Ueber die Hintergruende des denkbaren spektakulaeren Deals wird indes noch geraetselt. Sowohl BT als auch Cable & Wireless wollen ihre Ausgangsbasis fuer den immer haerter werdenden internationalen Wettbewerb staerken, heisst es.

<H4>Probleme mit deutschen Allianzen wahrscheinlich</H4>

Nachdem Cable & Wireless in den vergangenen Jahren sein Engagement in wichtigen Auslandsmaerkten sukzessive zurueckgefahren hatte (vor allem in Deutschland setzte man statt einer eigenen Tochtergesellschaft samt Vertriebsmannschaft lieber auf eine Kooperation mit der Duesseldorfer Vebacom), koennte eine Buendelung von Ressourcen das ausschlaggebende Motiv sein. Hinzu kaeme, dass BT mit der traditionellen Staerke von Cable & Wireless im Asiengeschaeft seine Position in Fernost, nicht zuletzt im Wettbewerb mit AT&T, nachhaltig untermauern koennte.

Allerdings duerften sich gerade die strategischen Allianzen beider britischer Carrier in Deutschland fuer die Realisierung des geplanten Mergers als Hemmschuh erweisen. Waehrend Cable & Wireless feste Bande mit Vebacom geknuepft hat, schmiedete BT erst Anfang Februar die der Telekom auf ihrem Heimatmarkt halbwegs ebenbuertige Dreierallianz mit der Muenchner Viag-Gruppe und dem Essener RWE- Konzern. Die jeweiligen deutschen Partner werden jedoch, so Experten, der britischen Telecom-Ehe eher reserviert gegenueberstehen.

Aehnliches wird auch der britischen Regulierungsbehoerde Oftel unterstellt, wenngleich Londoner Regierungskreise bereits ihre Zustimmung zu dem Deal signalisiert haben sollen. Unter sehr rigiden Auflagen allerdings. So geht man in London davon aus, dass sich BT im Falle des Falles von der dann quasi eingekauften 50- Prozent-Beteiligung von Cable & Wireless am privaten britischen Mobilfunkbetreiber Mercury One-2-One trennen muesste. Noch einschneidender fuer den britischen Telecom-Markt waere ein aus Wettbewerbsgruenden wahrscheinlich notwendiger Verkauf der 100prozentigen Cable & Wireless-Tochter Mercury, die in Grossbritannien seit Anfang der achtziger Jahre als erster privater Carrier neben BT landesweit Telefonservices anbietet.

Die Favoriten fuer eine Uebernahme der Perle des britischen Telecom- Marktes heissen angeblich AT&T und Deutsche Telekom. Telekom-Chef Ron Sommer soll jedenfalls, wie in London zu hoeren ist, schon im Sommer 1995 von diversen BT-Planspielen unterrichtet worden sein und sein Interesse signalisiert haben.