KI im Kundenservice

Bot oder Mensch - Was der Kunde wissen sollte

28.07.2019
Von 
Björn Bauer ist seit 2013 Consultant bei Zendesk, einem Anbieter für Kundenservice-Software. Zuvor war er über zwölf Jahre bei der CoreMedia AG tätig und hat dort den globalen Kundenservice aufgebaut und verantwortet. Für Zendesk ist er sowohl in der Akquise als auch in der Umsetzung von Projekten beteiligt.

Chatbots charmant vermenschlichen

Eine Möglichkeit ist es natürlich, die Chatbots irgendwo im Kleingedruckten der Nutzungsbedingungen auf der Website zu erwähnen. Aber seien wir mal ehrlich: Kaum jemand liest sich diese Textungeheuer wirklich durch. Diese Methode würde eine Transparenz zwar faktisch gewährleisten, aber doch eher verschleiern.

Es gibt bessere und auch charmantere Varianten. Wenn das Chat-Fenster aufpoppt, könnte der Bot sich gleich als solcher zu erkennen geben. Statt "Hi, ich bin Joseph. Kann ich Dir helfen?" würde er dann eher etwas sagen wie "Hi! Ich bin ein Bot und alle meine Schaltkreise freuen sich auf Dich! Hast Du Fragen? Mein Name ist übrigens Joseph." Die genaue Formulierung dieser Nachricht hängt natürlich stark von der Branche und der Kundengruppe ab. Im Bankwesen wäre es sicherlich etwas formaler als im Kundenservice einer Sport-App. Auf jeden Fall wird die Begrüßung sofort genutzt, um klare Verhältnisse zu schaffen.

Das Gleiche gilt für die Kontaktseite auf der Website. Wenn die Chat-Funktion dort angeboten wird, können Unternehmen auch kommentieren, dass der "Bot-Kollege schon ganz hibbelig auf den nächsten Kunden wartet" oder "Joseph gerade seinen Prozessor kämmt, aber super Multitasking kann, wenn jemand Fragen hat." Die Beispiele zeigen, obwohl es sich bei dem Bot natürlich nicht um einen herumlaufenden Roboter mit Gefühlen handelt sondern um Code, können geschickte Formulierungen helfen, diesen ein wenig zu vermenschlichen. Damit wird zwar klar, es ist nicht wirklich ein Mensch, aber dennoch erhalten die Kunden ein Bild von einem Roboter mit Headset vor dem Computer sitzend vor Augen. Das macht ihn nahbarer und die Hürde mit einer Maschine zu sprechen sinkt.

Bots als Redakteure und überforderte Kollegen

Eine weitere Maßnahme für mehr Transparenz in der Chat-Kommunikation wäre, um bei dem Beispiel zu bleiben, Joseph als Redakteur auch für den Unternehmensblog schreiben zu lassen. Er könnte von Interaktionen mit Kunden und Anekdoten berichten und dabei seine Sicht auf die Dinge als Maschine beschreiben. Das Ergebnis wären witzige Posts, in denen sich Joseph vielleicht darüber wundert, dass seine Antworten bei den Kunden offenbar einen Geschmack hinterlassen wie "Sweet!" oder ""..die Kirsche auf dem Sahnehäubchen". Unter jedem Post können Kunden Kommentare an Joseph hinterlassen oder aber ihn gleich wegen eigener Fragen kontaktieren. So können die Mitarbeiter des Unternehmens ganz klar kommunizieren, dass sie mit Bots arbeiten, aber dennoch immer mit einer charmanten und menschlichen Note.

Einige Unternehmen werden sich dennoch Sorgen darüber machen, ob die Kunden einen Bot anstelle eines Menschen als Ansprechpartner annehmen. Zu Recht, denn manchen Kunden wird es schlichtweg nicht gefallen. Besonders die ältere Generation hat erfahrungsgemäß Schwierigkeiten mit Neuentwicklungen und traut Computern nicht genug über den Weg. Oder aber sie empfinden es als Mindestmaß an Aufmerksamkeit und Service, dass sich ein echter Mensch mit ihnen als Kunde auseinandersetzt. Auch hiermit lässt sich allerdings umgehen.

Zunächst einmal ist es für Unternehmen generell wichtig zu wissen, ob ihre Kunden den Service durch Bots gut finden und wenn ja, für welche Zwecke und in welchem Ausmaß. Der eigene Blog, Social-Media-Kanäle oder auch die Mitarbeiter im Kundenservice können hier Licht ins Dunkel bringen. Durch kleine Umfragen finden sie heraus, was die Kunden wirklich wollen. Je nach Antworten poppt der Bot dann entweder bei allen Anfragen auf oder vielleicht nur bei recht einfachen Anliegen, wie der Frage nach den Versandkosten, Konfektionsgrößen oder Rabattaktionen.

Um ganz auf Nummer sicher zu gehen, kann der Bot auch immer noch an einen menschlichen Kollegen vermitteln. Entweder, wenn der Kunde es verlangt oder aber, wenn Joseph merkt, dass er an seine Grenzen stößt. Auch das lässt sich charmant verpacken. "Entschuldige bitte Claudia, aber als das Kapitel dran war, hat mein Programmierer wohl ein Nickerchen gemacht. Ich leite dich mal an meine Kollegin Isabelle weiter, die weiß es bestimmt!" Auch hier gilt natürlich: Wer aufgrund seiner Zielgruppe formaler sein möchte oder muss, kann einfach nur darauf hinweisen, dass nun ein Mitarbeiter übernimmt.

Wie immer sich Unternehmen entscheiden, das Thema einfach zu ignorieren, wird nicht mehr lange funktionieren. Zu schnell sind die Entwicklungen in der Technik. Und wie sagten schon die Großeltern: Vorsorge ist besser als Nachsorge.