Riesenhuber: Erste Erfolge des Informationstechnik-Förderprogramms

BMFT umgibt sich mit neuer IT-Beraterrunde

14.06.1985

BONN (cmd) - Zum offiziellen Beraterkreis Informationstechnik des Forschungsministeriums (BMFT) avanciert ist der "Winterscheider Kreis", ein bisher eher informelles Gremium aus der DV-Industrie. Die Runde wurde allerdings um Vertreter aus Wissenschaft und Arbeitnehmerorganisationen erweitert und umfaßt jetzt 20 Köpfe.

Noch im Juni kommen die Mitglieder des Beraterkreises, der auf Initiative von Bundesforschungsminister Heinz Riesenhuber eingerichtet wurde, zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Es deutet einiges darauf hin, daß Heinz Nixdorf zum Vorsitzenden ernannt wird, nachdem er sich offenbar entschlossen hat, anstelle von Klaus Luft, Nixdorfs Nachfolger in der Paderborner Chefetage, selber in der BMFT-Beraterriege zu agieren.

Die Reihe der Industrie- und Wissenschaftsvertreter zeigt, daß man sich im Forschungsministerium bei der Berufung der Mitglieder vorwiegend an altbekannte Namen gehalten hat. So ist die DV-Branche repräsentiert durch die Herren Beckurts (Siemens), Gissel (AEG), Lorenz (PKI), Neugebauer (Softlab), Schips (Bosch), Zeidler (SEL) sowie Schiele (VDMA) und Leister (Beratungsgesellschaft Kommunikation).

Mitglieder aus dem Bereich der Wissenschaft und Forschung sind Prof. Ebersheim (TH Aachen), Prof. Kaiser (Uni Stuttgart), Queisser (Max-Planck-Gesellschaft), Prof. Syrbe (Fraunhofer Gesellschaft), Prof. Szyperski (GMD), Prof. Wolpert (TU Berlin) und Krupp (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung). Die Arbeitnehmer schließlich sind vertreten durch Frau Konitzer (DAG) sowie die Herren Bleicher (DGB), van Haaren (Postgewerkschaft) und Krause (Beamtenbund). Ziel des neuen Beraterstabes, der mindestens einmal pro Jahr zusammenkommen soll, ist, wie Minister Riesenhuber betonte, mehr Klarheit über die Auswirkungen und strategischen Entwicklungslinien der Informationstechnik zu gewinnen.

Die Einrichtung des Gremiums steht im Zusammenhang mit der Vorlage des "1. Fortschrittberichts 1985" zum Regierungsbericht Informationstechnik vom März letzten Jahres. Vor der Presse in Bonn präsentierte der Minister eine erste Zwischenbilanz und erste Erfolge: Danach zeigt sich bereits jetzt ein Abbau der direkten Förderung bei einem gleichzeitigen Zuwachs der indirekten Maßnahmen. Von 1981 bis 1985 wurde die direkte Förderung des Bundes an die Wirtschaft von 2,6 auf 2,2 Milliarden Mark reduziert, während sich die indirekten Fördermittel von 380 auf 740 Millionen Mark nahezu verdoppelten. Darüber hinaus wurde die direkte Förderung, die in der Vergangenheit meist nur wenigen Großfirmen zufloß, inzwischen weitestgehend auf Verbundprojekte umgestellt. Ein Beispiel, auf das Riesenhuber hinwies, ist das "Mega-Projekt" der beiden Unternehmen Siemens und Philips: Das ambitionierte Projekt für die Speicherchips der 90er Jahre kostet insgesamt 1,3 Milliarden Mark, wovon 40 Prozent aus dem Topf des niederländischen Wirtschaftsministeriums und des BMFT kommen.

Auf internationaler Ebene strebt die Bundesregierung im Rahmen des "Esprit"-Programms eine noch intensivere europäische Zusammenarbeit an. Positiv bewertet der Minister auch die Bemühungen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Brüssel, die EG-weite Normung auf dem Gebiet der Informationstechnik unter Beachtung auch der internationalen Normung zu intensivieren. Durch die Verlängerung des Mehrjahresprogramms Datenverarbeitung seien auch die Voraussetzungen für eine finanzielle Unterstützung dieser Aktivitäten gegeben. Ohne auf weitere Details einzugehen, kündigte Riesenhuber weitere Maßnahmen auf dem Gebiet europäischer Normung an. Geplant seien weiterhin auch Unterstützungsmaßnahmen für die verstärkte Anwendung internationaler beziehungsweise europäischer Normen sowie zur Einrichtung von Test- und Zertifizierungszentren.

Ebenfalls positiv äußerte sich der Forschungsminister in dem Bericht zu der im August letzten Jahres erzielten Vereinbarung zwischen der EG-Kommission und IBM über die Offenlegung von Schnittstellen. Die Bundesregierung begrüße die damit verbundene Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für die Hersteller von Peripheriegeräten, die auf marktüblichen Systemen anderer Hersteller aufbauen.

Im Hinblick auf die angestrebte innovativere Beschaffungspolitik der öffentlichen Verwaltung verwies Riesenhuber auf die Novellierung der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A). Die Bundesressorts haben die neue Richtlinie bereits zum 1. Januar dieses Jahres eingeführt und die Länder seien dabei, für den staatlichen und kommunalen Bereich auch die neuen Bestimmungen zu übernehmen.

Darüber hinaus seien für Bund, Länder und Gemeinden im Herbst 1984 Grundsätze für die Gestaltung der automatischen Datenübermittlung neu vereinbart worden. Sie forderten die Einhaltung einer Reihe von Normen und Standards bei der Gestaltung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, soweit diese die automatisierte Datenübermittlung regeln.