BMW: Eine globale Betriebsanleitung

11.09.2002
Von Jürgen Bühl

Qualität und Terminologie: Wichtige Themen für Tools

Für die Qualitätssicherung werden verschieden Werkzeuge eingesetzt. Aus dem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Projekt Tetris (Technologie-Transfer intelligenter Sprachtechnologie), an dem unter anderen BMW und ITL als Partner beteiligt sind, entstammt das Tool Multilint (Multilinguale Dokumentation mit linguistischer Intelligenz): "Das Tool sorgt für eine Überprüfung von Orthografie, Grammatik und Stil sowie für die Kontrolle von Terminologie und benutzerspezifischen Abkürzungen. So können die Kosten für die Übersetzung in rund 18 Sprachen optimiert werden, da der Anteil an neuem und damit zu übersetzendem Text deutlich geringer ausfällt. Am meisten profitieren aber die Leser von den - dank einheitlicher Erstellungsregeln - wesentlich verständlicheren Texten. Allerdings enthielt die aus BMW Dokumenten verschiedener Abteilungen extrahierte Terminologie unterschiedliche Schreibweisen, ähnliche und doppelte Benennungen, veraltete Bezeichnungen oder Tippfehler. Seit Anfang 2001 wird die Terminologie - gemäß klar definierter Vorgaben - gezielt und systematisch bereinigt, und zwar sowohl nach fachlich-inhaltlichen als auch nach linguistisch-terminologischen Kriterien. Dafür mussten ebenfalls Workflow und Terminologie-Verwaltungs-Tools entwickelt werden", so Jörg Kolitsch.

 

 

 

 

 

 

 


Auch für den Abgleich von Grafiken und Texten in Fahrzeug-Displays setzt BMW auf IT-Werkzeuge. Kirsten Petri, Technische Redakteurin und verantwortlich für neue Prozesse, unter anderem SGML-Einführung, bei der BMW Group: "Die Anzahl von Funktionen in modernen Fahrzeugen wächst ständig. Um eine unnötig große Anzahl von Schaltern zu vermeiden, werden immer mehr Funktionen über zentrale Anzeigesysteme bedient. Die Beschreibung der Funktionsumfänge in der Betriebsanleitung umfasst Abbildungen der Display-Menüs und Zitate der Display-Texte. Beim neuen BMW 7er handelt es sich beispielsweise um rund 450 Display-Texte, die in allen Sprachen immer dem aktuellsten Stand der Fahrzeug-Software entsprechen müssen. Die kurzen Software-Aktualisierungszyklen, verbunden mit dem hohen Textvolumen, erfordern ein konsequentes Änderungsmanagement, gerade bezüglich der Grafiken. Deshalb setzen wir auf neue Technologien und Prozesse. So hat das Scalable-Vector-Graphics-Format einen Weg eröffnet, um die Redakteure zu entlasten und die Qualitätssicherung der Display-Grafiken zu automatisieren."

Übersetzung und Publishing: Management der Systeme

Übersetzung in der Technischen Dokumentation stützt sich heute auf den Einsatz von Translation-Memory-Systemen (TMS). Diese verwalten ausgangssprachliche und die dazugehörigen zielsprachlichen Textabschnitte aus vorherigen Übersetzungen. Projektmanager bereiten die Produktion der überarbeiteten Betriebsanleitungen für alle notwendigen Zielsprachen vor, indem sie über das TMS die neuen Daten mit den gespeicherten vergleichen und die vorhandenen Übersetzungen für unveränderte Textabschnitte übernehmen. Das TMS integriert in seiner Arbeitsumgebung spezielle Funktionen, wie zum Beispiel eine Terminologieunterstützung. Der Fachübersetzer kann so die neuen oder geänderten Passagen passend zum vorhandenen Text übersetzen.

Kerstin Sinautzki, Leiterin Team Sprachen im Bereich Service der BMW Group, stellt jedoch fest: "Optimale Übersetzungsqualität bedeutet vor allem stilgerechte Übertragung in die Fremdsprache mit inhaltlich korrekten Aussagen und terminologischer Konsistenz, auch über Dokumentengrenzen hinweg. Der Einsatz der richtigen Systeme alleine reicht nicht aus, um termingerechte und qualitativ hochwertige Übersetzungen zu liefern. Menschen und Systeme müssen auch miteinander arbeiten. Das erfordert klar definierte Workflows, Rollenbeschreibungen und Informationsflüsse."

ITL plant die Übersetzung von Automobil-Betriebsanleitungen als zeitkritisches und komplexes multilinguales Großprojekt deshalb sorgfältig in allen Phasen - angefangen vom Dateneingangscheck über die Übersetzung durch Muttersprachler bis hin zum Layout-Finishing.

Das Redaktionssystem liefert bereits sauber strukturierte SGML/XML-Daten ohne Layout an die Übersetzung. So entfällt die sonst übliche langwierige Überprüfung der bisher gelieferten DTP-Daten auf Konformität mit den Layoutvorgaben. Nach der Übersetzung ordnet das Satzsystem den übersetzten SGML/XML-Daten aus dem TMS automatisch das Print-Layout für das Korrekturlesen auf Papier zu. Dabei sind die Daten nur einmal zu pflegen, da Korrekturen direkt in der Übersetzungsumgebung eingegeben werden.