BRD ein DFÜ-Entwicklungsland?

24.06.1977

Die Bundespost baut das Elektronische Datenvermittlungs-System (EDS) auf. Im Juni 1976 wurde dieses digitale Durchschalte-Vermittlungs-Netz offiziell eröffnet. Seine Vorteile gegenüber dem heute hauptsächlich für Datenübertragung genutzten Telefonnetz: EDS-Verbindungen sind schneller und sicherer. Im Endausbau werden Anfang der 80er Jahre insgesamt 24 computer-betriebene Vermittlungssteilen zur Verfügung stehen. Und es ist geplant, daß dann innerhalb des EDS auch Paketvermittlung (Packet Switched Network) eingeführt werden soll. Dann erst werden die Gebühren nicht mehr allein gemäß der genutzten Zeit der durchgeschalteten Leitungen berechnet werden, sondern auch in Abhängigkeit von der Menge der tatsächlich übermittelten Daten.

Paketvermittlung reduziert die Kosten der DFÜ, weil durch gleichmäßigere Nachrichtenstrome Leitungen besser ausgelastet werden. Dem steht gegenüber der Investitionsaufwand für die Vermittlungsstellen (Konzentratoren und Knotenrechner mit Zwischenspeicherungs-Kapazitäten) und für die Software, die Nachrichtenströme in Teilmengen (Pakete) zerhackt, die für die Übertragung im vermaschten Leitungsnetz jeweils optimalen Teilstrecken auswählt und Bei der Zielvermittlung die ursprüngliche Reihenfolge der Pakete wieder herstellt Diese Vorteile scheinen die Kosten zu rechtfertigen, insbesondere, weil beim Dialog gegenüber Durchschaltebetrieb die Lücken von anderen Paketen in beiden Richtungen genutzt werden können. Irgendwo schneiden sich die Kostenkurven. Wann? Erst in den 80er Jahren?

Ausgerechnet Spanien

Anderswo denkt man anders. Bereits 1975 wurde in den USA das Telnet als erster Paketvermittlungsdienst Für den kommerziellen Markt in Betrieb genommen, nachdem man mit dem schon legendären Arpa-Net lange Jahre Erfahrungen sammelte. In Frankreich wurde in diesem Jahr mit der Errichtung, des Transpac-Paketvermittlungs-Netzes begonnen: Ende 1977 werden zwölf Vermittlungsknoten für 1500 Terminals und Satellitenrechner bereitstehen. Ende 1979 dann 25 Knoten für 6000 Anschlüsse. Auch in England gibt es bereits einen Experimental Packet Switched Service (EPSS) mit zunächst 42 Teilnehmern in drei Städten, der neuerdings 49 600 Band-Breitbandleitungen anbietet. Ausgerechnet Spanien hat bereits 1973 ein Paketvermittlungsnetz speziell für Banken eingeführt. Auch das geplante Euronet der europäischen Postverwaltungen (vormals auch Cost 11 und EIN genannt), das bereits im nächsten Jahr starten soll, wird Paketvermittlung anbieten. Geplant sind Vermittlungszentralen und Knoten in zahlreichen europäischen Hauptstädten, so daß im Endausbau etwa 700 Forschungzentren, Industrieunternehmen und öffentliche Institutionen auf mehr als 20 öffentliche Informationszentrums-Datenbanken aus den Bereichen Physik, Chemie, Raumfahrtenergie, Kernforschung, Metallurgie, Medizin, Landwirtschaft, Wirtschaft und Recht zugreifen können.

Evolution gebremst

Ist es angesichts dieser Entwicklung auf internationaler Ebene und in den am Weltmarkt konkurrierenden Industriestaaten nicht bedenklich, daß die Bundesrepublik in der informationellen Infrastruktur - sprich: Kosten der DFÜ - hintanhinken wird? Gewiß, die GMD startete für ihre Großrechner (verschiedener Hersteller) in Bonn im Schloß Birlinghoven und in Darmstadt ein Paketvermitlungsnetz. Indes, die offizielle: Planung der Bundespost sieht vor, daß erst Anfang der 80er Jahre (und so etwas dauert bekanntlich immer etwas langer) die Wirtschaft von der -das entsprechende Datenvolumen vorausgesetzt - kostengünstigeren Technologie profitieren kann.