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In-Car-Infotainment

BMW Connected Drive: Googeln am Steuer

10.03.2008
Von Handelsblatt 
Internetsurfen im Auto - BMW will künftig seine Kunden unterwegs mit sämtlichen Informationen aus dem Web versorgen. Nicht alle Fahrzeughersteller gehen bei der Verknüpfung mit dem Internet so weit wie der Autobauer aus München - doch an eigenen Lösungen für das Auto-Infotainment arbeiten sie natürlich auch.

BMW hat sein sogenanntes "Connected-Drive", mit dem er Informations-, Kommunikations- und Assistenzsysteme im Auto vernetzt und schon heute ausgewählte Internetdienste anbietet, mit einem normalen Webangebot erweitert. Der Automobilbauer will das Internetangebot noch im Laufe des Jahres als Sonderausstattung in Verbindung mit einer unbegrenzten Datenflatrate vermarkten.

Die Anzeige der Webseiten erfolgt im Display in der Armaturentafel. Aus Sicherheitsgründen ist allerdings die Darstellung nur in stehenden Fahrzeugen möglich. Ab einer Geschwindigkeit von fünf Kilometer pro Stunde erlischt die Anzeige. Zur Datenübertragung setzt BMW auf die schnelle Mobilfunktechnik Edge. Diese sei im Gegensatz zu UMTS flächendeckend verfügbar und deutlich schneller als die Standard-Datenübertragung per GPRS.

Der vollwertige Internetzugriff ist eine Weiterentwicklung bisheriger Online-Angebote. Bereits im Sommer 2007 hat BMW in Deutschland die Google-Branchensuche ins Fahrzeug gebracht - zuvor gab es die Möglichkeit, Daten von Google Maps ins Fahrzeug zu senden. Wie mit einem Branchenbuch lassen sich damit lokale Informationen direkt aus dem Internet im Auto nutzen. Besonders praktisch: Die Suchergebnisse lassen sich per Knopfdruck in das Navigationssystem oder Mobiltelefon übertragen und dort nutzen. BMW verknüpft das Connected-Drive zudem über seinen Server mit E-Mail-Diensten, so dass unterwegs bereits jetzt auch elektronische Post ausgetauscht werden kann.

Das Infotainment-Angebot sei vor allem für den japanischen Markt wichtig, sagen Marktbeobachter. In Europa dagegen sei der Markt noch nicht reif dafür. Kein Wunder also, dass nicht alle Fahrzeughersteller bei der Verknüpfung mit dem Internet so weit gehen wie der Autobauer aus München. So hält man beispielsweise bei Audi wenig davon, auf die gesamte Informations-Fülle der Online-Welt unterwegs zuzugreifen, "das irritiert den Fahrer nur", sagt Audi-Technologiesprecher Josef Schlossmacher.

Der Hersteller aus Ingolstadt lässt das Internet außen vor. Er hat vor kurzem einen Vorläufer einer neuen Generation von Multifunktionsgeräten vorgestellt, die als Schnittstelle zwischen dem Infotainment des Fahrzeugs und externen Informationsquellen wie dem heimischen PC fungieren. Das sogenannte Mobile Device sieht aus wie ein schnittiges Mobiltelefon mit großem Touchscreen. Man kann damit aber nicht nur telefonieren, navigieren, Termine organisieren, Bilder machen, Musik hören und Videos ansehen - das Gerät ersetzt auch den Fahrzeugschlüssel.

Die Daten werden via UMTS oder W-Lan übertragen, wobei über den Touchscreen beispielsweise Fahrtziele auch handschriftlich eingegeben werden können. Mehr noch: Wird der Wagen gestohlen, alarmiert das spezielle Mobiltelefon den Besitzer, verfolgt die Position via GPS und sendet über UMTS Bilder vom Innenraum des Autos. Was wie eine Spielerei klingt, ist durchaus sinnvoll. "Es geht nicht nur darum, Bilder vom Dieb zu übermitteln, sondern auch darum, festzustellen, ob blinder Alarm ausgelöst worden ist", erklärt der Audi-Sprecher.

Auch bei Icon Incar, einem Spezialisten für mobile Automotive-Lösungen, ist man gegen zu viel Internet im Auto. "Die Zukunft liegt in der Integration von mobilen Endgeräten", ist sich Geschäftsführer Florian Gulden sicher. "Auf diese Weise lässt sich in einem ersten Schritt Mehrwert - wie eine Online-Parkplatzsuche - realisieren und erst in einem zweiten Schritt möglicherweise aufwändige Anwendungen wie Google Earth nutzen oder Hotelbuchungen vornehmen", sagt Gulden. Denn noch sei das Auto für große Datenströme von außen nicht wirklich gut ausgelegt.

Um ausgewählte Services und Informationen ins Auto zu bringen und vor allem für Updates sei ein modernes Handy besser geeignet, sofern die Schnittstelle dafür geschaffen werde, meint Gulden. Derzeit sei das Problem, dass die Infotainmentsysteme im Auto im Grunde schon veraltet sind, wenn ein Fahrzeug auf den Markt kommt. "Die Uhren der IT- und Autobranche ticken eben anders", sagt der Icon-Incar-Chef.