In Prämissen und Schlußfolgerungen an Realität vorbei:

BMFT wehrt sich gegen Papa-Angriff

21.11.1980

BONN - Mit sachlichen und fachlichen Argumenten wehrt sich das Bundesministerium für Forschung und Technologie (BMFT) gegen einen Angriff auf Papa, das Datex-P-Projekt der Deutschen Bundespost, das vom BMFT betreut wird. Thomas Adenauer hatte in der Computerwoche Nr. 43 "Papa auf dem Weg ins Grab" gesehen. Seinen Vorwurf, der Autor des Artikels hätte nicht sauber recherchiert, begründet Dr. Bernd Reuse, Regierungsdirektor in dem angegriffenen Bonner Ministerium, wie folgt.

Der Artikel geht in seinen Prämissen und Schlußfolgerungen sowohl zur Förderung der Datenkommunikation durch den BMFT als auch zum Projekt Papa des Verbandes Deutscher Rechenzentren an der Realität vorbei.

Der BMFT verfolgt mit seiner Förderung der Datenkommunikation vorwiegend die folgenden Ziele:

1. Aufbau von Know-how auf dem wichtigen neuen Gebiet der Datenkommunikation in der Bundesrepublik Deutschland.

2. Entwicklung von Protokollen und Schnittstellen zum freien Verbund von Geräten verschiedener Hersteller in "offenen Kommunikationssystemen" als Beitrag für die nationale (DIN) und internationale (ISO) Normungsarbeit für die höheren Kommunikationsprotokolle (ISO-Schichten 4-7) und als Grundlage für die Arbeit des Bundesministers des Innern zur Festlegung "einheitlicher höherer Kommunikationsprotokolle" (EHKP) für den Bereich der öffentlichen Verwaltung.

3. Unterstützung von Projekten zum pilothaften Einsatz herstellerunabhängiger Kommunikationsprotokolle im Bereich von Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung; Nachweis, daß damit gearbeitet werden kann.

Die in dem Artikel kritisierte Förderung der Datex-P-Technologie durch das BMFT gibt es allerdings nicht. Das Datex-P-Netz ist allein Sache der Deutschen Bundespost. Die Forschungs- und Entwicklungsprojekte aus dem Bereich des BMFT benutzten Datex-P lediglich als Übertragungsmedium und dessen Funktionsumfang (X.25, Packet Assembly/Disassembly Devices=PADS) als Ausgangsbasis für weitere Entwicklungen.

Der Verband Deutscher Rechenzentren definierte in der Antragstellung die folgenden Ziele für das Projekt Papa:

1. Spezifikation der Protokolle und zugehörigen Schnittstellen der Transportschicht, der Kommunikationssteuerungsschicht und des formatorientierten virtuellen Terminals im Rahmen des ISO-Architekturmodells.

2. Implementierung und Test dieser Protokolle für Hostrechner vom Typ IBM, Siemens, Honeywell Bull, Hewlett-Packard und DEC mit insgesamt zehn verschiedenen Betriebssystemen.

3. Abbildung (Mapping) dieser Protokolle auf insgesamt elf verschiedene Terminals. Alle Hostrechner aus Punkt 2 sollen also über neutrale Protokolle aus Punkt 1 mit den Terminals kommunizieren können.

4. Entwicklung neuartiger onlinefähiger Anwendungen in den Service-Rechenzentren des Verbands zum Test der Ergebnisse aus 1-3.

Der Fortschritt aller Arbeiten des Verbands Deutscher Rechenzentren ist - anders als im Artikel ausgeführt wird - zufriedenstellend. Die in Punkt 1 genannten Protokolle sind spezifiziert (auf Vorarbeiten konnte zurückgegriffen werden). Sie sind die derzeit wichtigste Basis für die beim Bundesminister des Innern eingerichtete Expertengruppe zur Festlegung der EHKP.

Bei der in dem Artikel herausgegriffenen Frage der Anpassungsrechner geht es nicht um die Projektziele selbst, sondern um die untergeordnete Frage der technischen Realisierung der Projektziele Nr. 2 und 3 unter Nutzung des heutigen Postangebots. Der vom BMFT zur Betreuung des Projekts eingesetzte projektbegleitende Ausschuß hat den Lösungsansatz des Verbands Deutscher Rechenzentren zur Implementierung des höheren Kommunikationsprotokolls auf Anpassungsrechnern der Firma Siemens unter den in Frage kommenden Alternativen für richtig befunden. Der Begriff "rechtswidrig" erscheint in diesem Zusammenhang eher grotesk.

Unlogisch und nicht gerade sehr sachverständig ist in dem Artikel auch die Verbindung der von der Deutschen Bundespost in Kürze angebotenen Synchron-PADS für Terminals vom Typ IBM 3270 und Siemens 8160 mit den Projektzielen des Verbands Deutscher Rechenzentren. Die PADS der Deutschen Bundespost ermöglichen die ausschließliche Kommunikation von IBM-Hosts mit Siemens-Terminals beziehungsweise von Siemens-Hosts mit Siemens-Terminals und sie haben für konkrete Anwendungen sicher ihre Bedeutung. Mit den wesentlich weitergehenden Projektzielen von Papa, wechselseitiger Zugriff aller Geräte über neutrale Kommunikationsprotokolle in einem offenen Netz, darf das aber nicht verwechselt werden.

Wie diese Ausführungen zeigen ,wäre es gut gewesen, wenn Herr Adenauer zunächst beim BMFT oder der GMD als Projektträger die Fakten recherchiert hätte, ehe er sich an die breite Öffentlichkeit wandte.