Einheitliche Beschaffungskriterien in der Bundesverwaltung:

Bonn will X/Open-Standard verbindlich machen

11.11.1988

BONN (cmd) - Die Bundesverwaltung wird vermutlich in Kürze dem Beispiel Großbritanniens, Schwedens, der EG-Kommission sowie Nordrhein-Westfalens in puncto Unix folgen: Für künftige DV-Beschaffungen soll, wo immer möglich, die von X/Open propagierte "Einheitliche Anwendungs-Umgebung" verbindlich werden.

Nachdem das Thema Unix/Posix hierzulande bisher im Bereich der Öffentlichen Hand eher kontrovers diskutiert wurde, scheint sich nun zumindest in der Bundesverwaltung eine einheitliche Meinung herauszukristallisieren. Auf einem großangelegten Symposium, das in der vergangenen Woche im Bonner Wissenschaftszentrum unter Beteiligung von Wissenschaft, Industrie und öffentlichen Beschaffern stattfand, wurden erste Weichenstellungen in Richtung "Common Applications Environment (CAE)" vereinbart. Wie aus dem Kreis der Teilnehmer verlautete, soll die im Bundesinnenministerium angesiedelte "Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung", abgekürzt KBSt, einen Vorschlag erarbeiten mit dem Ziel, "daß bei Beschaffungen im öffentlichen Bereich Posix nicht nur gefordert, sondern auch gefördert wird".

Diese grundsätzliche Marschrichtung Bonns muß freilich noch durch die üblichen formalen Prozeduren abgesegnet werden. Am 29. November trifft sich zu diesem Zweck der "Interministerielle Koordinierungsausschuß für Informationstechnik in der Bundesverwaltung" (IMKA). Hier wird dann auch festgelegt, ob die neuen Beschaffungsmaßgaben per Kabinettsbeschluß als eigene Richtlinie zusätzlich "abgefedert" werden.

Die neue Unix-Beschaffungspolitik der Bundesregierung kommt freilich nicht von ungefähr, sondern deutete sich bereits in den vergangenen Monaten bei der Vergabe von Aufträgen sowie bei Ausschreibungen an. Beispiele sind hier der Großauftrag der Post für Siemens und Unisys (siehe CW Nr. 41: Bundespost wählt Unix für Fernmeldeämter) oder - ganz aktuell - die Ausschreibung des Eschborner Bundesamtes für Wirtschaft bei der es um ein mehrplatzfähiges DV-System für rund 40 Arbeitsplätze auf der Basis von Unix geht.

Damit folgt Bonn einem Trend in Europa, zu dessen Vorreitern Nordrhein-Westfalen, die Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel, Großbritannien und Schweden zählen. Die Düsseldorfer Landesregierung hat bereits im Frühjahr einen Erlaß verabschiedet, wonach alle Mehrbenutzer-Systeme außerhalb der gemeinsam genutzten Rechenzentren der "Einheitlichen Anwendungs-Umgebung" von X/Open entsprechen müssen.

Die Central Computer and Telecommunications Agency (CCTA), die für alle staatlichen Beschaffungen in Großbritannien zuständig ist, sowie das schwedische Pendant dazu, das Amt für Entwicklung der Verwaltung (Statskontoret), haben in ihren Beschaffungsrichtlinien generell die Verpflichtung von X/Open-konformem CAE-Equipment verankert, ebenso wie die EG-Kommission die dieses als strategische Schlüsselkomponente für ein europaweites Rechnernetzwerk betrachtet.