Blöder Peetzie

28.08.1987

Michael, einer unserer vielen entfernten Bekannten, hat Knatsch in seiner Beziehung. Anfangs nämlich war er in Peetzie ganz schrecklich verliebt und vernachlässigte sogar Frau und Kind, um möglichst viel mit Peetzie zusammenzusein. Jetzt hat er plötzlich festgestellt, daß Peetzie ihm einfach zu blöd ist. Michael sagt auch nicht mehr Peetzie zu Peetzie, sondern nennt ihn nur noch "den Kasten". "Der Kasten", klagt Michael, "ist eigentlich nur ein Blechdepp, der nicht viel mehr als ja und nein versteht." Peetzie seinerseits ficht diesen Liebesentzug nicht weiter an, denn er ist ein schlichter PC, ein Personal Computer.

Dieser Tage hat Professor Gerhard Goos von der Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung festgestellt, daß Michaels Kummer mit Peetzie repräsentativ ist für viele PC-Benutzer. So mancher Computer-Freak ist enttäuscht, weil er keine Denkmaschine erworben hat, sondern eine gefällig gestylte Ansammlung von Chips und Drähten, die nur das tut, was man ihr befiehlt. Den PC-Nutzern aber gebricht es oft an der genauen Vorstellung, was ihr Computer eigentlich können soll. Hinzu kommt, daß die Kästen nur so gut sind wie ihre Software und außerdem die billigen PCs Programme gehobener Komplexität schlichtweg nicht "verstehen". Besonders arm dran sind die PC-Besitzer, denen das Arbeiten mit und an der Software ein Buch mit sieben logischen Siegeln bleibt. Sie lernen die Maschine, die höhnisch brummt und ihnen nur "error, error" zeigt, schnell hassen.

Die nun auch wissenschaftlich belegte Ernüchterung der "Auch haben"-PC-Käufer weist auf ein altes Dilemma des Industriezeitalters hin: Fast jede Maschine ist höchstes so gescheit wie ihre menschlichen Bediener. In diesem Sinne warten wir auf einen Menschen, der einen Computer erfindet, der die Menschen so erzieht, daß sie endlich intelligente Maschinen bauen.

Aus: Süddeutsche Zeitung, 22/23. August 1987, (Siehe auch "GMD plant das DV-System mit Persönlichkeit", Seite 6).