Booz Allen Hamilton: Web 2.0 verändert Leben und Einkaufsverhalten

20.12.2006
Von Dorothea Friedrich
Rund 12, 4 Millionen Deutsche nutzen mittlerweile die Angebote des so genannten Web 2.0, hat eine internationale Untersuchung des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton ergeben. Die Angebote verändern demnach das Leben und das Einkaufsverhalten breiter Bevölkerungsschichten dramatisch. Zu den Nutzern in Deutschland gehören alle Altersgruppen, unabhängig von Geschlecht oder Ausbildung.

50 Prozent der Befragten verlassen sich bereits bei Kaufentscheidungen auf Empfehlungen in Web-2.0-Foren. Damit sind laut Booz Allen Hamilton diese neuen Angebote bei weiten Teilen der Bevölkerung bereits integraler Bestandteil des Alltags und bieten neue Chancen Herausforderungen für Unternehmen aller Branchen.

Die Studie geht davon aus, dass die weiter steigende Akzeptanz und Nutzung von Web-2.0-Diensten ein wichtiger Treiber der kontinuierlichen Verschiebung von Offline- zu Online-Aktivitäten und eines ungebrochen starken Wachstums der Internet-Ökonomie ist. Beliefen sich die Gesamtumsätze (E-Commerce, kostenpflichtige Dienste, Werbung) 2005 noch auf 17,1 Milliarden Euro, so geht Booz Allen Hamilton bereits für 2008 von einem Gesamtvolumen von 39,5 Milliarden Euro für Internetservices in Deutschland aus.

Das mit jährlichen Wachstumsraten von 60Prozent größte Potenzial liegt dabei in kostenpflichtigen Diensten wie Musik-Downloads, Premiummitgliedschaften in Community-Angeboten oder Online-Spielen. Bereits 2008 werden demnach die deutschen Internet-Nutzer insgesamt 1,7 Milliarden Euro für kostenpflichtige Online-Dienste ausgeben.

Das Gesamtvolumen für Online-Werbung steigt im selben Zeitraum von 1,3 Milliarden Euro auf 2,8 Milliarden Euro, der E-Commerce-Markt wächst mit jährlich 35 Prozent auf 35 Milliarden Euro.

Für die Studie hat Booz Allen Hamilton in Deutschland, Großbritannien und den USA mehrere Tausend Internet-Nutzer zu ihrer Einstellung gegenüber Web-2.0-Angeboten wie Myspace oder OpenBC/Xing und ihrem konkreten Nutzerverhalten befragt.

Die Ergebnisse dämpfen allerdings etwas die derzeitige Web-2.0-Euphorie. „Trotz der sehr hohen Kundenakzeptanz von Web 2.0-Diensten sollte nicht vergessen werden, dass die neuen Angebote bisher nur bescheidene zusätzliche Wertschöpfung schaffen. Das Geld wird weiterhin mit Werbung verdient“, sagte Stefan Eikelmann, Geschäftsführer bei Booz Allen Hamilton. Web 2.0 führe im Wesentlichen zu einer Umsatzverschiebung innerhalb eines wachsenden Internet-Marktes und teilweise auch zur Kannibalisierung traditioneller Internet-Dienste und Umsätze.

Medien- und Telekommunikationsanbieter müssen auf diesen Trend reagieren, um langfristig zu überleben. Auch das hat die Studie ergeben. Sie zeigt eine konkrete Gefahr für die Branchengrößen durch Web-2.0-Anwendungen und IP-basierende Kommunikationskanäle wie Internet-Telefonie und Instant Messenger. Diese führen sowohl zu zusätzlicher als auch zu substituierender Nutzung und Kommunikation. Allein in Deutschland ist demnach bei den traditionellen Telekommunikationsanbietern ein Umsatzvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro in Gefahr. Sprach- und vor allem Messaging-Dienste, wie SMS oder E-Mail werden zunehmend an den traditionellen Anbietern vorbei über das Internet abgewickelt.

Dennoch ergeben sich für die Telekommunikations-, Internet-, Medien- und Entertainment-Branche Chancen für neue Geschäftsmodelle und Anwendungen. So zeigt die Umfrage eine deutliche Nachfrage nach mobilen Web-2.0-Diensten. Beispielsweise gaben 58 Prozent der deutschen Myspace-Nutzer an, das Angebot auch von unterwegs zu nutzen.

Allerdings werden mittelfristig nur einige der neuen Modelle und Anbieter überleben. Die großen und etablierten Internet-Unternehmen befinden sich in der besten Ausgangsposition, um vom Web 2.0 zu profitieren. Langfristig sind nur die Geschäftsmodelle erfolgreich, die durch eine konsequente Ausrichtung des Angebotsportfolios eine kritische Masse an Nutzern gewinnen, damit relevante Netzwerkeffekte erreichen und die Kunden langfristig an sich binden können.