Für IoT und Mobilität

Bosch sucht 25.000 IT- und Softwareexperten

04.06.2019
Von 
Silvia Hänig ist Kommunikationsberaterin und Geschäftsführerin der iKOM in München.
Bosch sucht Mitarbeiter im großen Stil, vor allem Informatiker. Welche Erwartungen das Unternehmen an die IT-Fachkräfte und deren künftige Kompetenzen hegt, verrät Sabine Lehmann, Personalleiterin der weltweiten Corporate IT, im Interview.

Frau Lehmann, Ihr Arbeitgeber sucht in den nächsten Jahren 25.000 IT- und Softwareexperten und will die Zahl der Experten für künstliche Intelligenz (KI) auf 4000 vervierfachen. Wird Bosch jetzt zum Softwarekonzern?

Sabine Lehmann: Wir haben den Anspruch, ein führender Anbieter im Internet der Dinge (IoT) und für Mobilitätslösungen zu sein. Dabei geht es um die Kombination von Hardware, Software, aber auch Services. Dabei machen wir große Fortschritte. Bereits im vergangenen Jahr haben wir 52 Millionen vernetzbare Produkte verkauft und 170 eigene IoT-Projekte umgesetzt. Unser Ziel ist, dass bis 2020 alle unsere elektronischen Produkte Internet-fähig sind.

Sabine Lehmann ist Personalleiterin der weltweiten Corporate IT bei Bosch. Der Konzern sucht in den nächsten Jahren weltweit 25.000 Software- und IT-Experten.
Sabine Lehmann ist Personalleiterin der weltweiten Corporate IT bei Bosch. Der Konzern sucht in den nächsten Jahren weltweit 25.000 Software- und IT-Experten.
Foto: Bosch

Wie gelingt es, diese große Menge an neuen IT-Experten zu finden?

Sabine Lehmann: Neben den neuen Fachkräften, die wir am Markt finden, qualifizieren und entwickeln wir auch unsere eigenen Mitarbeiter weiter. Dazu arbeiten wir mit Hochschulen wie der TU Darmstadt zusammen, um maßgeschneiderte, hochwertige Qualifizierungen anbieten zu können.

Gilt das auch für gesuchte KI-Experten?

Sabine Lehmann: Auch für KI bieten wir entsprechende Qualifizierungen an. Diese richten sich vor allem an berufserfahrene Mitarbeiter, die bereits über entsprechendes Vorwissen verfügen. Zusätzlich kooperieren wir mit Hochschulen und engagieren uns in Initiativen wie dem Cyber Valley.

Hier buhlt doch auch der internationale Wettbewerb um die besten Köpfe.

Sabine Lehmann: Bereits heute beschäftigen wir 1000 KI-Experten. Diese Zahl wollen wir in den kommenden drei Jahren vervierfachen. Vielen Menschen ist es wichtig, mit ihrer Arbeit dazu beitragen zu können, die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Das ist auch unser Anspruch, den unser Claim "Technik fürs Leben" verdeutlicht. IT-Experten suchen Herausforderungen, sie wollen an ihren Aufgaben wachsen.

In vier Jahren will Bosch 4000 KI-Experten beschäftigen.
In vier Jahren will Bosch 4000 KI-Experten beschäftigen.
Foto: Bosch

Welche Kompetenzen brauchen Sie momentan am dringendsten?

Sabine Lehmann: Wir suchen Mitarbeiter mit tiefem Fachwissen in IoT und Cloud-Lösungen, aber genauso Spezialisten für Cybersecurity, Robotik oder auch Smart City.

Das sind ja ziemlich viele neue Themen. Was ist mit den Klassikern?

Sabine Lehmann: Die suchen wir auch, beispielsweise SAP-Berater. Hier spielen Soft Skills mittlerweile eine größere Rolle als noch vor ein paar Jahren. In der Vergangenheit wurde in erster Linie auf das technologische Know-how geschaut. Heute achten wir sehr viel stärker darauf, ob die Mitarbeiter auch zur Lösung an sich beraten können: Stichwort Kundenorientierung.

Setzen Sie diesen Fokus auch bei anderen Jobprofilen?

Sabine Lehmann: Ja, durchaus. Denn wir haben uns intensiv mit der Frage beschäftigt, wie wir heute das Potenzial von Führungskräften, Experten und Projektleitern analysieren können, um sie gezielt zu fördern. Es gab bereits Indikatoren, die wir jetzt weiterentwickeln, um den Anforderungen der digitalen Welt und der Ambidextrie unseres Business gerecht zu werden.

Teams in Stuttgart, Sunnyvale und Shanghai

Wie sehen diese Indikatoren genau aus?

Sabine Lehmann: Die Indikatoren sind Kommunikation, Kooperation, Lernfähigkeit, Bereitschaft zur Veränderung sowie unternehmerisches Denken. Das mag jetzt auf den ersten Blick nicht überraschen, aber zusammen beschreiben sie eine neue Art der Arbeitshaltung. Nehmen wir als Beispiel Kommunika­tion. Häufig arbeiten wir gemeinsam in Teams, die über die ganze Welt verteilt sind: Stuttgart, Sunnyvale im Silicon Valley, Shanghai, das ist keine Selten­heit. Um gut zusammenarbeiten zu können, spielen die Kommunikationsfähigkeiten eine entscheidende Rolle, zum Beispiel die Nutzung digitaler Medien.

Bevorzugen Sie dann eher die bran­chenerfahrenen Generalisten auf den Positionen, die diese Fähigkeiten ­durch ihre berufliche Praxis schon mitbringen?

Sabine Lehmann: Die Mischung macht's. Wir brauchen einerseits die jungen Wilden, die reinkommen, kreative Ideen haben und die Dinge hinterfragen und uns in gewisser Weise damit herausfordern. Und wir brauchen andererseits die Mitarbeiter mit der nötigen Erfahrung, die die Leichtigkeit besitzen, in beiden Welten, dem bisherigen und dem neuen Geschäft, zurechtzukommen.

Es gab keinen Gegenwind?

Sabine Lehmann: Natürlich hat nicht jeder gleich Juchu gerufen. Wie bei jedem Change-Prozess braucht man Zeit, bis sich die Dinge eingespielt haben. Mittlerweile ist es so, dass sich die Teams gegenseitig inspirieren und sehr große Akzeptanz und Wertschätzung untereinander da ist.

Was waren denn die größten Aufreger?

Sabine Lehmann: Eine Befürchtung mancher Führungskräfte in etablierten Bereichen war, dass zu viel Freiraum in den Teams zu schlechteren Ergebnissen führen könnte. Solche Befürchtungen muss man ernst nehmen, weswegen wir den Prozess aktiv begleitet haben. Letztlich hat sich aber gezeigt, dass der Freiraum in den Teams zu einer sehr hohen Motivation der Mitarbeiter und zu besseren Arbeitsergebnissen führt. In jüngeren Einheiten, die gerade erst gegründet worden sind, sind diese Sorgen gar nicht erst aufgekommen.

Und warum nicht, liegt das an der Zusammensetzung der Teams?

Lehmann: Die Teams in diesen Einheiten hatten von Anfang an große Freiräume und wurden bewusst sehr vielfältig besetzt. Jüngere und ältere Mitarbeiter, Männer und Frauen, aber auch Mitarbeiter aus unterschiedlichen Regionen. Das ist wichtig, denn autonomes Fahren zum Beispiel muss überall auf der Welt funktionieren, daher brauchen wir möglichst viele unterschiedliche Sichtweisen auf das Thema.

Was gibt es darüber hinaus?

Sabine Lehmann: Wir bieten unseren Mitarbei­tern zum Beispiel Job-Rotation-Programme, damit sie in andere Bereiche hineinschnuppern können. Dabei stehen der Austausch und praktische Lernerfahrungen für den eigenen Arbeitsbereich im Vordergrund.

Was glauben Sie, welche Fähigkeiten werden in den kommenden fünf Jahren in der IT besonders wichtig werden?

Sabine Lehmann: Wir sind der Meinung, dass die Bereitschaft zum ständigen Lernen weiter an Bedeutung gewinnen wird. Damit einher geht die Fähigkeit, sich selbst jederzeit Themen erarbeiten zu können. Wir werden zunehmend Experten mit einer hohen Lösungskompetenz benötigen, aber auch Menschen, die den "Discomfort" suchen und sich gerne in neue Aufgaben reinfuchsen. Wir stärken die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg, und das nicht nur im Unternehmen, sondern auch darüber hinaus.

Apropos Partnerschaft, was tun Sie für den weiblichen Nachwuchs?

Sabine Lehmann: Hier engagieren wir uns sehr stark, weil wir von vielfältigen Teams überzeugt sind. Und unser Bereich erfreut sich wachsender Beliebtheit. Wir haben zwei Frauen im Bereichsvorstand. 25 Prozent unserer Einstellungen im Bereich Corporate IT sind mittlerweile Frauen. Diesen Anteil wollen wir noch weiter steigern.

Wen Bosch sucht

Sabine Lehmann: "Wir suchen berufserfahrene Experten in ganz unterschiedlichen Bereichen. Ein Schwerpunkt ist KI, aber genauso suchen wir Mitarbeiter mit tiefem Fachwissen in Bereichen wie Computer Vision, IoT, Cloud oder auch Robotik, zum Beispiel fürs automatisierte Fahren oder Industrie 4.0. Dabei verfolgen wir einen weltweiten Ansatz. Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass gute Leute gerne mit guten Leuten zusammenarbeiten. Und das nutzen wir. Parallel arbeiten wir natürlich auch mit Universitäten zusammen."

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