14 Hosts fuer Data-Warehouse- und OLTP-Konzepte untersucht (Teil 5)

Bloor Research Group nimmt SMP/MPP-Server unter die Lupe

16.02.1996

Sequents Mission ist eindeutig: Das Unternehmen aus Beaverton im US-Bundesstaat Oregon will echte Alternativen zum Mainframe-zentrierten Computing bieten. Es hat sich zudem entschieden, in seinen Systemen industrieweit verbreitete Komponenten einzusetzen. Hauptsaechlich laesst man sich von Intel die Prozessoren und von Microsoft die Betriebssysteme liefern.

Zielkundschaft fuer Sequent sind Anwender aus kommerziellen Taetigkeitsfeldern, die insbesondere OLTP-Aufgaben und Datenbankanwendungen zu erledigen haben. Allerdings sieht sich Sequent in diesem Marktsegment einem zunehmend kraeftigen Wettbewerbsdruck von seiten solcher Unternehmen wie Sun, DEC, HP oder auch SGI ausgesetzt.

Die "Symmetry"-Architektur ist, schreiben die Bloor-Analysten, verlaesslich und hat ihre Feuertaufe bereits hinter sich. Allerdings sei Sequent mit dieser SMP-Implementation am Ende eines Entwicklungszyklus angelangt. Zur Drucklegung des Bloor-Reports war die "Numa-Q"-Architektur von Sequent noch nicht fertig. Sie soll Ende 1996 Marktreife erlangen. Aus diesem Grunde findet sie hier keine Erwaehnung. Dies sollte man insbesondere vor dem Hintergrund der Kritik der Autoren bezueglich der Bus-Leistung des Sequent-Systems in Erinnerung behalten.

Als ausgesprochen positiv vermerken die Bloor-Autoren, Sequent habe sich mit besonders viel Ehrgeiz der Entwicklung paralleler Datenbanktechnologien gewidmet. Insbesondere mit Oracle pflege der Hardwarehersteller ein intensives Verhaeltnis, weswegen Sequent auch immer zu den ersten Unternehmen gehoere, die die neuen Releases des Datenbankanbieters erhielten. Auch mit Informix verbaenden Sequent starke Bande.

Bei Sequents "Symmetry 5000" handelt es sich um eine SMP-Maschine, die mit maximal 30 Intel-CPUs arbeitet. Sequent hat bereits angekuendigt, dass es Intels neuen Chip, den Pentium Pro, in kommenden Server-Generationen einsetzen wird. Der Arbeitsspeicher der Symmetry-Maschinen kann zwischen 64 MB und 3,5 GB gross sein. Spaetestens, wenn Sequent auf den Pentium Pro wechselt, der eine 64-Bit-Struktur aufweist, faellt auch die bei 32-Bit-Architekturen gegebene 4-GB-Begrenzung des adressierbaren Speichers weg. Mit Sequents zu System V, Release 4.2 konformem Unix-Derivat "Dynix/ptx" sind allerdings Dateien- und Plattenpartitionsgroessen von 40 Bit moeglich. Dateien koennen so bis zu 1 TB gross sein.

Unter allen Anbietern, die im Bloor-Report mit SMP-Servern vertreten sind, weist Sequent den langsamsten System-Bus auf. Er bietet eine konstante Bandbreite von lediglich 240 MB/s. Bloor argumentiert, ein Pentium-PC weise bereits mehr als 50 MB/s an Bandbreite auf. Im Prinzip bedeute dies auch, dass Sequents Bus-System etwa fuenf Pentium-CPUs "vertrage". Sequent umgeht dieses Problem unter anderem dadurch, dass es jedem Prozessor 2 MB Cache-Speicher zuordnet.

Die Analysten weisen aber darauf hin, dass ein Sequent-System nur dann "rund" funktioniere, wenn alle CPUs in ihren jeweiligen Cache-Speichern effizient arbeiten koennten und nicht auf gemeinsame Speicherressourcen zugreifen muessen. Auch fuer das Sequent-System raten deshalb die Bloor-Autoren potentiellen Kunden, mit dem Datenbankanbieter ihrer Wahl das Thema Skalierbarkeit dann genau zu eroertern, wenn sie fuer ihre Belange mit Sicherheit einen Server mit 16 und mehr Prozessoren benoetigen. Eine weitere Option sei zudem, in geclusterten Symmetry-Konfigurationen "Shared-nothing"-Datenbankprodukte zu nutzen.

Positiv vermerkt Bloor Research die guenstigen Preise der Sequent-Systeme. Ausserdem seien sie flexibel aufzuruesten. So lasse sich etwa der Arbeitsspeicher problemlos ausbauen, ohne dass hierzu - wie bei einigen MPP-Rechnern notwendig - auch gleich Prozessoren zugekauft werden muessen. Ausserdem koennten immerhin 384 Festplatten mit einem Fassungsvermoegen von je 4,5 GB angeschlossen werden.

Bezueglich der Ausfallsicherheit ist der Bus das schwaechste Glied der Symmetry-Architektur: Kommt es hier zu Problemen, faellt das gesamte System aus. Anders bei Symmetry-Clustern: Sequent liefert fuer solche Maschinen die "ptx/Cluster"-Software mit. Im Falle eines havarierten Rechnerknotens schaltet die Software automatisch auf einen anderen, fehlerfrei arbeitenden Cluster um.

Neben softwaremaessig implementiertem Disk-striping, also Raid-Level 0, und Disk-mirroring (Raid-Level 1) bietet Sequent bei den Massenspeichern auch einen hardwareseitigen Ausfallschutz. Raid-Arrays mit bis zu 20 4,5-GB-Platten lassen sich als Raid-Level 0, 1 oder 5 konfigurieren.

Sequent produziert auch diverse Parallel-Programmier-Tools. Ferner werden die relationalen Datenbankprodukte Oracle, CA-Open Ingres, Informix, Red Brick Warehouse, Sybase und Adabas D unterstuetzt.

Die Symmetry-Server koennen ueber serielle Verbindungen, Ethernet, FDDI, ATM und Token Ring in bestehende DV-Umgebungen eingebunden werden.

Die Silicon Graphics Inc. war bis vor nicht allzu langer Zeit ausschliesslich als Lieferant von hochspezialisierten Grafik-Workstations bekannt. Mit dem in diesem Marktsegment erworbenen Know-how verschafft sich das Unternehmen seit geraumer Zeit auch einen Namen in Hollywoods Filmszene. Dort verwendet man SGIs Hard- und Software, um Filmsequenzen am Computer zu generien.

Doch SGI setzt auch im Markt kommerzieller Datenbankanwendungen auf Erfolg beziehungsweise auf die Kraft seiner SMP-Server, der "Challenge"-Maschinen. Die Bloor-Analysten glauben, dieser Optimismus sei gerechtfertigt. Erstens verliehen die etwa im Vergleich zu Sequent dreimal so hohen Umsaetze SGI einige Standfestigkeit. Zweitens sei SGI bezueglich der verwendeten Technologie fast autark. Die Bloor-Autoren meinen damit, dass unter anderem die in den SGI-Rechnern benutzten Mips-Prozessoren von der Mips Technologies Inc. stammen, die seit 1992 eine hundertprozentige SGI-Tochter ist. Die Kalifornier seien somit nicht von einem anderen Unternehmen abhaengig wie etwa Sequent von den Prozessorentwicklungen aus dem Hause Intel.

Zum dritten konzentriere sich das Unternehmen ganz auf den Ausbau seiner Hardware-Aktivitaeten, diversifiziere also nicht in das Dienstleistungsgeschaeft. Alles in allem seien die Hardwareprodukte von SGI extrem wettbewerbsfaehig.

Die Challenge-Server lassen sich mit zwei bis 36 Mips-R4400-CPUs ausstatten. Die Bandbreite des 256-Bit-Busses, der mit 47,6 Megahertz getaktet ist, betraegt 1,2 GB/s. 16 MB bis maximal 16 GB Arbeitsspeicher lassen sich einrichten. Allerdings koennen erst seit der Vorstellung des "Irix"-Betriebssystems in der Version 6.2 auch Adressraeume angesprochen werden, die groesser sind als 2 GB.

SGI bietet zudem das 64-Bit-Dateisystem "XFS" an, das sowohl auf der neuen Irix-Version als auch den 5.X-Varianten verfuegbar ist. Mit XFS ist es auch bei 32-Bit-Prozessen moeglich, Dateien oder Dateisysteme bis zu einer Groesse von 1 TB zu adressieren. Irix 6.2 ist aufwaertskompatibel, das heisst, auf ihm koennen auch 32-Bit-Applikationen laufen. Umgekehrt ist es natuerlich nicht moeglich, 64-Bit-Anwendungen auf 32-Bit-Versionen von Irix zu nutzen.

Fuer SGI gilt, was die Bloor Research Group auch schon bei anderen SMP-Maschinen ausfuehrte: Rechnet man die Bandbreite von 1,2 GB/s auf jeden einzelnen der maximal 36 moeglichen Mips-Prozessoren, die mit einer Taktrate von bis zu 250 Megahertz arbeiten, herunter, so ergeben sich nur 33 MB/s pro CPU. Auch SGI versucht, dieses grundsaetzliche Problem durch die Implementierung eines Cache-Speichers (32 KB Primaer- und 4 MB Sekundaer-Cache) zu umgehen.

Wie etwa auch im Fall des Konkurrenten Sequent raten die Bloor-Analysten potentiellen Challenge-Anwendern, sich gegebenenfalls nach geclusterten SMP- oder MPP-Loesungen umzusehen, wenn sie voraussehen, dass sie fuer ihre Belange Server mit mindestens zwoelf Prozessoren brauchen werden.

Auch bezueglich der Skalierbarkeit der SGI-Maschinen gilt, was aehnlich bei den Symmetry-Maschinen gesagt wurde: Arbeitsspeichererweiterungen und zusaetzliche Plattenspeicher lassen sich ergaenzen, ohne dass deshalb auch andere Komponenten wie etwa CPUs hinzugefuegt werden muessten.

Schon bei einem Einstiegssystem mit lediglich zwei Prozessoren kann der Anwender maximal 480 Festplatten, die 4,3 GB gross sind, implementieren. Konfiguriert sich der Anwender ganze Plattenfarmen in Raid-Anordnungen, koennen sogar noch mehr Platten benutzt werden.

Auch um die Ausfallsicherheit kuemmert sich SGI aehnlich wie die Konkurrenten: Softwaremaessig, das heisst auf Betriebssystem-Ebene, bieten die Challenge-Maschinen die Raid-Level 0 (Disk-striping) und 1 (Disk-mirroring). Hardwareseitig werden die Raid-Level 0, 1, 3 und 5 unterstuetzt.

Prozessoren und Speichersegmente in Not lassen sich waehrend des Betriebs austauschen. Wie fuer die Sequent-Architektur gilt auch fuer die Challenge-Systeme: Faellt der Bus aus - was nur ausgesprochen selten passieren duerfte, wie die Bloor-Autoren schreiben - steht das gesamte System.

SGI bietet mit den "Mipspro"-Compilern Optimierungs- und Parallelisierungs-Tools, die die Sprachen "C", "C++" und "Fortran 77" unterstuetzen. Ausserdem stellt SGI mit "Casevision/Workshop" objektorientierte Werkzeuge fuer die Parallelentwicklung zur Verfuegung.

Fuer Aufgabenteilung besser geeignet: MPP-Maschinen

Auch die SGI-Rechner sind Allzweckmaschinen, auf denen eine oder mehrere Datenbanken laufen koennen. Bloor macht allerdings diesbezueglich eine generelle Einschraenkung, die fuer alle SMP-Systeme im Vergleich zu MPP-Rechnern gilt: Die Prozessorkomplexe oder -knoten lassen sich bei SMP-Maschinen nicht in der gleichen Weise aufgabenteilig einsetzen, wie dies bei MPP-Maschinen der Fall ist. Verschiedene Datenbanken werden deshalb auf einer SMP-Maschine um die vorhandenen System- und Speicherressourcen konkurrieren. Bei MPP-Rechnern lassen sich verschiedene Datenbankanwendungen in unabhaengig voneinander operierende Bereiche trennen.

Die Einbindung in DV-Umgebungen bewerkstelligt man ueber serielle Verbindungen, Hippi, FDDI, ATM oder Token Ring.

Auf den SGI-Challenge-Servern laeuft Informix 7.1 inklusive der Dynamic Scalable Architecture (DSA) sowie Oracle 7.2. Ausserdem ist Sybase System 10 verfuegbar, der Navigation Server allerdings nicht.

SGI bietet ferner als OLTP-Monitor "Tuxedo" an. Darueber hinaus stehen fuer Data-Warehouse-Applikationen die Management-Tools "Prism" und "Dbintellect" von der EDS zur Verfuegung. (wird fortgesetzt)*Der Report "Parallel Database Technology - An Evaluation and Comparison of Scalable Systems" von der Bloor Research Group wird in Deutschland von der Genias GmbH, Neutraubling, fuer 1950 DM vertrieben.