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Day Trader 2.0

Börsenportale setzen auf die Schwarmintelligenz

16.02.2009
Von pte pte
Die Finanzmarktkrise hat nicht nur die Depots der Anleger, sondern auch ihr Vertrauen in die Experten schrumpfen lassen. In Web-Communitys geben sich Investoren inzwischen gegenseitig Tipps.

Börsenportale im World Wide Web haben sich in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise als Eldorado für austauschfreudige Anleger etabliert. Diesen Trend haben nun auch Online-Broker erkannt und setzen voll und ganz auf das Web 2.0. Dabei orientieren sich Anleger- und Börsenportale sowie Online-Broker an Social-Networking-Seiten wie Facebook oder YouTube. Ziel ist es, Anlegern eine Plattform zu geben, auf der sie sich austauschen und von einander lernen können. Schließlich sank das Vertrauen und stieg die Skepsis gegenüber Finanzfachleuten im Zuge der Krise immer mehr. So waren viele der selbsternannten Insider zu optimistisch oder haben das Krisenausmaß nicht kommen gesehen. In Deutschland buhlen daher bereits über ein halbes Dutzend Finanz-2.0-Portale um die Gunst der Anleger.

"Der Trend geht eindeutig in Richtung des Community-Gedankens. Schließlich haben wir es nicht nur mit einer Finanzkrise, sondern auch mit einer ernsten Vertrauenskrise in Analysten, Finanzberater und nicht zuletzt auch Banken zu tun", erklärt Nicolas Plögert, Geschäftsführer des Finanz-2.0-Portals Sharewise im Gespräch mit pressetext. Laut dem aus der Softwarebranche kommenden Manager garantiere die Nutzergemeinschaft, dass Anleger nur denjenigen Urhebern von Prognosen glauben schenken, die im Langzeitvergleich am häufigsten mit ihren Bewertungen richtig lagen. Bei Sharewise ist der Name Programm, da die Mitglieder, die laut Plögert zu 90 Prozent wohlhabendere Männer sind, Bewertungen, Analysen und Tipps zu einzelnen Aktien abgeben. Nach sechs Monaten wird dann überprüft, ob der damalige Aktientipp eine Rendite von mindestens fünf Prozent gebracht hat.

"Gekommen ist mir die Idee zu unserer Seite im Büro mit meinem Arbeitskollegen. Schon damals haben wir uns gefragt, warum man sich eigentlich nur auf den eigenen Berater in der Bank verlassen soll. Jetzt, inmitten der Krise, sieht man, dass der Markt darüber hinaus nach einem Höchstmaß an Transparenz verlangt. Diese können wir mit unserer Community bieten", fügt Plögert hinzu. Verfehlt ein vermeintlicher Tipp nach einem halben Jahr seine Prognose und damit die Renditehürde von fünf Prozent, wird er als Flop bewertet. Aber auch andere Finanzportale wie das neun Monate später, im Mai 2008, online gegangene Stockflock wendet sich an Kleinanleger und auch Börseneinsteiger. Kursziele werden bei den Analysten ebenfalls nicht kurzfristig, sondern mindestens für die kommenden drei Monate gesetzt. Hier glaubt man einem ARD-Bericht nach an die "Schwarmintelligenz".

Dieses Community-Prinzip geht auf. Bei der Vorhersage von Kursentwicklungen übertrafen die Privatanleger die Profianalysen deutlich. So lag jeder zweite Tipp mit seiner Buy-, Hold- oder Sell-Empfehlung richtig. Bei den Profi-Analysen dagegen erwies sich nur jede sechste Empfehlung als korrekt. Für Sharewise-Geschäftsführer Plögert ist Stockflock nicht nur "eine schlechte Kopie", sondern marktanteilsbezogen noch nicht so weit. Während Stockflock bis Jahresende 50.000 Mitglieder anstrebt, rechnet Plögert für sein Portal bis Ende 2009 mit doppelt so vielen Mitgliedern. Dabei helfen soll die Kooperation zwischen Sharewise und dem Online-Broker Cortal Consors. Der Onvista-Ableger Tradingbird hat es in der Hinsicht bereits vorgemacht und eine eigene Börsen-Community etabliert. Derzeit verfügt man eigenen Angaben nach bereits über 120.000 Unique- und über 10.000 registrierte Mitglieder. (pte)