Geschäftsprozesse modellieren

BPMN setzt sich durch in der Praxis

09.02.2009
Von Thomas Allweyer

Flussdiagramme und BPMN

Die BPMN eignet sich aber auch unabhängig von der Workflow-Entwicklung für die fachliche Prozessmodellierung. In einer Befragung von 600 BPMN-Anwendern, die die Queensland University im Jahr 2007 durchführte, gab etwa die Hälfte der Modellierer an, rein fachliche BPMN-Modelle zu erstellen. Der Anteil dürfte zwischenzeitlich gestiegen sein, da sich Prozessmanager und Fachexperten erst in jüngster Zeit verstärkt mit dieser Notation auseinandersetzen.

Die Akzeptanz für die BPMN wird dadurch unterstützt, dass die Grundelemente der BPMN weitgehend den bekannten Flussdiagrammen entsprechen. Einfache BPMN-Diagramme bestehen aus Start- und End-Ereignis, durch Pfeile verbundene Aktivitäten sowie als Rauten dargestellten Verzweigungen, sogenannte Gateways. Die Zuordnung zu verschiedenen Abteilungen oder Rollen erfolgt durch die Anordnung der Aktivitäten in zumeist horizontalen Bahnen. Ein solches Diagramm lässt sich ohne weitergehende Erläuterungen verstehen.

Das BPMN-Diagramm zeigt das Zusammenspiel der Prozesse zweier Partner mittels Nachrichtenaustausch
Das BPMN-Diagramm zeigt das Zusammenspiel der Prozesse zweier Partner mittels Nachrichtenaustausch

Der Sprachumfang der BPMN umfasst aber auch weitere Elemente, die sich in herkömmlichen Sprachen zur Prozessmodellierung nicht finden. So kann man verschiedene Typen von Ereignissen unterscheiden, zum Beispiel den Eingang einer Nachricht oder das Erreichen eines bestimmten Zeitpunktes. Eine weitere Besonderheit ist die Darstellung des auch als Choreographie bezeichneten Zusammenspiels der Prozesse unterschiedlicher Partner. In der Abbildung verfügt sowohl der Kunde als auch der Hersteller über einen eigenen, internen Prozess. Das Zusammenspiel zwischen diesen durch keine übergeordnete Instanz gesteuerten Prozessen wird mit Hilfe von ausgetauschten Nachrichten modelliert. Aus Sicht der Prozesssteuerung stellt auch das im Beispiel versandte Gerät eine Nachricht dar.

Hier kommen auch die unterschiedlichen Ereignistypen ins Spiel: Der Prozess des Herstellers beginnt, wenn ein defektes Gerät bei ihm eintrifft. Im Prozess des Kunden wird nach dem Einsenden des Gerätes darauf gewartet, dass entweder das reparierte Gerät eintrifft, oder aber eine Nachricht darüber, dass das Gerät irreparabel ist. Im Gegensatz zur gewöhnlichen Verzweigung im Prozess des Herstellers enthält der verzweigende Gateway im Kundenprozess ein Symbol, das besagt, dass derjenige Pfad ausgewählt wird, dessen Ereignis zuerst eintritt.

Richtig angewandt erlauben diese Sprachelemente eine elegante und übersichtliche Modellierung häufig vorkommender Sachverhalte - insbesondere bei überbetrieblichen Prozessen. Auf fachlicher Ebene weniger häufig finden sich hingegen BPMN-Konstrukte, die man aus dem Bereich der Programmierung kennt und dementsprechend eher bei ausführbaren Prozessen eingesetzt werden. Zu diesen Sprachelementen gehören beispielsweise Schleifen-Aktivitäten, durch Fehler ausgelöste Ereignisse, sowie Transaktionen und Kompensationen. Derartige Konzepte sind fachlichen Modellierern eher fremd und werden als zu technisch und zu detailliert empfunden.