RZs mussten voruebergehend geschlossen werden

Bombenexplosion legte DV und Kommunikation im WTC lahm

19.03.1993

Obwohl es infolge des Sprengstoff-Attentats kaum zu Datenverlusten kam, mussten viele Unternehmen ihre Informationsverarbeitung in andere Niederlassungen oder in Backup- Rechenzentren von Drittanbietern verlagern.

Einige japanische Grossbanken und die Warenterminboerse fuer Kaffee, Zucker und Kakao (CSCE) schalteten ihre Rechenzentren ganz ab. Andere Dealer, beispielsweise die meisten der im WTC untergebrachten Warenboersen, mussten den Handel eine Stunde frueher als ueblich unterbrechen. So stoppte die Commodities Exchange Inc. den Handel um 14.30 Uhr, konnte aber, laut Jerome Jordan, Vice- President Computer Operations, bis zum Abend des gleichen Tages alle Transaktionen abrechnen.

Die New Yorker Baumwollboerse war voruebergehend ohne Verbindung zu ihrem IBM-Host in Chikago. Die Kommunikationsverbindungen konnten allerdings in wenigen Stunden wieder aufgebaut werden. Jack McLaughlin, Manager Operations and Statistics, erklaerte, der marginale Datenverlust habe sich auf die lokalen Novell-Netze beschraenkt. Viele Deals konnten jedoch wegen des Stromausfalls am Freitagnachmittag nicht abgeschlossen werden.

Darueber hinaus liess die Cotton Exchange, wie viele andere Mieter auch, eine mobile Klimaanlage installieren, um ihre IBM 3275- Front-ends zu kuehlen. Die Explosion hatte naemlich mehrere Wasserrohre der hauseigenen Klimaanlage gesprengt.

Die Notfallplaene funktionieren offenbar

Ebenfalls lahmgelegt wurden 149 Terminals der National Association of Securities Dealers (NASD). Drei Stunden ging bei der NASD nichts mehr, der Handel war gestoppt, bis sie mit Hilfe von Wahlleitungen in ein Backup-Rechenzentrum aus ihrer DV- technischen Ohnmacht geholt werden konnte.

Das Rechenzentrum der CSCE, das sich im vierten Stock des WTCs befindet, schaltete ab, als die Bombe hochging.

Gluecklicherweise kam es beim Herunterfahren der fehlertoleranten Tandem-Rechner zu keinen Datenverlusten, Backup-Baender waren ebenfalls vorhanden. Nachdem die Sungard Recovery Services Inc. am Freitag nachmittag in Alarmbereitschaft versetzt worden war, loeste die CSCE am Samstag offiziell "Katastrophenalarm" aus. Erst waehrend des Wochenendes konnte die Boerse alle am Donnerstag und Freitag getaetigten Transaktionen abrechnen. Am Montag wurde die normale Arbeit wieder aufgenommen.

Die Bombe richtete im WTC Verwuestungen auch bei zehn Banken an, die gerade dabei waren, Zahlungen und Transaktionen ueber das an diesem Freitag ohnehin stark belastete Clearing House Interbank Payment Systems (Chips) der New York Clearing Association (Nych) abzurechnen. Nych bearbeitete an diesem Tag 220 000 Zahlungen im Wert von 1,49 Billionen Dollar, wie Georg Thomas, Senior Vice- President und Direktor der Nych-Datenverarbeitung, erklaerte.

Vier Bankhaeuser nutzten nach der Explosion das Backup- Rechenzentrum der Clearing Association in Manhattan, um ihre Deals abzuschliessen. Chips, das normalerweise gegen 16.30 Uhr die Bearbeitung von Zahlungen stoppt, arbeitete am Freitag bis 22.00 Uhr. Zusaetzliche Deals im Wert von 90 Milliarden Dollar mussten abgearbeitet werden.

Fast alle Unternehmen, die im WTC residieren und fuer die ein funktionierendes Informations- und Kommunikationssystem ueberlebenswichtig ist, kamen relativ glimpflich davon. Offenbar funktionierten die Notfallplaene, und die Betreiber der Backup- und Recovery-Rechenzentren leisteten ebenfalls gute Arbeit. Am Montag, den 29. Februar 1993, war in den grossen Handelshaeusern, Boersen und Banken bereits wieder Business as usual angesagt.